Der Auftritt

 

Als sie am nächsten Tag aus der Schule kam, waren die Kellys noch zu Hause. Alle waren am Sachen packen, doch sie rannte schnurstracks in ihr Zimmer und knallte schwungvoll die Tür hinter sich zu.

Paddy, der gerade in der Abstellkammer gewesen war, folgte ihr besorgt. „Was ist denn los? Ist was passiert?“

Wütend rannte sie im Zimmer auf und ab. „Ja! Das kann man so sagen!“ - „Was denn? Jetzt setz dich doch erstmal.“ - „Ich kann mich nicht setzen! Ich will mich nicht setzen! Ich bin so...uaahhh!“ fauchte sie vor sich hin. - „Nun sag schon!“ Er war inzwischen sehr neugierig, was denn vorgefallen war, das sie so auf die Palme gebracht hatte.

Endlich blieb sie stehen und sah auf ihre Hände, während sie versuchte bewusst langsam ein und aus zu atmen. „Du weißt, Caro und der Chor ... an unsere Schule.“ - „Ja.“

Sein Magen drehte sich um. Es war schon kein guter Anfang, wenn dieser Name gleich im ersten Satz fiel, dennoch war er gespannt, was dem nun folgen würde.

Wir sollen zu einem dieser Auftritte! Ganz offiziell!“ - „Was?!“ rief Paddy entsetzt. „Ja, dann geh doch einfach nicht hin!“ - „Das hab ich ja auch gedacht! Aber mein Musiklehrer will da eine Klausur drüber schreiben!“ - „Das kann er doch nicht machen!“ - „Offenbar schon! Oaargghhh, ich könnte platzen!“ brüllte sie.

Paddy setzte sich fassungslos auf´s Bett. Das war ja eine schöne Bescherung. Er geht auf Tour und seine Freundin muss zu einem Auftritt seiner größten „Konkurrenz“! Sein Kopf ratterte.

Dann sprang er auf und suchte sein Notizbuch. „Wann?“ - „Was wann?“ - „Wann ist dieser Auftritt?“ - „Übermorgen. Also am Donnerstag.“  
Er blätterte nervös in seinem Kalender hin und her, hielt inne und sah sie an. „Ich komm mit!“ - „Was?“ - „Ich lass dich da nicht allein hingehen!“ - „Du bist doch gar nicht da!“ - „Wir fangen hier in der Umgebung an. Übermorgen sind wir in Aachen und geben am späten Nachmittag ein Konzert.“  
Er rechnete still vor sich hin, wobei sich stetig sein Lippen bewegten. „Ich könnte gegen sieben\halb acht wieder hier sein.“ - „Der Chor beginnt um halb neun. Das könntest du also schaffen. Aber du willst doch nicht wirklich mit?“ Sie blickte ihn ungläubig an. - „Doch!“ Dann zögerte er. „Oder willst du nicht, dass ich mitkomme?“ hakte er leicht misstrauisch nach. - „Natürlich würde ich gerne, dass du mitkommst. So würde Caro auch sehen, dass wir beide wirklich zusammen gehören, aber du kannst doch nicht in der Schule auftauchen! In einer Schule voller Teenies!!“ - „Das ist mir egal.“ - „Okay, dann kommst du wohl mit.“  
Sie freute sich, aber vor ihrem inneren Auge spielten sich schreckliche Szenen ab, was passieren könnte, wenn er erkannt werden würde.  
Er sah ihr ängstliches Gesicht und legte seine Hand auf ihre. „Mach dir keine Sorgen. Wenn es dich beruhigt, nehmen wir Tom einfach mit.“ - „Ja, das wäre gut. Aber bist du denn gar nicht beunruhigt?“ - „Doch, aber nicht wegen der Teenies...“
Mel tat sein Misstrauen weh, doch sie verstand ihn irgendwie auch. An seiner Stelle hätte sie auch ein schlechtes Gefühl. Es war vielleicht wirklich nicht schlecht, wenn er mitkäme. Dann würde er sehen, dass sie Caro ignorierte und Caro ihrerseits würde es gar nicht erst wagen, ihr zu nahe zu kommen. Sie würde auch nicht hinterher in Erklärungsnot kommen und Gefahr laufen, dass er ihr vielleicht nicht glauben würde.  
Tja, dann würde sie nun also mit ihrem „Bravo“-Cover-Freund zu einer Teenie-Veranstaltung gehen...Himmel, nein, das konnte doch gar nicht gut gehen!  
Sie startete aber keinen neuen Versuch, es ihm auszureden.  
Er packte weiter seine Sachen, doch die besorgte Miene wollte bis zur Abfahrt nicht aus seinem Gesicht weichen.  
„Mach´s gut, Schatz! Bis übermorgen!“ Er drückte sie noch einmal fest und stieg in den Tourbus. - „Bis übermorgen?“ hakte John nach, der hinter Paddy hinein kletterte. - „Erkläre ich dir später.“ murmelte dieser und verschwand auf seinen Platz.  
 
Übermorgen kam schneller als erwartet und bis dahin war sie Caro zum Glück auch nicht mehr begegnet. Jedes Mal begleitete sie ein unangenehmes Gefühl, wenn sie durch das Schulgebäude lief.  
Als sie aus der Schule kam, legte sie sich noch eine Stunde hin. Sie hatte die letzten zwei Nächte schlecht geschlafen. Paddy war noch keine zwei ganzen Tag weg und doch vermisste sie ihn schon unendlich doll.  
Er fehlte ihr abends beim einschlafen. Das Bett war so leer ohne ihn, so dass sie erst Stunden später einschlafen konnte, nachdem sie sich hingelegt hatte. Ihr fehlten seine Arme, sein Geruch und seine Wärme. Von seinen Küssen mal ganz zu schweigen.  
Sie hatte ihm vor der Abfahrt noch vorgeschlagen, dass er ihr abends wenigstens immer einen Gute Nacht Kuss geben sollte, aber er hielt das irgendwie für schwer realisierbar.
Auch war das Hausboot ungewöhnlich ruhig. Immer war Leben überall gewesen, wenn Mel bei den Kellys zu Besuch gewesen war. Nun war sie nicht mehr als Gast dort, aber zusammen mit Vincent und Sean als einzige zurück geblieben, während die anderen „auf Wanderschaft“ gegangen waren.  
Der Mittagschlaf hatte ihr gut getan, aber ihr Laune war gemischt. Zum einen freute sie sich, dass Paddy heute für ein paar Stunden zu ihr käme, auf der anderen Seite wollte sie nicht zu dieser Schulveranstaltung gehen.  
Eine besonders schlauer Kopf aus ihrer Klasse hatte vorgeschlagen, dass sich die ganze Klasse fein anziehen sollte. Leider war sie überstimmt worden und musste eigentlich nun mitziehen. Sie wollte aber nicht. Ihr war nicht danach zumute, vor allem, weil sie befürchtete, dass Caro der Meinung sein könnte, sie hätte es ihretwegen getan.  
Mel stand unschlüssig vor dem offenen Kleiderschrank. Nach kurzem Überlegen schnappte sie sich ihre schlabbrigste Schlaghose und dazu einen Kapuzenpullover, über den sie noch einen dicken Wollpulli zog.  
Ja, sicher würde sie irgendwie heraus stechen, aber es sollte bloß keiner auf die Idee kommen, sie hätte sich in Schale geworfen.  
Zudem waren alle edlen Klamotten, die besaß, relativ Figur betonend und das konnte sie sich mittlerweile nicht mehr leisten. Dann würde sie diesen Abend nicht nur auf Caro treffen, sondern auch schon auf unerträgliche Fragen ihrer Mitschüler.  
Sie stand vor dem Spiegel und betrachtete sich.  
Mann, sah sie unfestlich aus.  
Zufrieden lächelte sie und ging ins Wohnzimmer, um auf Paddy zu warten, der eigentlich auch schon bald eintreffen musste.

Sie lag auf dem Sofa und war erneut weg genickt, als jemand ihr sanft über die Wange strich.  
Paddy hockte neben ihr und sah sie liebevoll an, als sie die Augen öffnete.  
„Na, Schatz, hast du gut geschlafen?“ - „Ja, geht so. Schön, dass du da bist!“ - „Willst du dich nicht noch umziehen?“ - „Nein.“ grummelte sie und setzte sich hin. „Meinetwegen können wie los.“  
Doch er schüttelte lachend den Kopf. „Ne, ich bin aber noch nicht so weit. Ich komm gerade von der Bühne. Ich muss mir noch etwas anderes anziehen und duschen. Am besten in umgekehrter Reihenfolge.“ - „Von mir aus kannst du so bleiben.“
Er sah an sich herunter. Er hatte sich nur seine Jacke über gezogen und war ins Auto gesprungen. Er trug immer noch seine quietschbunte Hose und ein nicht weniger farbenfrohes Oberteil dazu.  
„Nein, ich denke eher nicht.“ grinste er und verschwand ins Badezimmer.  
Mel versuchte in der Zwischenzeit irgendwo gute Laune aufzugabeln, hatte aber keine Ahnung worauf sie die aufbauen sollte. Natürlich war sie glücklich, dass Paddy hier war, aber so richtig darüber freuen, würde sie sich erst können, wenn der Abend heil überstanden war.  
Bald war er so weit und sie machten sich auf den Weg.  
Tom hatte an Deck gewartet und fuhr ihnen nun in seinem eigenen Auto hinterher.  
Vor der Schule angekommen, suchte Paddy sich einen Parkplatz ganz am Rande und stellte den Motor ab.  
„Du willst das wirklich machen?“ fragte Mel noch einmal skeptisch nach, doch er nickte. „Ja, wird schon schief gehen.“  
Sie warteten noch eine Weile im Auto, damit möglichst die meisten Besucher schon Platz genommen hätten, wenn sie hinein gingen.  
Schließlich mussten sie sich aufraffen, um nicht zu spät zu kommen. Der Menschenstrom war versiegt und sie gingen Hand in Hand langsam auf das Schulgebäude zu. Tom folgte ihnen unauffällig.  
Mel betrachtete Paddy noch einmal prüfend. Er hatte den Rollkragen seines Pullover fast bis zu den Ohren hoch gezogen und den Zopf versteckt. Auf dem Kopf trug er eine Wollmütze und um den Hals einen dicken Schal. Von seinem Gesicht war im Prinzip nicht viel zu sehen.  
Sie schmunzelte ein wenig bei seinem Anblick.  
Wenn es nicht so ein kaltes Wetter wäre, hätte er sicher verdutzte Blicke auf sich gezogen. Aber es war eisig und so bestand vielleicht die Möglichkeit, dass er tatsächlich unerkannt blieb. Zumindest versuchte sie, sich das krampfhaft einzureden.  
Sie gab ihm einen Kuss. „Dann wollen wir mal.“ seufzte sie, holte einmal tief Luft und schritt voran.  
Die Aufführung fand in der Aula statt und anlässlich der 150 Jahr Feier der Schule war alles festlich geschmückt. Es war brechend voll und die meisten Plätze waren bereits besetzt. Nur ganz hinten waren noch ein paar frei.  
Paddy schluckte und war sich auf einmal gar nicht mehr so sicher, ob es eine gute Idee gewesen war her zu kommen. Er war einem Impuls gefolgt und nun gab es kein zurück.  
Mel spürte, wie seine Hand sich etwas fester um ihre schloss. Sie stand gerade auf den Zehenspitzen und versuchte ihre Klasse zu finden, um sich ihrem Klassenlehrer zu zeigen.  
„Da sind sie. Warte am besten hier hinten, ich bin sofort wieder da.“ Sie ließ seine Hand los und bahnte sich einen Weg durch die Menge.  
Er lehnte sich gegen die Wand und beobachtete das Spektakel misstrauisch. Ein Teil der Leute hatte sich immer noch nicht gesetzt und unzählige aufgedrehte Schüler rannten die Gänge entlang.  
Bildete er es sich ein oder sahen ihn die einen oder anderen neugierig an?
Er fühlte sich sehr unwohl und es wurde von Minute zu Minute schlimmer.  
Sollte er wieder abhauen? Sie würde schon nichts Falsches machen, das hatte er doch neulich gesehen.  
Mel sprach nach wie vor mit ihrem Lehrer, das konnte er von seinem Platz aus erkennen.  
Er wollte ihr gerade Bescheid sagen, dass er sie nachher abholen würde, als eine kleine Traube einheitlich gekleideter Schüler seinen Weg kreuzte. Erschrocken zog das Mädchen, das ihm am nächsten war, den Kopf ein und wechselte auf die andere Seite ihrer Freunde.  
Es war Caro und sie wirkte ziemlich verunsichert, als sie ihn erblickte. Offenbar hatte sie mit allem gerechnet, aber nicht ihn hier zu treffen. Verständlich.  
Paddys Beschluss zu gehen, hatte sich gerade in Luft aufgelöst und er wartete nun mehr oder minder geduldig auf die Rückkehr seiner Freundin.  
Er war immer noch in Gedanken, als sie wieder neben ihm auftauchte.  
„Ist was?“ fragte sie besorgt, als sie seine versteinertes Gesicht sah. - „Caro.“ antwortete er knapp und nickte mit dem Kopf in die Richtung, in die sie gegangen war und auch Mel konnte sie noch von weitem erkennen.  
Das Licht wurde gedimmt und die letzten Leute setzten sich. Auch Paddy und Mel suchten sich zwei freie Plätze in der letzten Reihe.  
Obwohl sie ganz hinten saßen, hatten sie einen guten Blick auf die Bühne.  
Der Schulleiter begrüßte die Besucher und den Chor freundlich und leitete das erste Lied ein.  
Es war langsam und Mel gefiel es, trotz ihrer allgemeinen Unlust auf den Abend.  
Caro stand relativ weit vorne an der Seite. Mel bemühte sich, sie zu ignorieren, doch Paddy bemerkte immer wieder, wie ihr Blick zu ihnen herüber wanderte.

Doch jedes Mal, wenn ihre Blicke sich trafen, wich sie schnell aus. Er hatte keinen Grund beschämt weg zu sehen. Er behielt sie im Auge.  
Auf der einen Seite fiel es ihm zwar schwer, sie anzusehen, da immer wieder die Bilder von ihr und Mel vor ihm auftauchten, auf der anderen Seite genoss er ihre Verunsicherung. Er konnte Traurigkeit in ihren Augen erkennen, sehen, wie sie darunter litt, dass er neben Mel saß und nicht sie.  
Er war ein friedfertiger Mensch und wollte nicht, dass andere Menschen leiden, doch in diesem speziellen Fall ging es ihm nicht schlecht dabei. Sie sollte ruhig auch etwas Schmerz empfinden, nachdem was sie ihm angetan hatte. Sie hatte sich wie ein Keil dazwischen gedrängt. Er hatte ihr vertraut, hatte keinen Grund gehabt, es nicht zu tun, bis sie mit dafür verantwortlich gewesen war, dass ihm der Boden unter den Füßen weggezogen wurde.  
Er spürte wie er begann, Rachepläne zu schmieden, doch dann schüttelte er die Gedanken aus seinem Kopf.  
Ja, er war verletzt worden, aber so weit wollte er doch nicht gehen. Er hatte sein Mädchen wieder für sich. Er war glücklich mit ihr und würde sie nie wieder hergeben. Da konnte auch keine Caro etwas dran ändern.  
Ein zartes Lächeln breitete sich kurzfristig auf seinem Gesicht aus. Er suchte nach Mels Hand und schloss sie in seiner ein.  
Die Musik rauschte an ihm vorbei, ohne dass er sie wahr nahm und er starrte nach wie vor Caro an.  
Mel fühlte seine warme Hand an ihrer und blickte zur Seite.  
Etwas seltsames lag in seiner Mimik, fand sie, doch anfangs konnte sie es nicht einordnen.  
Aber ja, er wirkte wie ein Wachhund, der einen Einbrecher fixierte. Ja nicht näher kommen, sagte sein Gesicht. Sie wartete nur noch darauf, dass er die Zähne fletschen würde. Sie schmunzelte, als sich die Vorstellung comicartig in ihrem Kopf abspielte.  
Sie war gerade dabei, sich wieder auf die Musik zu konzentrieren, als sie endete und die Lichter wieder hoch gefahren wurden.  
„Komm, lass uns raus. Es ist Pause.“ Sie flitzten nach draußen, ehe ihnen jemand zuvor kommen konnte. Sie stellten sich mit Tom in eine dunkle Ecke, wo sie möglichst nicht gesehen werden konnten.  
„Wie fandet ihr das Konzert bisher?“ fragte Mel die beiden. - Paddy zuckte mit den Schultern. „Joa, ganz okay. Ist aber schrecklich heiß da drin.“ - „Ja, das wundert mich nicht mit deiner Wollmütze und dem Schal. Ich würde ja sagen, nimm sie ab, aber das ist wohl nicht die beste Idee. Aber was sagst du zur Musik?“ - „Hm, das eine Solo am Anfang von der kleinen Blonden war sehr schön. Sie hat eine tolle Stimme.“  
Tom steckte sich eine Zigarette an und antwortete nicht.  
„Ich gehe kurz zu meiner Klasse. Bin gleich wieder da.“ Und schon war sie wieder um die Ecke gesaust.  
Als sie fünf Minuten später wieder kam, staunte sie nicht schlecht. Aus zwei waren drei geworden und ja...es war Caro, die dazwischen stand. Paddy hatte die Arme verschränkt und lehnte rückwärts gegen die Mauer. Seine Augen waren verengt und sein Gesicht angespannt. Caro stand in einem ordentlichen Abstand vor ihm und redete auf ihn ein.  
Als Mel näher kam, konnte sie ihre Stimme aus denen der anderen Gäste heraus hören.  
„Es stimmt aber, es tut mir leid, was ich getan habe! Ich konnte es dir bisher nicht sagen. Wir haben uns ja nicht mehr gesehen.“ erklärte sie ihm mit flehender Stimme, doch er verharrte in seiner Starre.  
„Sehe ich wirklich so aus, als würde mich interessieren, was du denkst?“ fragte er kalt. - „Was soll ich denn noch sagen? Es ist einfach so passiert!“ - „Macht es dir eigentlich Spaß, irgendwelche Wunden in mir aufzureißen?!“ - „Nein! Das war nicht meine Absicht! Was hätte ich denn davon?!“ beteuerte Caro. - „Dass ich merke, dass mir das doch zu sehr zugesetzt hat? Dass es ein Fehler war, Mel zu verzeihen? Aber das läge natürlich überhaupt nicht in deinem Sinne...“ erwiderte er voller Ironie. - „Nein...“ setzte Caro an, doch endlich hatte Mel die kleine Gruppe erreicht. Sie stellte sich neben Paddy, der einen Arm um sie legte und sie an sich heran zog.  
„Hallo Mel.“ sagte Caro leise, aber auch Mels Gesicht blieb ungerührt. „Es reicht! Ich denke, du solltest jetzt gehen.“ - „Aber...“ - „Nichts aber! Was ist eigentlich so schwer daran zu verstehen, wenn ich sage, geh mir aus dem Weg?! Heißt es für dich, du versuchst es über meinen Freund? Zu was für Mitteln greifst du eigentlich?? Und ihn, kannst du ebenso wenig für dumm verkaufen wie mich!“ - „Das habe ich auch gar nicht versucht.“ - „Wem willst du das denn wieder erzählen?“ - „Ich meine doch nur...“ - „Ach weißt du, eigentlich will ich gar nichts mehr von dir hören. Ich hätte dich nicht so eingeschätzt. Verschwinde einfach!“  
Bewundernd sah Paddy auf seine Kleine hinab, die in den letzten Minuten sicher zehn Zentimeter gewachsen zu sein schien. Er beugte sich runter und küsste sie sanft.  
Caro guckte die beiden mit offenem Mund an, bevor sich die Mundwinkel nach unten zogen und ihre Augen sich mit Tränen füllten. Sie drehte sich ruckartig um und suchte das Weite.  
Paddy und Mel lösten sich voneinander und blickten ihr nach.

So, ich hoffe, das war´s jetzt.“ - „Ja, das hoffe ich auch!“ pflichtete Mel ihm bei.  
In ihr war viel vorgegangen in den letzten Wochen. Ihre Gefühle für Paddy hatten sich immer weiter manifestiert, auch wenn sie neulich etwas aus dem Konzept gebracht worden war, als Caro plötzlich vor ihr gestanden hatte. Aber nun war sie zu weit gegangen. Wieder und wieder hatte Mel ihr gesagt, sie solle sie in Ruhe lassen, aber es schien nicht bei ihr anzukommen. Und jetzt hatte sie es tatsächlich gewagt, an Paddy heran zu treten!?
Mel wollte unter keinen Umständen, dass er immer wieder in diesen Schmerz hinein gerissen wurde. Und zwar genau aus dem Grund, den er Caro auf dem Silbertablett serviert hatte...er könnte vielleicht feststellen, dass er ihr doch nie ganz verzeihen können würde. Sicher erschien er ihr meist „wie ein verliebter Gockel“, wie Maite es auszudrücken pflegte, aber wie gefestigt war der Boden, auf dem seine Liebe stand? Schließlich machte sich von Zeit zu Zeit immer noch bemerkbar, dass er ihr noch nicht wieder blind vertrauen konnte oder wollte.  
Die Schulglocke kündigte das Ende der Pause an und riss sie aus ihren Gedanken. Als die meisten wieder im Gebäude waren, suchten auch sie wieder ihre Plätze auf.  
Der Rest des Auftritts verlief im Gegensatz zur Pause ohne Zwischenfälle. Auch Caro mochte nicht mehr in ihre Richtung blicken, wie Paddy erleichtert feststellen konnte.  
Um zwanzig vor elf zupfte Mel ihn am Ärmel. „Lass uns los. Um viertel vor ist Ende, hat mein Lehrer vorhin gesagt.“  
Sie verließen die Aula und gingen über den leeren Schulhof.  
„Warte mal kurz. Ich will schnell Tina anrufen, bevor es noch später wird. Sie hat doch heute Geburtstag. Ich hatte es nach der Schule bereits probiert, aber da war sie noch nicht zu Hause gewesen. Später ist es dann irgendwie untergegangen. Die denkt bestimmt schon, ich hätte sie vergessen.“ - „Gratuliere ihr mal ganz lieb von mir!“ sagte Paddy, während er das Auto auf schloss und sich schon einmal hineinsetzte.  
Mel folgte ihm wenige Minuten später.  
„Hast du sie erreicht?“ - „Ja, ich soll schön grüßen! Ich habe ihr von Caro erzählt. Sie hat auch nur mit dem Kopf geschüttelt.“ - „Das konntest du durch´s Telefon hören?“ kicherte er. - „Nein...bildlich gesprochen natürlich.“ - „Was sagt sie sonst so? Wie war ihr Geburtstag?“ - „Der war ruhig. Sie hat mit ihrer Familie Kaffee getrunken, aber sie will am Wochenende eine Party machen. Ich würde so gerne hin.“ erzählte Mel traurig. - „Dann fahr doch.“ - „Ich hab aber kein Geld.“  
Ihre letzten Ersparnisse waren für Paddys Geburtstagsgeschenk drauf gegangen und bereits seit ein paar Tagen schlug sie sich mit diesem Problem herum. Wohl oder übel musste sie sich demnächst mal mit ihren Eltern deswegen auseinander setzen oder sich selbst einen Job suchen.  
„Soll das ein Wink mit dem Zaunpfahl sein? Ich meine, das ist doch wohl das kleinste Problem.“ grinste Paddy die Augen verdrehend. - „Nein, sollte es nicht.“ antwortete sie leicht gereizt. Sie wollte nicht bei ihrem Freund betteln und den Eindruck erwecken, auf ihn angewiesen zu sein, was aber leider nun mal den Tatsachen entsprach.  
„Ach Schatz. Ich weiß, wie gerne du sie sehen möchtest. Ich würde ja selbst gerne mit, aber das geht ja nicht.“  
Mel überlegte einen Moment. „Okay, danke. Dann fahre ich Samstag früh los. Freitag Abend ist sie irgendwie unterwegs.“ - „Das wird sicher schön.“
Paddy gähnte herzhaft. „So, langsam ist aber auch Bettzeit.“ - „Joa...“ - „Dass du nicht müde bist, wundert mich gar nicht. Immerhin hast du den halben Tag geschlafen.“ grinste er und schielte aus dem Fenster. „Hm, das sieht nach Schnee aus. Hoffentlich sind wir zu Hause, bevor es los geht.“
Sie hatten Glück und der Schneeregen setzte erst ein, als sie auf´s Hausboot kletterten.  
Nicht lange danach lagen sie auch schon im Bett und schliefen aneinander gekuschelt ein.  
Paddy hatte beschlossen am nächsten Tag gegen Mittag los zu fahren, da sie erst abends das Konzert hatten. Mel nutzte den Moment von Kathys Abwesenheit und ließ die Schule an diesem Vormittag einmal ausfallen.  
Gemütlich aßen sie mit Sean und Vincent Frühstück und machten sich eine schöne gemeinsame Zeit, bis er schweren Herzens wieder los musste. Den übrigen hatte es ohnehin nicht gepasst, dass er nach Köln gefahren war und den Grund dafür hätten sie ihm am liebsten ausgeredet.  

 

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Kommentare: 13
  • #1

    nicky (Freitag, 10 September 2010 09:14)

    nun hätte ich doch beinahe hier vergessen ein Komentar zu schreiben!

    diese Caro schon wieder *arrrrhhhh*

    weiter geths mit Kapitel 32!

  • #2

    Die Micha (Freitag, 10 September 2010 14:21)

    Mein inneres Gefühl gegenüber Caro festigt sich langsam! Na mal sehen ob ich recht behalte! :-)

  • #3

    melsgesammeltekatastrophen (Freitag, 10 September 2010 14:25)

    Hey, red doch mal Klartext! Du verwirrst mich :D

  • #4

    d1 (Freitag, 10 September 2010 20:29)

    Ich hatte im Gefühl das sie was mit Jenny zu tun hat! ;)

  • #5

    Die Micha (Freitag, 10 September 2010 20:29)

    D1 war ich gerade, wollte die micha eingeben da war mein kleiner dazwischen! :-D

  • #6

    Lisa (Sonntag, 12 September 2010 22:22)

    Meine Abneigung gegen Caro erhärtet sich immer und immer mehr!
    Ich glaube, wenn ich in den nächsten Tage ein Mädel kennen lerne,dass Caro heißt muss ich schmunzeln ^^

  • #7

    melsgesammeltekatastrophen (Montag, 13 September 2010 00:52)

    loool. ich hoffe, du begenest keiner XD

  • #8

    Anke (Mittwoch, 23 Februar 2011 21:21)

    Die Vermutung mit Jenny hatte ich auch schon ...
    Aber mal schauen wie es weitergeht ;)

  • #9

    Katrinka (Samstag, 02 März 2013 21:20)

    Ich muss sagen, Caro tut mir leid. Ich unterstelle ihr mal einfach, dass sie sich wirklich nur entschuldigen wollte - und dann so angeranzt zu werden....

    Ich habe mich übrigens gefragt, was Mels Musiklehrer für eine Klausur über einen Chorauftritt schreiben lassen will. Bei aller Kreativität - irgendwie fallen mir keine Fragen ein, die er stellen könnte :-)

  • #10

    Marie (Montag, 01 April 2013 23:23)

    das mit jenny hab ich auch schon gedacht..

  • #11

    Nicole (Donnerstag, 05 September 2013 15:14)

    Ja der Gedanke mit Jenny kam mir auch! Den Gedanken hatte ich schon, als Jenny bei Mel Zuhause auftauchte!

    Ps.: Deine Story ist der Oberhammer! Ich kann gar nicht genug davon kriegen!

  • #12

    Emma (Donnerstag, 07 Januar 2016 13:58)

    Aha, dann war ich nicht die einzige mit Jenny.
    Wie schön das Vincent nicht stört das Mel nicht zur Schule geht. :-)

  • #13

    Girlykueken (Freitag, 22 Dezember 2017 08:05)

    Wie suess beschrieben: Paddys Buehnenoutfit