Unplugged

 

Am nächsten Tag war noch ein Konzert in der gleichen Halle und danach ging es weiter nach Erfurt.  
Sie hatten dort ein kleine Halle gemietet, da sie es gern mochten, auch mal wieder vor weniger Publikum zu spielen. Es war einfach eine andere Atmosphäre.  
Der Soundcheck war fast vorbei, als Maite und Angelo einander zu necken begannen.  
Sie beobachtete ihn, wie er das Mikrofon ein Stück weiter herunter schraubte, um überhaupt hinein singen zu können.  

Hey, Angi! Ich schenke dir einen Hocker zum Geburtstag dieses Jahr, damit du Kira küssen kannst, ohne auf den nächsten Tisch klettern zu müssen. Am besten einen zum zusammenklappen, dann bist du auch flexibel.“ gröhlte sie quer über die Bühne. - „Waaaas? Nun werd mal nicht fies!“ erwiderte er empört und stemmte die Hände in die Hüften. - „Das war nicht fies, sondern nur auf Tatsachen begründet.“ - „Wie ist das denn bei dir und Sam? Kann er überhaupt noch atmen, wenn er unter dir liegt?“

Maite lief rot an und schnappte nach Luft. „Das geht dich ja wohl mal gar nichts an, du Zwerg! Na warte!“ Sie griff nach der nächstgelegenen Selterflasche und verfolgte ihn damit bis hinter die Bühne, bis er in Zielnähe kam. Dann holte sie schwungvoll aus und erwischte ihn tatsächlich noch mit einem Schwall des kühlen Inhalts.

Ah! Du Sau!“ schimpfte er lachend und flitzte nach hinten, um sich umzuziehen.

Ach, lassen wir es gut sein. Passt schon alles.“ meinte Kathy Kopf schüttelnd und verschwand ebenfalls in den Backstagebereich. Die meisten folgten ihr amüsiert.

Hey Maite, mach das noch weg hier. Nicht dass wir nachher später ausrutschen.“ ermahnte John sie, als er an ihr vorbei ging.

Ein nicht unerheblicher Wasserfleck war neben dem Bühnenaufgang auf dem Boden und hatte auch einige Geräte getroffen, die dort installiert waren.

Murrend holte sie ein Handtuch und wischte es halbherzig auf, als ihr Telefon klingelte. „Hi Darling!“ begrüßte sie Sam fröhlich, als sie abnahm und in die Umkleide verschwand.

Schließlich fing das Konzert an.

Es hatte sich oft bewährt, so wollten sie auch heute mit Ares Qui beginnen. Die Fans hatten sie schon mit Sprechchören aufgefordert, auf die Bühne zu kommen, bevor sie überhaupt fertig umgezogen waren.

Die kleine Halle bebte unter dem Gesang und den Rufen der Fans, als sie endlich die Stufen hinauf stiegen. Die Atmosphäre war wie erwartet super und sie hatten schon vor dem ersten gesungenen Ton das Gefühl, den Fans wesentlich näher zu sein, was natürlich auch irgendwo stimmte.

Paddy rannte nach vorne und nahm das Mikrofon vom Ständer. Er wartete darauf, dass das Bühnenlicht angehen würde, damit er loslegen konnte.

Er holte tief Luft, als die Lampen sich erhellten und binnen Sekunden, untermalt von einem Knall und kurzen Zischen, wieder erloschen.

Verwirrt stand er in der Mitte der kleinen Bühne. Mit dem toten Mikro in der Hand und in völliger Dunkelheit.

Was zum Teufel?!...“ fluchte er und blickte sich suchend zu seinen Geschwistern um, doch er starrte nur ins Schwarze.

Eine leichte Unruhe machte sich im Publikum breit, das vor Schreck in stoisches Schweigen verfallen war, welches nun aber deutlich wachsender Nervosität wich.

Nicht nur auf Seiten des Publikums spürte man die Anspannung. Auch die Kellys waren unsicher, was nun genau geschehen war. Dazu kam die Befürchtung, es könnte Panik im Publikum ausbrechen.  
Nach einer bangen schier endlosen Minute ging endlich die Notbeleuchtung über dem Publikum an. Ein dämmeriges Licht erfüllte nun die kleine Halle und verringerte die beklemmende Angst.  
Paddy stand immer noch hilflos auf seinem Platz und sah sich planlos um, während Johnny und Jimmy hinter die Bühne gelaufen waren, um nach dem Rechten zu sehen.  
Langsam begannen die Fans sich lauthals zu beschweren. Nicht böse, aber fordernd.  
Paddy wandte sich ihnen zu und hob beschwichtigend die Arme. Die Stimmen wurden leiser und er setzte das Mikrofon an. „Hey allerseits, tut mir leid, aber...“  
Er zog die Augenbrauen zusammen und starrte auf das Mikro. „Ach Mist.“ murmelte er und hängte es über sich selbst grinsend wieder in den Ständer zurück.  
Er holte tief Luft, um so laut zu reden, wie er konnte.  
„Leute, wie ihr merkt haben wir ein kleines technisches Problem. Ich schlage vor, wir versuchen es unplugged oder sogar a capella, bis der Fehler behoben wurde.“  
Applaus flammte auf und er hörte nicht, dass Jimmy hinter ihm näher kam. „Die Techniker sagen, es gab einen Kurzschluss. Sie versuchen es so schnell wie möglich wieder herzustellen, können aber nichts versprechen.“ sagte er leise zu ihm.  
Paddy nickte und winkte Patricia und Kathy heran. „Mädels macht das mal kurz.“ murmelte er und lief hinter die Bühne.  
Die beiden Frauen sahen sich irritiert an und flüsterten rasch miteinander.  
Dann begann Patricia „The Rose“ anzustimmen und der Klang ihrer Stimme erfüllte auch ohne Verstärker die kleine Halle. Bald darauf setzte auch Kathy ein und wenig später folgte Paddys seichte Untermalung mit seiner akustischen Gitarre.  
Er war wie der Blitz in die Umkleide gelaufen, wo er sie vor dem Auftritt stehen gelassen hatte und saß nun am vorderen Rand der Bühne zu Füßen seiner Schwestern.  
Als das Lied zu Ende war, war die Halle immer noch dunkel bis auf die Notlichter.  
Und wieder machte Patricia den Anfang und sang die erste Strophe von Amazing Grace.  
Mel stand versteckt vor den Augen der Fans am hinteren Rand der Bühne und hatte einen Kloß im Hals. Es war so wunderschön, dass sie Mühe hatte ihre Tränen zurück zu halten.  
Johnny war nun nicht mehr hinten bei den Technikern, sondern stand bei den anderen vorne, um ebenfalls eine Strophe zu übernehmen, als plötzlich die Halle wieder in voller Beleuchtung erstrahlte.  
Alle hatten sich an die fast gemütliche Atmosphäre gewöhnt, als sie nun von dem grellen Licht geblendet wurden. Sie meinten sogar, ein wenig Unzufriedenheit jetzt in den einzelnen Gesichtern erkennen zu können.  
Die Kellys ihrerseits waren aber doch erleichtert und setzten nun die Show wie gewohnt fort.  
„Also den Abend werde ich so schnell nicht vergessen!“ rief Barby, als sie als erste von der Bühne lief. - „Ich auch nicht!“ stimmte Joey ihr Kopf schüttelnd zu.  
Johnny stemmte die Hände in die Taille, als sie alle in der Umkleide versammelt waren. „Ich möchte ja gerne mal wissen, wie das passieren konnte.“ - „Ja, ich dachte, ihr geht alles noch einmal vor der Show durch. Wozu ist denn auch sonst der Soundcheck?“ fragte Mel. - „Vor der Show lief ja alles! Wobei das Licht auch nichts mit dem Soundcheck zu tun hat, aber die Technik hängt irgendwie zusammen.“ - „Läuft schließlich alles mit Strom, ne.“ grinste Angelo.  
John verdrehte genervt die Augen. „Hat jemand vielleicht noch mehr so dämliche Kommentare beizutragen?! Maite? Du vielleicht? Du gibst doch sonst auch zu allem deinen Senf ab.“

Diese starrte jedoch die ganze Zeit nur auf ihre Füße. „Hm, nö...“ nuschelte sie bedröppelt. Irgendwie hatte sie das Gefühl, sie könnte etwas damit zu tun haben.

Alles klar, Maite?“ fragte Patricia, die durch das ungewöhnliche Schweigen ihrer Schwester aufmerksam geworden war. - „Ne, nicht so wirklich. Ich denke, das Wasser könnte Schuld sein.“ - „Welches Wasser?“ hakte Kathy nach. - „Na vorhin. Als Angelo und ich ein bisschen herum gealbert haben.“ - „Wasser auf dem Boden macht noch lange keinen Kurzschluss.“ winkte John ab. - „Es war aber nicht nur auf dem Boden...“ erklärte Maite kleinlaut. - „Maite! Und da sagst du nichts?“ - „Sam hat angerufen. Da hab ich das irgendwie vergessen.“ - „Oh Mann...“ John legte sich ungläubig die Hand auf´s Gesicht und atmete langsam ein und aus, um sich zu beruhigen.

Hey, aber war doch eine tolle Stimmung oder? Wir sollten viel häufiger unplugged spielen!“ versuchte sie gespielt fröhlich, ihren Hals zu retten. - „Maite, begreifst du gar nicht, wie gefährlich das war? Stell dir vor, es wäre Panik ausgebrochen!“ - „Ja, es tut mir leid, aber es war doch keine Absicht!“ verteidigte sie sich vehement.

Lass es gut sein. Das bringt doch jetzt nichts. Sie weiß, dass da etwas schief gelaufen ist. Es ist nichts Schlimmes passiert und dafür sollten wir dankbar sein.“ unterbrach Patricia die beiden.

Dankbar blickte Maite ihre große Schwester an und ging sich umziehen.

Schweigend verbrachten sie den Rest des Abends, doch bereits am nächsten Morgen war alles vergessen.

Die nächsten anderthalb Wochen reisten sie quer durch das Land. Ihre Tage waren gefüllt mit Auftritten, Interviews und wenig Schlaf.

Es war Sonntag Morgen als Paddy noch schlaftrunken im Bett saß und Mel beobachtete, die gerade am aufwachen war.

Hey Maus.“ flüsterte er leise. - „Morgen. Alles klar?“ murmelte sie in ihr Kissen hinein.
- „Geht so. Bin ziemlich fertig von gestern. Aber mir ist da eben etwas eingefallen. Ich bekomme doch noch ein Geschenk von dir.“ antwortete er über das ganze Gesicht grinsend. - „Hä?“ - „Heute will ich König sein! Und du bist...wie sagten wir doch? Meine Sklavin...“

Mel was auf einmal hellwach. „Bitte?! Oh nein...“ Sie drehte sie ächtzend auf den Rücken, so dass ihr Bauch nun wie ein Berg vor ihr empor ragte. „Paddy, das kann nicht dein Ernst sein!“

Doch, das ist mein Ernst. Du hast heute zu machen, was ich möchte!“ erwiderte er beharrlich. - „Du hast noch nicht einmal deine Krone mit!“ - „Hab ich wohl!“ Er deutete an, dass er aufstehen wollte. - „Du bluffst doch!“ - „Ja, okay, erwischt. Trotzdem ist heute mein Tag.“  
Mel zog sich die Decke über den Kopf. „Oh Mann, da hast du einen Tag heute frei und das steigt dir gleich zu Kopf.“ - „Das hat damit gar nichts zu tun. Geschenkt ist geschenkt.“ - „Ja, aber ich habe dir auch gesagt, dass du dich damit beeilen sollst und eben nicht warten, bis ich hoch schwanger bin!“ Sie streckte die Nase wieder unter der Decke hervor und wurde langsam etwas ungnädig. Immerhin hatte sie schon genug Mühe, sich im Moment mit sich selber klar zu kommen und jetzt sollte sie sich auch noch um ihn kümmern? Was war denn damals daran so missverständlich, als sie sagte, er solle nicht warten, bis sie sich nicht mehr bewegen will?!
Was denkt er sich denn dabei, das jetzt einlösen zu wollen? Schlimmer noch...was hatte sie sich nur dabei gedacht, ihm so etwas überhaupt zu schenken?  
Schmunzelnd musste sie an Tina denken, die Joey einmal einen Gutschein geschenkt hatte, dass sie fünf Mal mit ihm joggen gehen wollte. Er hatte sich gefreut, doch sie hatte jedes Mal geflucht und sich bei ihr ausgeheult, wie dämlich das Geschenk doch gewesen war. Bei Gelegenheit wollte sie Tina fragen, ob er die fünf Mal überhaupt eingelöst habe, bevor sie sich getrennt hatten.  
„Ja, aber so ist es nun einmal gelaufen. Und erwarte bitte nicht, dass ich jetzt noch Mitleid mit dir habe. Andere Leute renovieren in deinem Zustand ihre Wohnungen oder ähnliches.“ - „Ja, aber...“ - „Nichts aber! Stehst du jetzt zu deinem Wort oder nicht?“ - „Oooh. Ja!“ stöhnte sie demonstrativ und schlug die Decke zurück, um sich anzuziehen. - „Gut!“ lächelte er zufrieden.  
„Und Hoheit? Was ist ihr erster Wunsch?“ - „Mein erster Wunsch ist, dass sich meine Sklavin wieder in ihr Bett legt und auf ihr Frühstück wartet.“ Sanft schob er sie zurück auf die Matratze und deckte sie wieder zu.  
Sie zog verwirrt sie Augenbrauen hoch. „Hä?“ - „Nichts hä! Und hör auf damit, das gibt Falten.“ Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn. - „Na gut, dein Wunsch ist mir Befehl.“ kicherte sie erleichtert und kuschelte sich wieder in ihr Kissen, während er sich eine Hose überzog und das Zimmer verließ.  
Auch der übrige Tag wurde für sie sehr anstrengend.  
Zuerst musste sie eine Fuß- sowie Rückenmassage über sich ergehen lassen. Dann war sie gezwungen, den größten Teil des Tages entweder im Bett oder der Badewanne zu verbringen. Immer wieder wurde sie zum essen genötigt und sobald sie einen Moment unbeschäftigt war, hatte sie an ihn gekuschelt fernzusehen.  
Es war ein wahrlich harter Tag für sie gewesen, als sie abends an seine Schulter gelehnt zuhörte, wie er ihr etwas vorlas.  
„Schatz, das gilt aber nicht.“ grinste sie müde und er schaute auf. „Was gilt nicht? Lese ich nicht gut?“ - „Doch, doch! Aber der Königstag gilt nicht. Irgendwann, wenn das Baby da ist, machen wir das nochmal richtig.“ - „Hat dir der Tag denn nicht gefallen?“ - „Oh, das hat er, darauf kannst du wetten, aber es sollte doch dein Tag sein.“ - „Mach dir darüber mal keinen Kopf. Und wenn das Baby da ist, hast du sowieso andere Sorgen, als mich zu betüddeln.“  
Er hatte ein Stück weiter gelesen, als er inne hielt und sie ansah. "Schatz?" - "Ja?" - "Hast du wirklich geglaubt, dass ich dich jetzt noch für mich durch die Gegend scheuchen würde?" - "Nein, eigentlich nicht." lächelte sie. "Aber bei dir kann man ja nie wissen."
Sie beugte sich zu seinem Gesicht hoch, um ihn liebevoll zu küssen, bevor sie die Augen wieder schloss und bald darauf einschlief.  
Am nächsten Tag machten sie sich früh wieder auf die Reise.  

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Kommentare: 7
  • #1

    melli (Freitag, 10 September 2010 21:50)

    also ich würde auch mal für einen tag seine "sklavin" sein XD

  • #2

    melsgesammeltekatastrophen (Freitag, 10 September 2010 21:54)

    jo *har har har*

  • #3

    nicky (Samstag, 11 September 2010 08:36)

    naja unplugged habe ich sie nie gehört...wäre auch mal ne Erfahrung wert gewesen!

    ich find das süß das er sein Königtag an ihr abgegeben hat! ;) süüüß vin ihm!

    ach und ich konnte denn gestern Nacht doch nicht wieder stehen und hab statt ein kapitel denn doch 3 kapitel geworden! ich konnte nicht aufhören! naja also rRekord bei mir leigt bei 16 Kapiteln an einem Tag!das hat für mich schon was zu heißen! ;)
    naja ich bin zwar früher ins Bett(ne Stunde) aber geträumt hab ich davon wieder und um 8 Uhr bin ich denn wieder einmal aufgewacht!:)
    so weiter gehts mit Kapitel 45!

  • #4

    Die Micha (Samstag, 11 September 2010 11:17)

    Ich habe gestern tatsächlich weiter gelesen als ich gedacht habe, gut dann habe ich diese Geschichte als letztes gelesen um 1:0Uhr! :-D

    Ja, unter solchen umständen wäre ich auch sehr gerne seine Sklavin :-P

  • #5

    Katrinka (Sonntag, 03 März 2013 20:33)

    Also ich glaube, ich habe den falschen Mann geheiratet :-)

  • #6

    Micha (Freitag, 29 März 2013 16:14)

    HEUTE WILL ICH KÖNIG SEIN ich hab mich weggeschmissen und dann tut er nur was gutes,ach wie herrlich :-)

  • #7

    Marie (Dienstag, 02 April 2013 12:40)

    ojee. der tag war ja echt anstrrengend für mel xD