Auf Tuchfühlung

 

Das erste Konzert des zweiten Teils der Tour fand in der Dortmunder Westfalenhalle statt.  
Schon beim Soundcheck lief Mel unruhig mit Merlin im Backstagebereich hin und her.  
„Was ist los, Maus?“ fragte Paddy besorgt, als er von der Bühne kam. - „Nichts.“ - „Jetzt sag schon. Ich habe heute leider nicht die Zeit, dir alles aus der Nase zu ziehen.“  
Sie kratzte sich verlegen am Kopf. „Lach mich ruhig aus, aber hast du ungefähr eine Ahnung, wann ich das letzte Mal offiziell auf einem eurer Konzerte war?“ - „Ähm nein, wozu auch? Du hast mich doch ständig um dich.“ erwiderte er selbstgefällig. - „Aber Paddy, das ist doch nicht das gleiche. Das habe ich dir schon mehrfach versucht zu erklären. Aber sieh es doch mal so, wenn du manchmal sagst, dass bist nicht wirklich
du  auf der Bühne, habe ich im Umkehrschluss auch herzlich wenig von der Bühnenfigur, wenn ich dich bei uns zu Hause habe. Kannst du mir folgen?“  
Er kräuselte die Stirn. „Es fällt mir schwer, aber ich glaube ja. Also verstehe ich richtig, dass du heute da draußen stehen willst?“ Er deutete mit dem Daumen über die Schulter zum Innenraum der Halle. - „Ja!“ nickte sie begeistert. - „Dort, wo sich die Menschen aneinander quetschen, bis sie keine Luft mehr bekommen?“ - „Jo.“ - „Wo tausende fanatische Zuhörer stehen und sich zum Teil die Seele aus dem Leib schreien?!“ - „Genau da.“  
Er sah sie verständnislos an.  
„Naja, einer muss ja für Ruhe sorgen.“ erklärte sie grinsend und zuckte mit den Schultern.  
„Und du willst das alles auf dich nehmen, obwohl du die Möglichkeit hättest, gemütlich hinter der Bühne zu sitzen??“ - „Ja.“ - „Die, die gerade draußen vor der Halle warten, würden dich für bescheuert erklären. Ebenso wie ich. Jeder von ihnen würde mit dir tauschen wollen!“ - „Das ist mir egal. Heute möchte ich gerne mit denen den Platz wechseln sozusagen. Seit anderthalb Jahren habe ich nicht mehr vor der Bühne gestanden, also während eines Konzertes, meine ich.“  
Paddy sah sie missmutig an. „Mir ist nicht wohl bei dem Gedanken. Ich kann es auch ehrlich gesagt nicht nachvollziehen, aber wenn du meinst, du musst das machen, dann mach.“ - „Fein. Um Merlin musst du dir keinen Kopf machen, auf den passt Meike auf.“  
Morla sprang winselnd an ihrem Bein hoch. „Sie muss noch mal raus. Ich geh mit ihr ein bisschen an die Luft. Wir sehen uns später.“ Sie gab Paddy einen flüchtigen Kuss und wandte sich ihrer Hündin zu.
Meike kam um die Ecke und nahm ihr das Baby ab, so dass Mel gleich los konnte.  
Sie ging in den abgesperrten Backstagebereich vor der Halle, ließ Morla laufen und setzte sich in die Sonne.  
Einige Stimmen wurden laut, als Morla entlang der hohen Absperrung rannte, durch die man nur an den Verbindungsstücken durch lugen konnte.  
Mel fühlte sich unwohl. Gerne wäre sie in der sommerlichen Wärme sitzen geblieben, aber die Rufe und durchdringenden Blicke machten sie nervös.  
So pfiff sie nach dem Hund und verschwand wieder in die kühle Halle.  
Sie gab Merlin noch etwas zu essen, bevor sie sich kurz vor dem Einlass in den freien Raum vor der Bühne begab.  
Eine seichte Aufregung stieg in ihr hoch, aber es war eine andere als es früher gewesen war. Heute freute sie sich einfach auf eine Art Party.  
Bald ging es los.  
Sie hörte die Schreie und trampelnden, rennenden Schritte der Fans näher kommen. Rasch füllten sich die Reihen um sie herum. Langsam bekam sie Probleme, ihren Platz zu verteidigen, hatte sie sich doch anfangs extra so breit gemacht, wie sie konnte.  
Es wurde immer enger und das Amten fiel allmählich schwer. Sie wurde inzwischen so sehr an die erste Absperrung gedrückt, dass sie die Hände hinüber hängen lassen musste, damit sie nicht schmerzhaft ans Metall gequetscht würden.  
Endlich wurde die zweite Absperrung geschlossen und mit einem leisen Seufzen der Menge fühlte sie, wie sich die Fans ein wenig entspannten.  
Es war wieder möglich, etwas Luft zu schnappen, um nicht aus den Latschen zu kippen.  
Sie versuchte, nach hinten zu sehen, aber der Anblick der Menschenmassen war fast beängstigend, so dass sie den Kopf schnell wieder zurück drehte.  
Auch die Leute um sie herum waren froh, einen Moment lang verschnaufen zu können.  
Das anfängliche Geschrei wurde zumindest in unmittelbarer Nähe vorerst weniger.  
Mel stützte ihr Gesicht in die Hände.  
Worauf hatte sie sich nur eingelassen?! Sie hatte nie einen Blick von der beleuchteten Bühne ins dunkle Publikum werfen können, daher hoffte sie nun inständig, dass es so düster sein würde, dass Paddy sie nicht erkennen würde.  
Sie wusste, man konnte ihr die Anstrengung und vor allem den Zweifel an ihrer Idee nun deutlich ansehen. Sie hasste es, wenn sie ihr Unrecht eingestehen musste, aber schlimmer noch wäre es, wenn er es von sich aus entdecken würde. Dazu käme dann ja noch, dass er sich sicher Sorgen machen würde.  
Sie schüttelte den Kopf und ließ ihre Augen wieder durch die Halle schweifen.  
Nein, es gibt unzählige Menschen hier, die auch keine Probleme hatten und auch für sie würde alles gut gehen. Und sie wollte singen und tanzen und feiern. Das hatte sie so lange nicht getan.  
Ihr Freund war ein großartiger Entertainer und sie wollte sich unterhalten lassen und nicht vor ihm zu Kreuze kriechen.
Der Showbeginn rückte stetig näher und das Drängeln nahm wieder zu.  
Aber noch war es relativ leise um sie herum.  
„Gott, ich bin ja so aufgeregt! Wann geht es denn endlich los?“ rief ein Mädchen in ihrer Nähe. - „Viertel Stunde etwa.“ antwortete ein anderes. - „Oh, hoffentlich kann ich Paddys Hand berühren bei „Take my hand“! Er ist sooo süß! Ich möchte ihn doch nur einmal anfassen!“ - „Also ich steh mehr auf Angelo.“ - „Ich finde sie beide toll!“ Überall schnappte sie solche und ähnliche Gesprächsfetzen auf.  
Normalerweise hätte sie amüsiert gekichert, doch gerade versuchte sie nur Hände ringend geringfügig mehr Platz zu bekommen. Sie hatte die Arme wieder zu sich gezogen und drückte sich, so gut es ging, von der Absperrung weg.
Die Hitze in der Halle wurde schlimmer und schlimmer.  
Gut, vielleicht hätte sie bis zum Winter warten sollen mit dem Konzertbesuch... Obwohl...würde es dann wirklich kühler sein, bei so vielen Menschen in der Halle? Die Lüftung schien nicht die beste zu sein, jedenfalls wurde es immer stickiger.  
„Au!“ schrie Mel plötzlich, nachdem ihr jemand schwungvoll einen Ellenbogen zwischen die Rippen gestoßen hatte. - „Sag mal kenne ich dich nicht?“ fragte das Mädchen, zu dem sie sich aus Reflex heraus umgedreht hatte, neugierig und überrascht.  
Mel war das Gesicht jedoch nicht vertraut. „Nein, nicht dass ich wüsste.“  
Doch die Fremde zog die Stirn in Falten. „Klar, kenne ich dich! Wir haben dich in Köln gesehen. Du bist Paddys Freundin!“  
Aber ihre Bekannte zeigte ihr einen Vogel. „Ja klar, Paddys Freundin steht im Publikum vor der Bühne...“  
Eine weitere ließ sich jedoch nicht so leicht beirren und hakte nach. „Bist du wirklich mit Paddy zusammen??“ Sie musste mittlerweile schreien, weil Sprechchöre die Luft erfüllten und man förmlich Schwierigkeiten hatte, sein eigenes Wort zu verstehen.  
Mit angsterfüllten Augen blickte Mel auf eine ganze Reihe Kellyfans, die sie anstarrten und offenbar auf eine Reaktion warteten.  
„He! Kannst du nicht mal antworten?“ brüllte eine ein paar Meter entfernt.  
Oh mein Gott, was sind das nur für Freaks? Mel fragte sich, ob sie auch einmal so schlimm gewesen war, konnte dies aber zum Glück verneinen.  
Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, öffnete aber trotzdem den Mund, um irgendetwas zu sagen. Hilfe suchend rasten ihre Augen durch die Halle und zur Bühne, als hoffte sie auf eine plötzliche Eingebung.  
Was würde passieren, wenn sie jetzt mit „ja“ antworteten würde?  
Eigentlich wäre es vermutlich das dämlichste, was sie machen könnte.  
Aber die Entscheidung wurde ihr abgenommen, als sich eine weitere Freundin des ersten Mädchens durch die Reihen näher heran gedrängelt hatte.  
„Ja, natürlich ist sie das! Ich habe das Bild in der Zeitung gesehen! Und sie war es auch, die wir am Tor getroffen haben!“ rief sie nach einem kurzen prüfenden Blick.

Mel schluckte.  
Sie mochte sich gar nicht vorstellen, wie viele Fans das mit angehört hatten. Vor ihrem inneren Auge sah sie bereits, wie eine Welle aus Fanatikern sich auf sie stürzte, um ihr die Haare auszureißen.  
Raus hier, ganz schnell raus, war das einzige, was in dem Moment ihren Kopf beherrschte.  
Hektisch wandte sie sich wieder nach vorne und winkte flehend einen Ordner heran.
Scheiß auf das Gesicht, dass sie verlieren würde, und die nervigen Kommentare, derer sie sich aussetzen müssen würde. Sie wollte einfach nur weg von diesen Mädchen, denen die Eifersucht aus den Augen funkelte.  
Endlich wurde sie gesehen und hob die Arme, um aus der Menge gezogen zu werden. Gerade in dem Moment, als das Licht ausging und die Kellys die Bühne stürmten.  
Die Fans begannen zu kreischen und ohrenbetäubender Lärm drückte auf ihr Trommelfell. Alle begannen zu springen und zu klatschen und sie spürte, wie sie noch einmal kräftig gegen die Absperrung gepresst wurde, bevor sie von den starken Armen des Sicherheitsmannes heraus gezerrt und auf der anderen Seite wieder abgesetzt wurde.  
Das Gefühl, ihre Lunge wieder frei entfalten zu können, war unbeschreiblich. Sie nahm ein paar tiefe Atemzüge und fühlte Tränen der Erleichterung in sich aufsteigen.  
Sie blickte zu der Stelle, wo sie eben noch gestanden hatte, und einige Augen sie immer noch seltsam interessiert ansahen.  
Rasch drehte sie sich um, damit keiner von ihnen mitbekommen würde, dass sie weinte.  
Sie wühlte nach dem Backstageausweis in ihrer Tasche, zeigte ihn im Laufen dem Sicherheitspersonal und wollte möglichst schnell aus dem Sanitätsbereich heraus, wo bereits einige Fans behandelt wurden.  
Was sollte sie auch hier, sie war schließlich nicht verletzt worden.  
„Hey, bleib doch mal stehen!“ fragte ein Ordner und hielt sie an der Schulter fest. - „Was denn? Ich hab dir doch den Ausweis gezeigt!“ - „Ja, schon, aber willst du die Wunde nicht wenigstens mal säubern lassen?“ - „Was für eine Wunde?“ fauchte sie harsch. - „Na die!“ er nahm ihre Hand und deutete auf ihren nackten Unterarm, der der Länge nach blutete.  
„Scheiße, was ist das denn?!“ fluchte sie erschrocken und starrte entsetzt auf die verletzte Haut und die roten Flecken, die sich bereits auf ihrem hellen T-Shirt verteilt hatten.  
Ohne auf eine weitere Reaktion zu warten, zog sie der Ordner zu den Sanitätern, doch sie wandt den Arm aus seinem Griff und riss sich los. „Nein, nicht nötig, danke.“
Sie hatte nichts davon gemerkt und auch jetzt spürte sie keinen Schmerz. So schlimm konnte es also nicht sein. Das einzige, was sie gerade beschäftigte war, dass sie hoffentlich niemand sehen würde.  
Die Kellys waren zwar eben erst auf die Bühne gelaufen, aber Meike, Vincent und Tom waren hier irgendwo. Sie wusste nicht, was Paddy ihnen erzählt hatte, aber sie waren so oder so vermutlich ebenso wenig begeistert von der Idee, das Konzert aus einer anderen Perspektive zu sehen, wie ihr Freund.  
Sie wickelte ihr Hemd, so gut es ging, um ihren Unterarm und flitzte Richtung Umkleide, aber als sie die Tür öffnen wollte, hörte sie leise Stimmen von drinnen.  
So drehte sie um und raste nach draußen, tippte hastig die Nummer in das Display des Tourbus und schlüpfte hinein.  
Sie ging in den winzigen Ersatz eines Badezimmers und starrte in den Spiegel.  
Oh Mann, die heutige Aktion war vermutlich die dümmste Aktion, die sie sich seit Monaten hatte einfallen lassen. Sie hatte sich einfach zu sehr auf ihr Glück verlassen, das ihr doch in den letzten Monaten schon so oft hold gewesen war. Irgendwann musste es ja mal aufgebraucht sein. Aber warum ausgerechnet heute?!
Sie stützte sich auf das kleine Waschbecken und atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Ihre Glieder zitterten nach wie vor und das Blut von ihrem Arm tröpfelte neben ihren Tränen ins Waschbecken.  
Allmählich begann dieser auch zu brennen und so begann sie vorsichtig, es abzuwaschen. Darunter kam ein langer Riss zum Vorschein, der aber bei genauerer Betrachtung nur halb so wild war. Er war nicht besonders tief und hörte bald auf zu bluten.  
Krampfhaft versuchte sie sich daran zu erinnern, wann und vor allem wie das passiert war, konnte sich aber nicht entsinnen. Alles war so schnell gegangen, obwohl es ihr in dem Moment wie in Zeitlupe vorgekommen war.  
In einer Seitenklappe fand sie einen notdürftigen Verbandskasten. Sie legte ein paar Tupfer auf die Wunde und wickelte eine Mullbinde darum.  
Ein Blick in den Spiegel bewies, dass sie immer noch ziemlich fertig, eher sogar ziemlich beschissen aussah. Sie wusch sich mit kaltem Wasser das Gesicht, was zumindest geringfügig Besserung brachte.  
Am besten schnell raus und sich etwas Frisches anziehen, dann würde es vermutlich niemand merken. Sie würde einfach behaupten, dass sie so dringend auf´s Klo gemusst hätte, dass sie es nicht länger ausgehalten habe.  
Völlig in Gedanken versunken, bekam sie beinahe einen Herzinfarkt, als es an der Tür klopfte. „Mel, bist du da drin?“ hörte sie Meikes Stimme durch die Tür.  

Mel räusperte sich leise, um mit einer einigermaßen normalen Stimme zu antworten.  
„Ja, bin ich.“ antwortete sie schnell und drehte sich hektisch um, um zu gucken, ob sie abgeschlossen hatte.  
„Scheiße!“ fluchte sie, als sie die Dose mit Maites Wattepads, die sie mit dem Ellenbogen vom Waschbeckenrand gestoßen hatte, nicht mehr rechtzeitig auffangen konnte. Sie lagen nun verteilt über den ganzen Fußboden.  
Was musste Maite auch immer gleich eine Packung für eine Großfamilie kaufen?! Genervt hockte sie nun auf dem Boden, um sie in den Mülleimer zu werfen, als die Tür aufging und Meike herein kam.  
Okay, offenbar war nicht abgeschlossen gewesen, stellte Mel grummelnd fest und sammelte weiter.  
„Alles in Ordnung?“ fragte Meike besorgt, als sie sie am Boden wühlen sah. - „Ja, alles bestens.“ murmelte Mel, ohne auf zu sehen. „Es sind nur die..se...blö..den...Watte..dinger...“ schluchzte sie, als sie es nicht mehr schaffte, ihre Tränen zu kontrollieren. Hatte sie sich doch gerade erst beruhigt gehabt. - „Mel, was ist denn los? Und wieso bist du nicht auf dem Konzert? Paddy sagte doch vorhin irgendwas.“ Sie kniete sich neben sie und legte ihr sanft die Hand auf die Schulter.  
„Ach, ist nicht weiter der Rede wert.“ - „Hör auf damit. Wenn es nicht der Rede wert wäre, würdest du nicht auf dem Klo hocken und weinen! Lass die Wattepads liegen und komm erstmal mit.“  
Sie zog Mel am Oberarm hoch und wollte sie mit in den Sitzbereich des Busses nehmen.  
„Himmel, was hast du denn gemacht?!“ rief sie allerdings entsetzt, als sie Mels verbundenen Arm und die Blutflecken auf ihrem T-Shirt entdeckte. - „Keine Ahnung, ich muss ihn mir an der Absperrung aufgeschürft haben, oder so.“ - „Kann ich mir das mal ansehen?“ - „Nein danke, aber das ist nicht notwendig. Ist nicht so dramatisch.“ lehnte Mel dankbar ab und versuchte ein verkrampftes Lächeln auf ihr Gesicht zu zwingen.  
„Also mir reicht es langsam! Jetzt hör mal auf, alles herunter zu spielen und erzähl mir was passiert ist!“ stöhnte Meike und ließ sich auf die gepolsterte Bank fallen.  
Mel überlegte noch, ob sie lügen sollte. Sie wollte nicht, dass Meike es gleich Paddy petzen würde. Schließlich entschied sie sich aber dagegen. Nach und nach berichtete sie von den Erlebnissen in der Halle.  
Meike nickte aufmerksam und schüttelte am Ende mit dem Kopf. „Da hast du ja noch einmal Glück im Unglück gehabt. Aber was willst du Paddy erzählen, warum du aus dem Publikum raus bist und was mit deinem Arm passiert ist?“  
Sie zuckte mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung, aber irgendwas wird mir schon einfallen.“
Die letzten Tränen waren versiegt und als sie sich wieder ganz gefangen und auch umgezogen hatte, gingen beide in die Halle zurück.  
Offenbar pausierte das Konzert gerade, denn sie konnten die Kellys von Weitem reden hören.  
„Paddy, jetzt reiß dich mal zusammen. Sieh zu, dass du dich nach der Pause ein wenig mehr konzentrierst!“ rief jemand. - „Mann, aber sie muss doch irgendwo sein!“ schallte ihr Paddys aufgebrachte Stimme in den Gängen entgegen, als sie sich dem Umkleideraum näherten. - „Ich habe keine Ahnung. Wahrscheinlich ist sie noch in der Menge, oder so.“ erwiderte Johnny gereizt. - „Dann hätte ich sie doch sehen müssen!“ - „Also wenn du da wirklich den Überblick behalten könntest, hättest du wirklich einen Orden verdient.“ entgegnete er höhnisch.  
Die Schritte, die auf Mel und Meike zu kamen, wurden lauter.  
„Da bist du ja!“ seufzte Paddy erleichtert und rannte ihr entgegen. „Wo warst du denn? Ist alles okay? Ich habe mir Sorgen gemacht!“  
Unschlüssig, was sie antworteten sollte, biss Mel auf ihrer Unterlippe herum.

Ja, also, es war so...“ begann sie, doch Kathy fiel ihr ins Wort. „Paddy, komm! Es geht weiter.“ - „Tut mir leid, ich muss wieder auf die Bühne.“ Er sah sie entschuldigend an und gab ihr einen Kuss. „Wir reden nachher, okay?“

Mel nickte einmal kurz und blickte ihm nach, als er auf die Bühne entschwand.

Sie ging in die Umkleide und holte Merlin von Vincent ab. Er schlief, doch als sie sich mit ihm in ihre Koje im Bus legte, öffnete er seine kleinen blauen Augen.

Nachdem sie ihn gestillt und er ein Bäuerchen gemacht hatte, schloss er sie wieder und sank zurück in seine Traumwelt.

Mel kuschelte sich an ihn und war umgehend ebenfalls eingeschlafen.

Wer hat denn meine Wattepads auf dem Boden verteilt?!“ schimpfte Maite, als sie vom Konzert zurück kam, und brachte Mel damit dazu, sich auf die andere Seite zu drehen.

Sie merkte nicht, wie Paddy dazu krabbelte und sich an sie schmiegte, bis er ihr leise ins Ohr flüsterte.

Schatz, schläfst du schon?“

Sie stöhnte leise. „Nein, ich geh gerade spazieren... Natürlich schlafe ich! Zumindest bis eben.“ - „Oups, sorry.“ - „Geduscht hast du nicht, oder?“ - „Ähm, nein. Maite blockiert das Bad. Irgendwer hat da ziemliche Unordnung gemacht.“ - „Man riechts...“

Er überging ihren Kommentar und zog die Decke ein Stück zurück.

Hey, du bist ja noch völlig angezogen. Warte, ich helfe dir.“ sagte er leise, dann legte er Merlin vorsichtig von Mels Bauch auf´s Bett und zog ihr das Oberteil über den Kopf.

Was ist denn das?“ fragte er nun in einer normalen Lautstärke, so dass sie die Augen öffnete und erschrocken auf den verbundenen Arm guckte.

Tja, ist vorhin irgendwie passiert.“ gab sie zu. - „Beim Konzert. Hab ich dir doch gleich gesagt, dass das eine Schnapsidee ist!“ - „Ne, nicht beim Konzert. Eher davor. Obwohl...eigentlich weiß ich gar nicht, wann das passiert ist. Oder wie. Das ging alles so schnell.“ - „Was?“ Paddy sah sie ernst an und Mel versuchte gar nicht erst sich heraus zu reden. Sie legte sich auf die Seite und stützte den Kopf in die Hand.

Hm, ist alles nicht so toll gelaufen. Ich war schon wieder draußen, als ihr das erste Lied begonnen habt.“ - „Wieso?“ - „Da waren so ein paar Mädchen...“ - „Ein paar? Ich würde mal sagen, eine ganze Halle voll davon.“ - „Soll ich nun erzählen oder nicht?“ - „Ja, bitte.“ - „Gut, dann unterbrich mich nicht.“

Mit Mühe schaffte er es tatsächlich, sich an diesen Vorsatz zu halten, bis sie am Ende angelangt war.

Oh Mann, Schnapsidee war ja noch untertrieben. Das ist ja kurz an einer Katastrophe vorbei geschrammt. Wieso wolltest du auch nicht auf mich hören?“ meckerte er die Augen verdrehend. - „Ach, ist doch jetzt auch egal. Über vergossene Milch soll man sich nicht ärgern.“ - „Tut dein Arm denn noch weh?“ - „Nein, nicht wirklich. Brennt nur ein bisschen.“

Er schüttelte den Kopf und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Na, das ist dann wohl das letzte Konzert gewesen, was?“ - „Ja, ich denke schon. Die sichere Perspektive von hinter der Bühne ist mir dann doch lieber.“ - „Warum denn nicht gleich so...“

Sie legten sich schlafen, während der Bus gemächlich zur nächsten Stadt fuhr.

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Kommentare: 4
  • #1

    nicky (Samstag, 11 September 2010 09:14)

    ja na ich glaube wäre nicht so blöd gewesen und wäre in die Menge gegangen! ;) vrallem nicht nach dem jeder weiß wer sie ist!aber ich muss auch sagen das es ziemlich unlogisch scheint das bei so einem Gedrängel und bei einem Kelly Konzert sich die Leute für die anderen Mädchen interessieren die da stehen!ich glaub die haben andere Sorgen! ^^

    weiter gehts mit Kapitel 48!

  • #2

    melsgesammeltekatastrophen (Samstag, 11 September 2010 09:18)

    Ähm, entschuldiger, wenn ich dir da widerspreche, aber ich habe durchaus Augen dafür gehabt, was da um mich herum abging. ;)

  • #3

    Die Micha (Samstag, 11 September 2010 12:07)

    Ich glaube da gibt's dann echt manchmal doofe zufälle.
    Was mich mal wieder nur eher wundert ist, dass niemand von aussen mitbekommen hat, das es im Hause Kelly zuwachs gegeben hat! :-P

  • #4

    nicky (Samstag, 11 September 2010 22:46)

    ja das stimmt!!!! waren ja nur die Mitschüler!!!