„Na, wie war die Zeit in Köln?“, fragte Mels Vater, als er die zwei vom Bahnhof abholte.
„Gut“, antworteten die beiden etwas verhalten.
„Was war denn los mit dir, dass du ins Krankenhaus musstest?“
„Ach, nichts weiter. Hatte immer Schwindelanfälle und die wollten mich zur Beobachtung dort behalten. Aber am Ende hieß es, das käme in der Pubertät
schon mal vor“, log Mel.
Sie war noch immer der Meinung, dass es besser wäre, ihre Eltern in Unkenntnis zu lassen. Ihr Vater begnügte sich mit der Antwort.
Zu Hause mochten sie sich anfangs gar nicht recht wohl fühlen.
Joey rief Tina noch am selben Abend an. Auch Paddy ließ bei Mel von sich hören. Sie redeten stundenlang, bis ihre Mutter kein Verständnis mehr
aufbringen konnte und die Nerven verlor.
Am nächsten Morgen ging es wieder für beide in die Schule. Es fiel ihnen etwas schwer, sich wieder einzuleben, aber sie hatten ja keine Wahl.
Der zweite Tag fiel schon etwas leichter.
Und am dritten hatte der schulische Alltag sie schon fast wieder eingeholt.
Als Mel nach Hause kam, lag ein Paket in ihrem Zimmer auf dem Bett.
Von Paddy, zumindest standen bei Absender die Intitialen P. K. . Von wem sollte es also sonst sein!
Ungeduldig begann sie es aufzureißen, als es dumpf aus dem Paket klingelte. Aufgeregt riss sie es auf und es kam ein Handy zum Vorschein.
„Ja?“, meldete sie sich strahlend.
Natürlich antwortete Paddys Stimme am anderen Ende. „Hallo Schatz!“
„Na du Verrückter! Das ist ja eine Überraschung! Wieso schickst du mir dein Handy?“
„Wieso mein Handy? Hast du den Brief noch gar nicht gelesen?“
Sie runzelte die Stirn. „Moment mal, da ist noch ein Brief? Du hast dir aber echt eine Menge Mühe gegeben, ich wusste gar nicht, dass du schreiben
kannst.“ Sie legte kichernd das neue Telefon kurz zur Seite und wühlte in dem Karton, bis sie das beschriebene Blatt fand.
Ihr Grinsen auf dem Gesicht wurde immer breiter, während sie den Brief las.
„Du hast doch `nen Knall! Du meinst doch wohl nicht im Ernst, dass ich dir abnehme, dass du merkst, wenn ich einen anderen Mann ansehe?!“
Man hörte ihn am anderen Ende laut lachen.
Sie las weiter. „Ich finde es auch wahnsinnig nett von dir, dass du die Telefonrechnung bezahlen willst, aber du scheinst nicht die geringste
Vorstellung zu haben, wie viel ich mit Tina telefoniere!“
„Doch ich habe eine schwache Ahnung. Mir ist einfach wichtig, dass wir zwei in aller Ruhe reden können, vor allem jetzt, wo wir auf Tour gehen und ich nicht spät abends bei deinen Eltern anrufen kann!“
„Danke! Ich liebe es, wenn du mitdenkst! Ich freue mich wirklich sehr!“ Sie schickte ihm einen dicken Kuss 550 km durch die Luft.
Sie redeten noch ein bisschen und vor allem ungestört, bis er Schluss machen musste, weil er mal wieder weg sollte.
„Tina! Rate mal, wo ich bin!“
Tina hatte den Hörer abgenommen und antwortete gelangweilt. „Zu Hause vermutlich?!“
„Ja, aber wo genau?“
„Keine Ahnung. Mann, ich habe gerade geschlafen.“
„Spielverderber! Okay, also ich sitze auf dem Bett und rede von meinem eigenen Telefon. Paddy hat mir ein Paket geschickt!Jetzt habe ich mein
eigenes Handy!“ Sie sprudelte wie ein Wasserfall.
Tina stand vor Müdigkeit vollkommen neben sich und konnte sich gar nicht wirklich mitfreuen. So gab Mel ihr nur schnell die Nummer und verschonte
sie vor weiteren euphorischen Ausbrüchen.
Die Tage vergingen zäh, doch nun telefonierte sie fast täglich mit ihrem Schatz, auch wenn es manchmal nur wenige Minuten waren. Aber jedes Mal war
sie so glücklich, seine Stimme zu hören.
Ihr Leben lief im Prinzip weiter wie immer und sie fand es auf einmal schrecklich langweilig. Es passierte nichts Aufregendes. Ihr Zeugnis war wie
zu erwarten nicht gerade berauschend, da sie sich ja kaum noch auf die Schule konzentriert hatte.
Aber dann stand das Konfirmandenpraktikum schon fast auf dem Plan. Die anderen Teamer löcherten sie bei ihrer ersten Sitzung nach Paddys Besuch.
„Wer war denn das letztes Mal?“
„Patrick, dass sagte ich euch doch“, grinste sie.
„Woher kennst du den denn? Warum hast du nie was gesagt?“
„Den habe ich mal auf dem Flohmarkt kennen gelernt, als er hier mit seiner Familie im Urlaub war. Ja, was sollte ich erzählen. Ist ja immer doof, von jemandem zu reden, den die anderen nicht kennen. Er kommt ja nicht von hier. Meist sehen wir uns bei ihm.“
„Und das ist wo?“
„In Köln.“
„Und seine Band? Wie heißt die und was machen die für Musik?“
Hmpf....blöde Frage....Mel grübelte einen Augenblick, bevor sie schließlich antwortete.
„Joa, die Musik ist ziemlich gemischt. Lässt sich schwer einordnen, ist halt eher breit gefächert. Ich kenne mich da ja nicht so aus. Verdammt, ich
komme auch gerade nicht auf den Bandnamen. Es liegt mir auf der Zunge. Ach, frag mich doch einfach nächste Woche nochmal.“
Sie hoffte, dass sie es bis zum nächsten Mal vergessen hatten, was dann zum Glück auch der Fall war.
Das Praktikum, das eine Woche später begann, war sehr erfolgreich. Sie hatten nette Konfis abbekommen, die mit viel Engagement und guter Laune dabei
waren. Ihr Thema war Gewalt bzw. Gewaltlosigkeit. In diesem Rahmen schauten sie am Ende auch den Spielfilm über Gandhi. Mel bewunderte diesen Mann, weil er völlig gewaltfrei für seine Ziele
gekämpft hatte.
Ein paar Tage später klingelte ihr Handy. Tina war dran und kaum hatte Mel abgenommen, redete sie, ohne Luft zu holen. „Ahhh, hast du heute schon
mit Paddy telefoniert?“
„Nein, wieso?“
„Joey hat mich gerade angerufen und erzählt, dass die Termine für den Sommer feststehen. Sie kommen auch für zwei Konzerte in den hohen Norden!“
„Wie coool!“ Mel war jetzt fast ebenso aufgeregt wie Tina.
„Und es kommt noch besser!“ Sie baute eine Pause ein, um Mels Spannung noch zu erhöhen.
„Ja, nun sag schon!“, drängte ihre Freundin sie.
„In den Osterferien fahren sie nach Irland. Und rate mal, wer mitfährt!?“
„Du?“, fragte Mel mit leicht enttäuschter Stimme.
„Oooh, nein, Mann...wir beide natürlich!“ Man hörte deutlich, wie Tina sich die Hand vor die Stirn schlug.
Jetzt war auch Mel aus dem Häuschen. „Was? Das ist doch schon bald! Nur noch fünf Wochen! Wie cool ist das denn bitte?!“
„Allerdings haben sie dort auch zu tun. Auftritte und so.“
„Ist doch egal! Die werden ja nicht 24 Stunden am Stück beschäftigt sein! Aaah, ich freu mich so!“
Sie legte auf und wollte gleich Paddy anrufen, doch er kam ihr zuvor.
„Hey, wieso ist bei dir die ganze Zeit besetzt? Ich muss dir was Wichtiges erzählen!“, plapperte er sofort los, nachdem sie sich gemeldet
hatte.
„Was denn? Etwa dass ihr im Sommer nach Schleswig Holstein kommt? Ich aber gar nicht so lange auf dich warten muss, sondern wir uns schon in den Osterferien sehen, wenn wir gemeinsam nach Irland fliegen?“
„Öhhh, ja…“, antwortete er enttäuscht.
Sie konnte Paddys Gesicht vor Augen sehen, wie ihm gerade sämtliche Mimik daraus entwichen war und kicherte nun wie ein irres Huhn.
„Woher weißt du das? Ach…Tina!“, schimpfte er.
„Jo, die war `nen Tick schneller als du!“
„Ganz toll, ich musste erst noch ein Interview geben. Ich sollte sie gleich mal anrufen und zusammenfalten. Sie hat mir die ganze Überraschung kaputt gemacht!“
„Ach, Schatz, sie war doch so aufgeregt und wichtig ist doch, dass wir uns in absehbarer Zeit endlich wiedersehen!“
„Ja, da hast du Recht. Ich freu´ mich so auf dich!“
Sie schwelgten noch ein bisschen in Vorfreude, dann musste er wieder weiter.
Die nur noch fünf Wochen waren allerdings auf einmal entsetzlich lang. Die Zeit wollte und wollte einfach nicht vergehen.
Mel stürzte sich ausnahmsweise mal auf die Arbeit in der Schule, damit sie natürlich zum einen mal wieder bessere Noten bekam und zum anderen die
Zeit schneller lief.
Irgendwann war es dann endlich soweit! Die Osterferien standen vor der Tür! Mel und Tina konnten schon die letzten Nächte vorher kaum noch schlafen.
Sie waren praktisch ständig am Planen, was sie dort alles machen wollten.
Sie konnten es kaum glauben, als sie endlich die Stufen des Zugs nach Köln betraten. Sie hatten ein Abteil für sich und konnten ungehindert über
ihre Lieblinge quatschen.
Bereits eine halbe Stunde bevor sie in Köln ankamen, begannen sie, ihre sieben Sachen zusammenzusuchen, die überall im Abteil verstreut lagen. Sie
wurden gerade noch rechtzeitig fertig, als der Zug in den Bahnhof einfuhr.
Mel drückte sich die Nase an der Scheibe platt, als sie langsamer wurden, in der Hoffnung schon jemanden auf dem Bahnsteig zu entdecken.
Tatsächlich, ohne Rücksicht auf Verluste hatte sich Paddy auf den Bahnhof gewagt!
Die Tür ging auf und sie sprang ihm direkt in seine Arme. Er drehte sie einmal im Kreis, bevor sie sich ausgiebig küssten. Als sie endlich auch
wieder Augen für ihr Umfeld hatten, bemerkte Mel, dass Tina Joey auch schon gefunden hatte.
Sie machten sich auf den Weg zum Hausboot, wo die Mädels freudig von den anderen begrüßt wurden. Nur Sean war anfangs etwas zurückhaltend.
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nicky (Dienstag, 07 September 2010 11:23)
oh ich bin überrascht ... das war ja mal ein kurzes Kapitel! ;) Deine Fantasie...einfach der blanke wahnsinn!!!!!!Kurze Frage vorab:schreibst eigentlich noch weiter ?? oder bleibt es bei den 83 Kapiteln? Hast du schon mal überlegt daraus ein Buch zu machen??? das Talent hättest du denke ich!es ist aufjedenfall sehr mitreißend!naja weiter gehts erstmal mit Kapitel 5! achja in drei tagen?ich glaube nicht das ich das schaffe!ich brauch ne Pause zwischen durch...und ich will ja auch noch lange was davon haben!;)und es gibt ja noch ein reales Leben wo Verpflichtungen und Arbeit ne große Rolle spielen!aber sonst bin ich bemüht schnell voran zukommen!bin ja neugierig wie es weiter geht!ich denke ich werde mir ein bis zwei Kapitel für ne lange Bahn fahrt morgen ausdrucken!!! ;)
Pw (Dienstag, 07 September 2010 11:33)
Hallo nicky,
Vielen dank für die ganzen tollen Feedbacks! Und das große Lob! Ja der erste Teil bis Kapitel 59 oder so hab ich mal drucken lassen als Buch für die Leser.
Ja ich schreibe noch weiter. Kapitel 83 habe ich gestern erst eröffnet.
Vielen dank nochmal!
Katrinka (Mittwoch, 27 Februar 2013 19:26)
Wie sehr sich Mel mit ihren 15 Jahren noch über ein Handy freuen konnte - ist fast niedlich :-)
Marie (Samstag, 30 März 2013 17:59)
einfach total geil!! ich stimme den anderen zu!mach ein buch draus!! das wird DER hit für alle kelly fans :D
ian (Samstag, 14 November 2015 11:16)
Schön das sie sich alle wider haben