Alte Zeiten, neue Welten

Der Gedanke schüttelte sie, doch sie holte sich mühsam ins Hier und Jetzt zurück.

Der junge Polizist vom Nachmittag kam herein und sah sie freundlich an.

Wie geht es dir? Darf ich weiter du sagen?“ - „Sicher. Nicht so dolle, aber danke.“ - „Ja.“ Er nickte. „Das ist verständlich. Möchtest du lieber mit einer Frau reden oder ist es dir recht, wenn ich das Gespräch führe?“

Sie dachte kurz nach.

Eigentlich wäre es ihr schon lieber, wenn sie über die Geschehnisse mit einer Frau sprechen könnte, aber auf der anderen Seite hatte er selber miterlebt, was passiert war. Zumindest das Ende.

Nein, es ist schon in Ordnung, wenn sie bleiben.“ erklärte sie schließlich und umfasste Paddys Hand ein wenig fester.

Besorgt betrachtete er seine Frau von der Seite und wünschte sich sehnlichst, ihr noch irgendwie die Last abnehmen zu können. Er fühlte sich so schrecklich hilflos.

Wo ist er denn jetzt?“ fragte er gerade heraus und blickte den Polizisten an, der dabei war, Platz zu nehmen.

Er sitzt in Untersuchungshaft. So, fangen wir an, wenn sie sich bereit fühlen.“ - „Wie bereit kann man sich denn dafür schon fühlen...“ seufzte Mel und drückte den Rücken durch, um sich ein wenig aufzurichten. Sie hatte das Gefühl, die Erlebnisse und die Angst vor der Erinnerung würden sie buchstäblich zu Boden reißen.

Ruhig begann der junge Mann ihr ein paar formelle Fragen zu stellen, bevor er auf den eigentlichen Tathergang zu sprechen kam.

Mel fing an, von dem ersten Treffen mit Frank zu berichten, wobei Paddy sich auch immer wieder zu Wort meldete. Auch er hatte den Abend in der Stadt noch vor Augen, als wäre es erst gestern gewesen.

Alles wurde fein säuberlich dokumentiert und festgehalten.

Dann kam Mel zu dem gestrigen Vorfall, als er im Park plötzlich hinter ihr gestanden hatte, wie er sie bedroht und verfolgt hatte und sie letzten Endes doch entkommen konnte.

Und gestern gab es keine Zeugen, richtig?“ - „Nein.“ Mel schüttelte traurig den Kopf, besann sich dann aber eines Besseren. „Doch, halt! Nicht für den Angriff, aber der Portier des Hotels hat mich gesehen und mitbekommen, dass ich verfolgt worden bin. Er würde ihn bestimmt auch wieder erkennen, zumindest ist er gestern auf ihn aufmerksam geworden.“ - „Das ist gut. Wir werden uns mit ihm in Verbindung setzen.“ - „Ja. Der wird sicher eine Aussage machen. Er war so hilfsbereit und fürsorglich.“ - „Okay prima, kommen wir nun zu heute. Wie das ausgegangen ist, weiß ich, aber wie kam es dazu?“ wollte der Beamte wissen und sah sie aufmerksam an.

Sie schnaufte und nahm ein Schluck Wasser aus dem Glas, das ihr der Polizist hingestellt hatte. Eigentlich hatte sie keinen Durst, wollte aber jede Möglichkeit nutzen, um wenigstens ein paar Sekunden noch heraus zu schlagen.

Paddy hob seine andere Hand und strich ihr beruhigend über den Rücken. Gern hätte er auch irgendwas Passendes gesagt, doch wusste er leider nicht was. Er wollte es nicht noch schlimmer machen, in dem er die falschen Worte wählte.

Langsam erzählte Mel von Morla, die Frank auf die Straße gelockt hatte, wie er versucht hatte, sie und ihre Hündin zu überfahren. Von dem Moment der Hoffnung, als sie noch einmal die Flucht ergreifen konnte und wie er sie dann doch wieder eingeholt hatte.

Anfangs war ihre Stimme stabiler, als sie es selbst für möglich gehalten hatte, doch von Minute zu Minute wurde sie zittriger und kam ins Schwanken. Schließlich musste sie immer wieder Pause machen, um sich Tränen aus den Augen zu wischen und wieder zu Atem zu kommen.

Sie spürte, wie sich Paddys Hand regelrecht verkrampfte, als sie an die Stelle kam, dass Frank ihr die Hose herunter gerissen hatte und wie Paddy sich wieder kaum nennenswert entspannte, als sie die Polizisten in der Ferne entdeckte.

Doch als sie beschrieb, wie Frank ihr die Luft abgedrückt hatte und drohte, sie umzubringen, bemerkte sie, wie er sich wortlos ein paar Tränen von den Wangen wischte.

Es fiel ihm unsagbar schwer, jetzt nicht durchzudrehen.

Und dann klingelte mein Handy, was sie denn glücklicherweise gehört haben und mir zur Hilfe geeilt sind.“

Paddys Kopf schnellte herum. „Dein Handy? Ich habe dich vorhin angerufen!“ stellte er entgeistert fest. - „Ich weiß.“ nickte sie. „Du hast mich im Prinzip vor dem Schlimmsten gerettet, vielleicht sogar das Leben, wer weiß, was er alles angestellt hätte, nur um unbeschadet aus der Sache heraus zu kommen. Für ihn wäre es sicher das Leichteste gewesen, einfach den einzigen Zeugen zu beseitigen.“

Fassungslos starrte Paddy sie an und nahm sich vor, jedes Mal wieder auf sein Bauchgefühl zu hören, statt sich krampfhaft zusammen zu reißen. Hätte er nicht angerufen...Gott, er mochte sich gar nicht vorstellen, was dann passiert wäre.

Naja und Morla natürlich. Hätte sie ihn gestern nicht angegriffen, wäre ich ihm da schon nicht mehr entkommen. Und wenn sie heute nicht winselnd auf der Straße gelegen hätte, wäre wohl niemand auf mich aufmerksam geworden.“ überlegte Mel laut. „Aber im entscheidenden Moment hast du mich da raus geholt. Du hättest keine zehn Sekunden später anrufen dürfen. Nach seiner Drohung hatte ich mit allem abgeschlossen. Ich hätte mich nicht mehr gewehrt, zu viel Angst hatte ich vor seinen Schlägen und davor, dass er wirklich ernst macht und ...mich erwürgt oder anderweitig umbringt. Und wer weiß, wie gesagt, ob er es nicht so oder so getan hätte...“

Paddy schloss die Augen und versuchte die Bilder zu vertreiben, die in seinem Kopf entstanden waren. Er wusste er hatte keinen Grunde dazu, denn wie hätte er etwas ahnen können, doch trotzdem schämte er sich. Er hatte in einem blöden Studio gesessen und sich Sorgen um irgendwelche unwichtigen Gewinnstufen gemacht, während sie so entsetzliche Dinge durchgemacht hatte!

Maus, es tut mir alles so leid!“ - „Du kannst doch nichts dafür.“ - „Ich fühle mich aber so. Wie konnte ich dich nur alleine lassen?“ - „Paddy, ich bin alt genug. Außerdem habe ich mittlerweile fast ein Jahr alleine gelebt. Du kannst mich nicht rund um die Uhr bewachen und selbst wenn du wolltest, ginge es doch auf Grund deiner Musik gar nicht. Du bist immer auf Achse und ich werde dich nicht immer begleiten können.“ - „Wieso nicht?“

Sie räusperte sich leise. „Lass uns dass nachher klären. Erstmal müssen wir hier durch sein. Ich will hier wieder weg.“ - „Ja, das glaube ich. Ich möchte auch nur weg. Am liebsten gleich ganz weg aus dieser Stadt.“

Sie stimmte ihm schweigend zu und blickte wieder auf den Beamten.

Was passiert denn nun?“ - „Jetzt werden erstmal Beweise gesammelt und Zeugen befragt. Eigentlich müsstest du dich noch einer Untersuchung unterziehen, damit auch körperliche Spuren gesichert werden können. Selbst wenn wir wohl kein Sperma gefunden werden kann, hast du ja doch allerlei Verletzungen davon getragen, wenn ich das richtig sehe.“ - „Ja, aber muss das denn sein?“ - „Jeder Beweis vergrößert die Wahrscheinlichkeit, dass er verurteilt wird. Von daher würde ich sehr dazu raten.“ - „Okay. Und dann?“ - „Dann wird auf Grund der Sachlage mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer Verhandlung kommen, aber bis dahin kann es noch etwas dauern.“ - „Was kann ihn denn erwarten?“ - „Das kann ich dir leider nicht sagen. Also er hat sich wegen mehrfach versuchter Vergewaltigung zu verantworten, ebenso wegen Körperverletzung und versuchter Freiheitsberaubung. Des weiteren kann er wegen Nötigung und zu guter Letzt wegen versuchten Mordes belangt werden. Was allerdings der Richter daraus macht, muss man dann sehen. Aber wenn du Glück hast, kommen für ihn schon ein paar Jährchen zusammen.“ - „Versuchter Mord?“ wiederholte Mel ungläubig. - „Naja, nach dem was du erzählt hast.“ - „Ja, er hat es mir angedroht, das stimmt, aber...“ - „Während er dir die Luft abgedrückt hat. Und er hat versucht, dich zu überfahren, oder?“ erläuterte der Beamte. - „Ja, das hat er...“ erwiderte sie leise.

Endlich keimte ein wenig Hoffnung in ihr, dass Frank vielleicht tatsächlich nicht unbescholten aus dem Ganzen heraus käme. Dass er wenigstens ansatzweise dafür büßen würde, für das, was er ihr angetan hat.

Okay, vielen Dank für alles.“ entgegnete Mel nachdenklich und der Polizist streckte ihr die Hand entgegen. „Ich wünsche dir alles Gute. Und lass dich untersuchen. Selbst wenn es dir jetzt schwer fallen sollte, kann es dir nur zugute kommen.“

Mit gesenkten Köpfen verließen sie das Revier.

Mel lehnte sich ans Auto und atmete tief durch. Es war nicht zu übersehen, dass sie immer noch zitterte. Paddy machte einen Schritt auf sie zu und nahm sie fest in seine Arme.

Du bist so tapfer, kleine Maus.“ flüsterte er leise und gab ihr einen Kuss auf´s Haar.

Kraftlos zuckte sie mit den Schultern.

Mel, ich bin froh, dass wir ihm nicht begegnet sind. Ich glaube nicht, dass ich mein Versprechen hätte halten können...“ - „Ich weiß. Aber das hätte doch auch das Ganze nur noch schlimmer gemacht. Klar sagt es sich so leicht, dass man sich unter Kontrolle behalten soll, aber was nützt es uns, wenn du auch noch Ärger hättest und es womöglich in den Schlagzeilen die Runde gemacht hätte?“

Müde wischte sie sich ein paar Tränen aus den Augen. „Komm. Lass uns fahren.“ - „Willst du ins Krankenhaus?“ fragte er vorsichtig. - „Von wollen kann keine Rede sein, aber ja, wir müssen.“ seufzte sie und stieg in den Wagen.

Die folgende Untersuchung war alles andere als angenehm, doch irgendwann war auch diese überstanden und sie fuhren endlich wieder Richtung Hotel.

Die letzten Stunden, ja der ganze Tag kamen Mel schier unendlich vor. Wenn es doch nur möglich wäre, einfach die Zeit auszulöschen. Wenigstens diesen einen Tag.

Als sie in ihrem Zimmer ankamen, saß Morla schlapp in der Transportbox und schaute über den Rand. Sie winselte vor Freude, als sie ihr Frauchen eintreten sah und machte Anstalten heraus zu springen, was ihr jedoch nicht gelang.

Mel kniete sich gleich neben sie und streichelte sie beruhigend.

Meine kleine Morle, hat ein schwarzes Ohrle...“ begann sie leise zu singen, bis ihre Stimme abbrach und ihr wieder einige Tränen über das Gesicht liefen.

Paddy strich ihr sanft über die nassen Wangen und zog sie hoch.

Komm, Maus, du solltest dich hinlegen. Du musst doch fix und fertig sein.“

Ja, das war sie, aber nach schlafen war ihr ganz und gar nicht. Immer wenn sie die Augen schloss, sah sie Franks Gesicht vor sich und riss sie angsterfüllt wieder auf. Schon im Wagen eben, war dies mehrfach vorgekommen, aber noch wehrte sie sich vehement dagegen.

Sie brauchte Paddy nichts zu erklären, ihr Blick sprach mehr als tausend Worte.

Okay, aber leg dich wenigstens hin. Nicht, dass du mir noch zusammen klappst.“ riet er ihr.

Sie zog die Box von Morla zur Bettkante und legte sich selber unter die Decke.

Paddy nahm die Wolldecke und packte sich daneben.

Mel hatte ihm den Rücken zugedreht und ließ ihre Hand über die Kante zu ihrer Hündin hängen, so dass auch diese sich nun hinlegte und liebevoll ihre Finger abschleckte.

Paddy streichelte behutsam Mels Oberarm, bekam aber selber auch kein Auge zu.

Es mussten Stunden vergangen sein, als er feststellte, dass sie tatsächlich doch eingeschlafen war.

Wieder trat sie in der Nacht um sich, sie sprach und wimmerte so sehr, dass er sie zwei Mal wecken musste, weil er den Anblick nicht mehr ertragen konnte. Nun wusste er ja, was sie in ihrem Traum noch einmal durchleiden musste und wollte es ihr, wenn es irgend ginge, ersparen. Die Wahrscheinlichkeit war nicht sonderlich groß, dass sie das nächste Mal besser träumen würde, trotzdem setzte er immer wieder seine ganze Hoffnung da rein. Sie musste doch irgendwie wieder zu Kräften kommen.

Als Paddy aufwachte, war es noch dunkel draußen. Morla schlief in ihrer Box, doch neben ihm war das Bett leer.

Mel entdeckte er am Fenster sitzend, wo sie mit beiden Händen eine Tasse Tee umklammerte und in die Ferne starrte. Ihr Gesicht war zerklüftet von Sorgenfalten und ihre Gedanken schienen sehr weit entfernt zu sein.

Unsicher stand er auf.

Sollte er sie fragen, woran sie dachte? Eigentlich ahnte er es doch schon. Aber wenn er falsch läge, würde er es wieder zu Tage bringen.

Schatz, wo hast du denn den Tee her? Es ist doch mitten in der Nacht!“ fragte er schließlich ziemlich unbeholfen. - „Der Nachtportier. Ist eigentlich für das Personal, aber er hat mich gleich wieder erkannt, als ich unten durch die Gänge schlich.“ - „Und wieso rennst du nachts durch das Hotel?“ - „Ich konnte nicht schlafen und musste mir ein bisschen die Beine vertreten.“

Er nickte verständnisvoll und setzte sich auf die Fensterbank. Schweigend musterte er sein Mädchen, das weiter auf die schlafende Stadt blickte.

Paddy, ich will nach Hause.“ sagte sie nach einer Weile leise. - „Ja, ich weiß. Wir packen unsere Sachen und machen uns nachher auf den Weg. Ist ja auch noch ein Stück Weg vor uns. Ich rufe, sobald die Uhrzeit zumutbar ist, bei Tricia an und sage ihr Bescheid, dass wir erst zum Schloss fahren und ich vielleicht etwas später zum Konzert komme.“

Langsam wandte Mel den Blick vom Fenster ab und sah ihn traurig an. „Nein, Paddy, ich will nach Hause. Zurück in meine kleine Wohnung. Ich brauche jetzt meine gewohnte Umgebung. Ich habe nicht die Kraft, mich im Moment auch noch mit den Erinnerungen in Gymnich auseinander zu setzen. Sei mir nicht böse, aber ich kann es gerade einfach nicht.“

Wieder nickte er und legte wortlos seine Hand auf ihre.

Dann sprach er einen Gedanken aus, den er schon länger mit sich herum trug.

Mel, ich hab mir überlegt, dass du deine Wohnung vielleicht behalten solltest. Nur falls dir mal irgendwann alles zu viel werden sollte auf dem Schloss, wenn du dann doch noch mit zu mir kommst. Ja, ich war derjenige, der immer gesagt hat, Flucht ist keine Lösung, aber manchmal muss man einfach raus, das verstehe ich. Ich bezahl sie dir natürlich, darüber musst du dir keine Gedanken machen.“

Dankbar lächelte sie ihn an. „Das klingt gut. Danke, Schatz. Aber du musst doch nicht anrufen. Das könnten wir auch so rechtzeitig schaffen und heute Abend stehst du dann wieder auf der Bühne. Bring meinetwegen nicht alles durcheinander.“ - „Maus, wenn nicht für dich, für wen dann? Und das war meine Planung, wenn du auf das Schloss gefahren wärst. Da hätte jemand bei dir sein könne und wenn wir eben Sam und Kira dort eingenistet hätten, aber in deiner Wohnung bist du ganz alleine. Ich fühl mich nicht wohl bei dem Gedanken. Ich werde wenigstens erst mal eine Woche bei dir bleiben und dann sehen wir weiter.“

Mel verzog das Gesicht und sah ihn zweifelnd an. „Paddy, das gibt doch nur wieder Ärger. Die haben sich gerade erst beruhigt.“ - „Das ist mir egal. Wer dafür kein Verständnis hat, den verstehe ich nicht.“ - „Das heißt, du willst es ihnen sagen?“ Unglücklich nestelte sie an ihren Fingern, während Paddy sie aufmerksam musterte.

Ähm, ja, eigentlich schon, natürlich nur, wenn das für dich in Ordnung ist.“ - „Tja, naja, wenn es nach mir ginge, würde ich niemandem mehr davon erzählen, aber auf der anderen Seite werden sie es so oder so erfahren.“ antwortete sie nach einem kurzen Augenblick.

Als Mel zwei Stunden später duschen ging, nutzte er die Gelegenheit und wählte Patricias Nummer.

Ja?“ meldete sich jemand am anderen Ende. - „Hi Tricia, hier ist Paddy.“ - „Hi Paddy, hier ist Kathy. Tricia kann gerade nicht. Was gibt es denn? Ach, übrigens, wir haben dich im Fernsehen gesehen! Du warst großartig! Hättest dich gestern ruhig mal melden können, ich hab versucht dich zu erreichen. Wann bist du denn heute endlich da?“ sprudelte es aus ihr hervor.

Er verdrehte die Augen, weil er ahnte, was nun folgen würde. Nicht umsonst hatte er bewusst Patricias Nummer gewählt und nicht die seiner ältesten Schwester.

Unruhig räusperte er sich, bevor er antwortete. „Ja, also...ich komme nicht. Ich bin erst in einer Woche wieder dabei und selbst das nur unter Vorbehalt. Es ist was passiert.“ erklärte er und je weiter er zum Ende kam, umso zittriger wurde seine Stimme. Ihm drehte sich der Magen um bei dem Gedanken, dass er nun berichten sollte, was seiner Frau zugestoßen war.

Doch Kathy reagierte völlig anders, als er es erwartet hatte. Nicht wie sonst schwang Ärger in ihrer Stimme mit sondern ernste Sorge, denn schon die Art, wie er sprach, zeigte deutlich, dass er nicht leichtfertig erneut seine Termine sausen ließ. „Was ist los?“ - „Frank ist wieder aufgetaucht und hat Mel nachgestellt.“ - „Wer ist Frank?“

Ja, richtig! Er hatte Kathy ja nie davon erzählt. So begann er, von Anfang an und berichtete Stück für Stück, was passiert war, ab dem Abend, an dem Frank Mel mit sich geschleppt hatte in Kappeln bis zum heutigen Tag.

Mehrfach musste er seine Wut zügeln, um nicht völlig aus der Haut zu fahren. Er kannte sich so sonst gar nicht so ungehalten, selten wurde er aggressiv, aber in diesem Fall war seine Schmerzgrenze erreicht und weit überschritten.

Kathy war natürlich bestürzt, aber gefasst.

Paddy, bleib ganz ruhig.“ versuchte sie, ihn erfolglos zu beschwichtigen. - „Wie soll ich denn da ruhig bleiben?!“ - „Ja, ich verstehe dich vollkommen, aber ihr habt alles getan, was euch möglich war. Ich hoffe, dass es reicht, um ihn aus dem Verkehr zu ziehen. Bleib ruhig bei Mel und kümmere dich um sie. Und wenn es länger dauert und du sie weiterhin vorerst nicht alleine lassen willst, ist das auch in Ordnung. Wir regeln das schon irgendwie.“ - „Danke, Kathy. Ich hatte gedacht, wir könnten zwei kostenlose Open Airs geben statt oder auch zusätzlich zu den beiden Konzerten, wo ich fehlen werde. Natürlich ist es eigentlich nicht so dramatisch, wenn ich nicht dabei bin, aber du weißt, wie die Fans zum Teil drauf sind. Klar ginge das nur, wenn ich eure Unterstützung habe, wobei...ich könnte natürlich auch alleine auftreten, immerhin fehle ja nur ich.“ - „Also ich befürchte, es könnte schwierig werden, jetzt noch eine Genehmigung zu bekommen.“ - „Das schaffen wir. Wir haben das schon häufiger hin gekriegt. Wenn du da z.B. an das eine Mal denkst, als sie uns vor ein paar Jahren das Zelt auseinander genommen haben und wir das ursprüngliche Konzert komplett absagen mussten. Da haben wir auch ganz unbürokratisch eine Zusage für den nächsten Tag bekommen. Also wie sieht´s aus? Kann ich auf euch zählen?“ - „Ich kann zwar nur für mich sprechen, aber ich stehe hinter dir.“ - „Danke, Kathy. Das rechne ich dir hoch an! Du, ich muss Schluss machen.“ - „Okay, melde dich, wenn es was Neues gibt. Umarme Mel mal ganz lieb von mir.“ - „Mach ich. Bis dann.“ verabschiedete er sich und lauschte nach den Geräuschen, die aus dem Badezimmer drangen, seit das Wasser abgestellt worden war.

Kurz darauf öffnete sich die Tür und Mel kam mit Wäsche und ihrer Kulturtasche unter dem Arm wieder heraus.

Du hast ja immer noch nicht gepackt!“ stellte sie vorwurfsvoll fest, als sie ihren Blick über seine auf dem Bett ausgebreiteten Klamotten schweifen ließ.

Ich habe bis gerade mit Kathy telefoniert. Sie lässt dich lieb grüßen.“ - „Danke. Und? Ist alles in Ordnung?“ - „Ja.“ - „Schön. Komm jetzt, ich helfe dir beim Packen.“

Ungeduldig stopfte sie achtlos seine Sachen in die Reisetasche, schulterte sie und verließ mit Paddy, der Morla trug, zusammen das Hotel.

Stunden später erreichten sie das kleine Dorf, in dem Mels Wohnung lag.

Plötzlich stutzte sie.

Guck mal, da ist Lea.“ Sie deutete auf eine junge Frau, die auf dem schmalen Bürgersteig neben der Straße ging.

Und tatsächlich hatte sie Recht, doch Leas verträumter Blick brauchte noch einen Moment, um das Auto zu erkennen, aber dann erstrahlten ihre Augen aufgeregt.

Paddy drosselte die Geschwindigkeit und hielt neben ihr an.

Kaum war der Wagen zum Stehen gekommen, öffnete Mel die Tür und umarmte ihre Freundin.

Schön, dich zu sehen!“ rief Lea und war völlig außer sich. „Aber du siehst nicht gut aus.“ - „Na, das ist ja eine durchwachsende Begrüßung.“ brummte Mel mit gerunzelter Stirn. - „Was ist los mit dir?“ - „Ach, einfach ein bisschen müde von der Fahrt. Ich melde mich morgen bei dir, okay? Muss erstmal sehen, ob die Wohnung noch steht.“ - „Das tut sie. Ich guck jeden Tag zu deinen Fenstern, wenn ich an ihr vorbei gehe. Gut, dann bis morgen. Und ach...hallo Paddy.“ Sie winkte kurz und bog zum Haus ihrer Eltern ab.

Es war komisch, als Mel über die Schwelle trat und ihr der ehemals so vertraute Geruch entgegen schlug. Nur wenige Wochen war sie nicht da gewesen, trotzdem fühlte sie sich seltsam.

Der erste Abend war noch ungewohnt, doch die nächsten Tage ruhten sie sich richtig aus. Sie kochten zusammen und gingen viel spazieren oder redeten einfach stundenlang.

Es gelang Mel ein wenig abzuschalten, zumindest tagsüber.

Ein paar Tage später war es bereits Mittag, als beide noch im Bett lagen. Es war spät geworden am Abend vorher und da sie sich nie einen Wecker stellten, fuhren sie nun erschrocken zusammen, als es schellte. Verschlafen raffte Paddy sich auf, zog sich eine Hose über und schlurfte an die Tür.

Du?“ fragte er irritiert und blickte verwirrt über seine Schulter zum Schlafzimmer.


Mel spitzte die Ohren, konnte aber keine zweite Stimme hören, nur Paddys, die nach ihr rief. „Schatz, Besuch!“

Sie hatte nicht den blassesten Schimmer, wer das sein könnte. Lea war in der Schule und ansonsten hatte sie eigentlich in dem Jahr, wo sie hier gelebt hatte, kaum Kontakte geknüpft.

Eilig sprang sie auf und schlüpfte in ihre Sachen vom Vortag, doch sie hatte gerade erst den Flur erreicht, als ihr eine wohl bekannte Stimme entgegen schallte. Sie hatte sie ewig nicht gehört, aber es bestand kein Zweifel...

Tiiiiinaaaa!“ Sie raste auf sie zur und fiel ihr freudestrahlend um den Hals. „Das gibt es doch nicht, was machst du denn hier?!“ - „Was ich mache? Was machst du viel eher?? Ich telefoniere nichts ahnend mit meinen Eltern, als ich auf einmal hörte, dass du wieder aufgetaucht bist, nachdem du damals sang- und klanglos von der Bildfläche verschwunden warst! Du hättest geheiratet...wohl gemerkt, ohne mir Bescheid zu sagen.“ - „Das war alles ganz spontan.“ erklärte Paddy grinsend. „Aber komm doch erstmal richtig herein. Hast du zufällig was zu essen dabei?“

Tina verdrehte lachend die Augen. „Popstar sein und nichts zu futtern in der Bude, wirklich unglaublich.“ - „Wir kamen irgendwie nicht zum Einkaufen.“ - „Sag nicht, ihr verbringt immer noch die ganze Zeit im Bett?!“ - „Nein, nicht so ganz.“ Mel zwang sich das Lächeln zurück auf´s Gesicht, was ihr gerade heraus gefallen war und räusperte sich kaum vernehmlich. „Na komm, ich zeig dir die Wohnung.“

Hübsch hast du´s hier.“ fand Tina, als sie wieder in der Tür zum Wohnzimmer angekommen waren. - „Danke. Aber woher wusstest du, dass wir hier sind?“ - „Ich habe Joey angerufen. Ich mag Geschäftsmänner, die wechseln ihre Nummern nicht so häufig.“ kicherte sie. „Zumindest hat er gesagt, dass ihr für ein paar Tage hier seid. Er klang irgendwie merkwürdig.“ - „Wahrscheinlich hat er wieder viel um die Ohren.“ überlegte Paddy und ließ sich auf´s Sofa fallen, stand jedoch gleich wieder auf.

Mädels, ich geh Brötchen holen. Ihr habt doch Hunger, oder?“

Tina nickte eifrig und nahm auf dem frei gewordenen Sofa Platz, während Paddy sich mit Schal und Mütze ausstaffierte und seine Jacke vom Haken nahm. „Bis gleich.“

Doch die Mädchen beachteten ihn gar nicht mehr, zu sehr waren sie mit sich selbst beschäftigt.

Oh Mel, wie lange haben wir uns nicht gesehen?“ - „Ziemlich lange. Fast zwei Jahre? Du hast mir gefehlt.“ - „Du mir auch. Ja...ähm, tut mir leid, was damals mit Merlin passiert ist. Ich war im Ausland und habe nicht mal die Möglichkeit gehabt, so schnell zu kommen. Und dann warst du plötzlich weg.“ - „Ich konnte es einfach nicht mehr ertragen. Es tat einfach zu sehr weh, Paddy immer wieder zu sehen. Und dann die Umgebung.“

Ihre Stimme wurde mit jedem Wort leiser, so dass Tina das Gespräch wieder an sich riss, um das Thema zu wechseln.

Aber ihr habt euch ja irgendwie ja doch wieder gefunden und wie es aussieht, seid ihr nun Mann und Frau. Ich bin wirklich erstaunt.“ - „Das war ich auch, als ich eines Morgens die Tür öffnete und Pad vor mir stand. Ich war allerdings noch mehr von den Socken als du.“ - „Verständlich.“ - „Ja und, wie geht’s dir nun? Macht ihr Urlaub hier?“ - „Naja, sozusagen.“ - „Hey, alles in Ordnung bei dir?“ - „Sicher, warum nicht?“ - „Du wirkst irgendwie niedergeschlagen. Deine Augen, ich weiß auch nicht. Vielleicht bilde ich mir das alles auch nur ein.“ - „Vermute ich auch. Aber erzähl mal von dir! Wo hast du dich herum getrieben. Was machst du jetzt? Wo wohnst du?“

Tina lehnte sich zurück und begann zu erzählen.

Zuerst bin ich mit dem Rucksack durch Europa. Da hatte ich dir ja von unterwegs noch ein paar Karten geschrieben. Als ich nach zwei Monaten wieder nach Hause kam, hatte mein Vater Besuch von einem ehemaligen Studienkollegen. Wir kamen gleich ins Gespräch und er erzählte, dass er bei seinen Studienreisen sehr gut noch jemanden gebrauchen könnte, der ihm bei der Organisation und allem möglichen zur Hand ginge. Tja und seit dem bin ich mit ihm durch die ganze Welt gereist. Wir sind immer wieder ein paar Wochen an einer archäologischen Ausgrabungsstätte geblieben und dann ging es weiter. Jetzt kommen wir gerade aus dem Maghreb.“ - „Mensch, Tina, das klingt echt toll! Und stimmt, du bist ganz schön braun, vor allem für deine Verhältnisse.“ - „Ja, das ist es auch. Es ist einfach traumhaft.“ - „Das scheint ja genau das Richtige für dich zu sein. Und dann später selber noch Archäologie studieren?“ - „Ja, auf jeden Fall!“ strahlte sie euphorisch. „Aber noch will ich das bei ihm auskosten, so lange es geht. Das sind schon Erfahrungen für´s Leben. Jetzt ist aber erst mal eine kurze Pause eingeplant. Er meint, er muss auch mal wieder ein paar Wochen zu Hause die eigenen vier Wände genießen. Ich bin mir dagegen nicht so sicher, ob ich das aushalte, jetzt wieder sesshaft zu werden. Könnte eigentlich gleich wieder los. Und du? Immer mit den Kels auf Tour?“ - „Ja, geht so. Habe gerade ein bisschen Pause eingelegt. Immer unterwegs ist auch nichts. Vor allem nicht, wenn man im Prinzip nur von einem Termin zum nächsten hetzt. Wobei...ein bisschen richtigen Urlaub könnte ich auch gut vertragen.“ - „Dann komm doch einfach mit!“ - „Wie mit?“ - „Mit mir. Wir fahren zusammen ein paar Tage weg. Nur du und ich!“ - „Hm, ich weiß nicht...“ - „Wo liegt denn das Problem?“ - „Das Wetter ist so mies. Guck es, regnet.“ Sie beugte sich zur Seite und schaute demonstrativ aus dem Fenster. - „Siehst du, ein Grund mehr, um Reiß-aus zu nehmen. Irgendwo hin, wo es wärmer ist. Und bis dahin nehmen wir halt ´nen Regenschirm.“ - „Aber ich kann doch nicht einfach weg.“ - „Warum nicht?“ - „Naja, Paddy. Er ist doch extra hier geblieben, damit ich nicht alleine bin.“ - „Aber das bist du doch mit mir auch nicht. Für den ist es sicher auch ganz praktisch, wenn er wieder zurück auf Tour kann. Komm schon, sei kein Frosch. Wie viel Zeit haben wir nachzuholen? Und bedenke, dass ich bald wieder unterwegs bin. Los, gib dir einen Ruck, das wird ein Spaß!“

Mel hatte schon Lust, aber irgendwie fühlte sie sich unsicher. Sie wollte nicht ohne Paddy sein. Und nicht nur das. Obwohl ihr der Sinn nach Ablenkung stand, genoss sie auch die Sicherheit der eigenen vier Wände. Auf Tour war sie auch unterwegs gewesen, aber da hatte sie so viel herum sitzen müssen, dass sie viel zu viel ins Grübeln gekommen war oder sie war mit Paddy und seinen Geschwistern von einem Termin zum anderen gehetzt. Aber jetzt kopflos einfach abreisen? So mir nichts dir nichts und dann auch noch ohne ihren Liebsten?

Tina beobachte ihr unentschlossenes Gesicht, sagte aber nichts mehr.

Schließlich seufzte Mel. „Also gut. Aber wo willst du denn hin?“ - „Keine Ahnung. Was hältst du von „immer der Nase nach“?“ - „Klingt nicht schlecht.“ lachte Mel und erwischte sich dabei, wie sich sich ausmalte, wie sie und Tina an den verschiedensten Bahnhöfen auf die Züge warteten, du Städte bummelten und ab und zu in einem Café einkehrten, um sich aufzuwärmen.

Sie wurde aus ihren Träumen gerissen, als sie hörte, wie der Schlüssel ins Schloss gesteckt und umgedreht wurde. Bereits wenige Minuten später stand ihr langhaariger Engel auch schon in der Wohnzimmertür und streckte die Brötchentüte trophäengleich in die Luft. „So, Mädels, ist der Tisch gedeckt?“ - „Ne, noch nicht. Du, Pad, was hältst du davon, wenn ich mit Tina ein paar Tage wegfahre?“

Er ließ die Tüte sinken. „Wie wegfahren?“ - „Naja, wenn ich mit ihr ein bisschen Urlaub mache.“ - „Urlaub? Ohne mich? Schatz, ich habe extra eine Tourpause eingelegt. Findest du das jetzt nicht etwas seltsam, also fast ein bisschen undankbar?“

Mel schluckte und biss die Zähne zusammen. „Paddy, kann ich dich mal kurz sprechen? Wir gehen am besten in die Küche, dann können wir gleich den Tisch decken.“

Ein schmale Falte hatte sich zwischen seinen Augen gebildet, als er ihr folgte.

Mel verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich gegen die Anrichte, während er die Tür hinter sich schloss und sich langsam umdrehte.

Was?!“ fragte er vorwurfsvoll.

Findest du das nicht etwas unfair? Ich weiß, was es bedeutet, dass du die anderen im Stich lässt, nur um bei mir zu sein und das gerade nachdem ihr deswegen solchen Streit hattet. Aber solltest du dich nicht freuen, dass es mir so weit gut geht, dass ich darüber nachdenke zu verreisen?“ - „Ja, da hast du natürlich Recht, aber zum einen befürchte ich, dass es doch nur wieder eine Art Flucht ist und zum anderen...“ Er machte eine kurze Pause. „...zum anderen fühle ich mich ein wenig abgeschoben. Ich hab nun wirklich alles stehen und liegen gelassen, ich war für dich da und nun hast du Tina und brauchst mich nicht mehr.“ Sein Gesicht hatte fast einen schmollenden Zug angenommen.

Schatz, sei nicht so ungerecht.“ Sie trat einen Schritt auf ihn zu und legte beide Arme um seine Taille. „Du bist unersetzlich! Es ist so schön, dass du immer für mich da bist und dass ich mich stets auf dich verlassen kann, das hilft mir mehr, als ich dir sagen kann. Aber ich freue mich, dass sie aufgetaucht ist und es tut mir sicher gut, wenn ich mit ihr mal wieder etwas ganze anderes unternehme. Und du wirst dadurch doch auch entlastet und kannst wieder zu den anderen zurück.“

Besänftigt blickte er auf sie herab. „Ja, ist ja richtig. Aber...ach...“ Er seufzte leise. „...ich fand es zugegebenermaßen richtig schön, mit dir hier mal aus allem raus zu sein und der Welt einfach den Rücken zuzudrehen. Und das auch noch mit Kathys Segen. Hey, vielleicht sollte ich einfach mit euch fahren?“ - „Ich bezweifle, dass sie das ebenfalls gut heißen wird.“ - „Ja, das bezweifle ich auch. Und was willst du mit Morla machen? Die kannst du unmöglich mitnehmen in ihrem Zustand. Und ich kann sie auch nicht mit auf Tour nehmen, dafür habe ich einfach zu wenig Zeit.“

Die kleine Hündin hatte gerade noch neben der Tür gesessen und erhob sich nun schwerfällig. Auf ihren zum Teil geschienten Beinen humpelte sie näher und rieb ihren Kopf an Paddys Knie, nachdem sie ihren Namen gehört hatte.

Ich weiß nicht, vielleicht könnte Lea sie für zwei Wochen nehmen.“ Sie beugte sich hinunter und kraulte sie hinter den Ohren.

Zwei Wochen? Ich soll zwei Wochen ohne dich auskommen?“ - „Du hast es auch fast ein Jahr überlebt.“ - „Überlebt ist gut. Kann doch gar nicht mehr ohne dich.“ - „Das hast du aber lieb gesagt. Ich liebe dich.“ Mild lächelnd sah sie in seine Augen und gab ihm einen Kuss.

Seine Arme schlossen sich fester um sie und sie spürte, wie eine Hand unter ihren Pullover wanderte. Sie löste ihre Umarmung und wand sich aus seiner heraus. „Komm, lass uns den Tisch decken und was essen.“ wich sie aus und nahm ein paar Teller aus dem Schrank über der Anrichte.

Tina schlief nachts auf der Couch im Wohnzimmer und gleich am frühen Morgen machten sie sich auf den Weg.

Lea hatte sich tatsächlich freudig dazu bereit erklärt, in der Zwischenzeit auf Morla aufzupassen und sie wieder gesund zu pflegen. Da Mel um ihre Liebe zu Tieren wusste, hatte sie da auch keinerlei Zweifel.

Tina und Mel hatten sich ihre großen Rucksäcke voll gepackt und jeweils einen Schlafsack unter den Arm geklemmt.

Mädels, wohin wollt ihr denn nun?“ - „Wie wäre es mit Berlin?“ schlug Tina vor. - „Gute Idee!“ fand auch Mel.

Paddy fuhr sie nach Magdeburg, wo er auf seine Geschwister treffen wollte. Dort setzte er die beiden Mädels am Bahnhof ab. Tina brachte schon einmal die Taschen in die Bahnhofshalle, damit Mel sich in Ruhe von Paddy verabschieden konnte.

So, meine Kleine, pass auf dich auf! Versprich mir das. Und hier, nimm das, dann fühle ich mich ein wenig besser.“

Er drückte ihr eine kleine Spraydose in die Hand, die sich bei genauerer Betrachtung als Pfefferspray entpuppte.

Danke.“ Sie nickte und wagte kaum ihn anzusehen, weil sie spürte, wie ihre Augen langsam feucht wurden. Aber sie hatte es sich nun in den Kopf gesetzt, mit Tina zu fahren und hielt es immer noch für die beste Lösung für den Moment. Sie gab ihm einen Kuss, ließ ihre Finger noch einmal liebevoll durch seine Haare gleiten und folgte Tina.

Paddy fuhr weiter zu dem Hotel, von dem er wusste, dass seine Geschwister sich dort eingenistet hatten.

Die junge Frau an der Rezeption erkannte ihn sofort und erklärte ihm freudestrahlend den Weg zur richtigen Etage.

Das erste Zimmer, an das er klopfte, stellte sich als das von Angelo heraus.

Hey Brüderchen!“ rief er grinsend, als dieser die Tür öffnete. „Platz da, hier kommt dein neuer Zimmernachbar!“

Mit einem kumpelhaften Schlag auf den Oberarm drängte er sich an ihm vorbei, warf seine Reisetasche in die Ecke und schmiss sich auf´s Bett. Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf und beobachtete seinen Bruder, der immer noch vollkommen perplex die Tür schloss.

Paddy! Ich habe nur ein Bett!“ - „Ich weiß.“ kicherte er und ließ seine Schuhe von den Füßen auf den Boden fallen. - „Vergiss es! Ich werde garantiert nicht mit dir mein Bett teilen!“ - „Mann, Angi, ich kann doch sonst nirgendwo hin! Das Hotel ist ausgebucht und du bist nun mal der Kleinste von uns.“ - „Na schönen Dank. Als wäre ich damit nicht schon gestraft genug, muss ich nun auch noch die Nacht mit dir Schnarchbratze verbringen!“ - „Ich schnarche nicht, frag Mel. Aber du kannst dich mal schön an deine eigene Nase packen im wahrsten Sinne des Wortes. Also bin ich wohl viel eher der Gestrafte...“

Angelo grummelte noch einige Minuten weiter, bevor er endlich der Freude, dass sein Bruder wieder mit von der Partie war, Platz machte.

Und? Bei Mel wieder alles in Ordnung?“ - „Naja, so weit so gut.“ brummte Paddy und stand auf, um in seiner Tasche nach etwas zu suchen.

Er wollte nicht weiter darauf eingehen, denn bisher hatte er nur mit Kathy über das Thema gesprochen. Ehrlich gesagt hatte er nicht den blassesten Schimmer, was sie den anderen erzählt hatte, warum er nicht da wäre. Er hatte seit dem nicht mehr mit ihr geredet und sein „Comeback“ als Überraschung geplant.

Ich gehe mal zu Kathy. Wo ist ihr Zimmer?“ - „Zwei Räume weiter. Sie wollte aber nochmal in die Stadt, kann sein, dass sie noch unterwegs ist.“

Doch als Paddy klopfte, wurde er herein gebeten und seine Schwester war gerade dabei die Einkaufstüten auszuräumen. Sie hatte ein paar Weihnachtsgeschenke besorgt, sortierte diese nun und verstaute sie in ihrem Koffer.

Paddy! Wo kommst du denn her? Mit dir hätte ich ja noch gar nicht wieder gerechnet! Wo ist Mel? Hast du sie wieder mitgebracht?“ - „Hallo Kathy. Nein, sie ist mit Tina weggefahren.“ - „Mit Tina? Wie geht’s ihr denn?“ - „Tina geht’s gut. Mel so lala. Sie meint, eine Reise täte ihr gut, darum habe ich sie ziehen gelassen. Ich hoffe, das war kein Fehler.“ - „Sie wird schon wissen, was das Richtige für sie ist. Aber du bist nun wieder mit bei uns im Boot?“ - „Ja, ganz offensichtlich. Wie sieht es denn nun aus? Bisher habe ich doch nur das Konzert gestern hier verpasst und diverse Interviews und zwei Fernsehauftritte, richtig?“ - „Genau. Das Publikum war gestern ziemlich enttäuscht, als du nicht aufgetreten bist, aber wir haben ihnen versprochen, dass du es wieder gut machst.“ - „Okay. Also dann gehe ich mal telefonieren und sehen, was ich erreichen kann.“

Als er eine halbe Stunde später in ihr Zimmer zurückkehrte, strahlte er erleichtert. „Geschafft! Wir können morgen Nachmittag auf dem Marktplatz ein Open Air veranstalten. Es ist alles geregelt, die Bühne, die Genehmigung, die Security. Jetzt müssen wir nur noch ein paar Hebel in Gang setzen, damit die Fans bis dahin Bescheid wissen. Ich habe zwar bereits einem hiesigen Radiosender Bescheid gesagt, aber wir sollten auf Nummer sicher gehen. Na, habe ich das nicht hervorragend gemacht? Komm schon, Kathy! Sag mir, dass ich ein Held bin!“ - „Paddy, du bist ein Idiot.“ - „Was?“ - „Morgen Nachmittag können wir nicht! Da ist die Aufzeichnung der Fernsehsendung, die nächsten Samstag ausgestrahlt wird.“ - „Oh nein! Daran habe ich nicht gedacht. Mist. Und nun?“ - „Musst du da wohl alleine durch.“ - „Die erwarten ein Konzert der Kelly Family und nicht nur von mir! Klar habe ich gesagt, ich würde das auch alleine machen, aber das war doch nicht ernst gemeint!“ - „Was soll ich denn machen? Der Termin morgen ist fest zugesagt und auch schon in einem Fernsehspot angekündigt worden. Du musst da wie gesagt wohl oder übel alleine durch!“ - „Kann ich nicht zumindest Angelo haben? Bitte, gib mir wenigstens den Kleinen!“

Kathy runzelte die Stirn. „Hm, von mir aus. Aber das musst du mit ihm selbst klären.“ - „Mach ich. Bis gleich.“

Du, Angelo, ich war doch schon immer dein Lieblingsbruder, oder?“ begann er schleimend, als er das Zimmer betrat. - „Wie kommst du denn auf den Stuss?“ - „Ich hatte immer so den Eindruck. Okay, abgesehen von dem Abend, als du mir die Nase gebrochen hast. Aber so generell...“ - „Paddy, was willst du?!“ stöhnte er und verdrehte die Augen, als er von seinen Unterlagen aufblickte.

Paddy setzte sich neben ihn und setzte sein brüderlichstes Gesicht auf. Mit wenigen Worten erklärte er ihm, wo sein Problem läge. „Und wie is´? Bist du dabei?“ - „Ähm, was kriege ich denn dafür?“ - „`N Schlag an Hals, wenn du es nicht tust.“ - „Dann nehme ich lieber den.“ - „Oh Mann! Fein, du hast was gut bei mir, okay?“ - „Geritzt!“ nickte der Jüngere der Beiden und wandte sich wieder seinen Papieren zu. - „Das heißt, du trittst morgen mit mir auf?“ - „Ja.“ - „Du bist der Beste! Ich könnte dich küssen!“ - „Wage es ja nicht! Ich habe einen Kugelschreiber und keine Hemmungen diesen als Waffe zu benutzen!“

Paddy lachte erleichtert. „Nein, nein, alles gut. Nur keine Panik. Aber vielen Dank dass du mir beistehst!“

Paddy hatte keinen Zweifel, dass er es auch alleine geschafft hätte, doch mit Angelo zusammen hatte er nicht nur eine größere Songauswahl, sondern schlichtweg mehr Spaß. Inzwischen freute er sich sogar auf den morgigen Tag. Er hatte zwar schon mit Angelo allein in diversen Fernsehstudios gesessen, aber ein ganzes Konzert nur mit ihnen alleine war neu. Eigentlich konnte es nur cool werden.

Hoch motiviert ging er zu Maite ins Zimmer, um sie zu fragen, ob sie ihm bei der Promotion helfen würde. Natürlich war sie mit von der Partie und gemeinsam mit Angelo, Barby, Jimmy, John und Joey rannte er durch die Stadt und verteilte eiligst gedruckte Plakate. Maite hatte sie entworfen und sie hatten sie in einem Copyshop vervielfältigen lassen. Sie fühlten sich beinahe an die alten Zeiten erinnert.

Mit Mützen, Kaputzenpullis und dicken Schals vermummt, waren sie unterwegs und es schien ihnen, als würde es trotz der vielen Leute ewig dauern, bis die letzte Bekanntmachung an einer Litfaßsäule angebracht war.

Durchgefroren machten sie es sich in einem kleinen Café gemütlich, wo sie sich mit heißem Kakao wieder aufwärmten.

Und meint ihr, es hat was gebracht? Also ich meine, ob morgen genug Leute kommen werden?“ warf Paddy nachdenklich in die Runde und nippte an seinem Becher. - „Wenn nicht, war die Mühe umsonst.“ grummelte Maite, lachte aber sogleich. „Ach was, es werden schon ein paar Leutchen dort auftauchen.“ - „Genug ist auch relativ. Ich hätte da gar kein Problem mit, wieder mal ein kleines Straßenkonzert zu geben. Hat doch was für sich.“ fand Angelo und auch Paddy musste ihm Recht geben.

Nun blickten die anderen fast neidisch auf sie und das anstehende Konzert.


Es war spät geworden, als sie zurück ins Hotel kamen und Paddy legte sich gleich in Shorts mit Zettel und Stift bewaffnet ins Bett. Konzentriert machte er sich daran, eine Liste der Songs aufzustellen, die sie spielen wollten. Auf jeden Fall sollten Angelos Duette dabei sein, wie „Because it´s love“ und „I can´t help myself“. Der Klassiker „An Angel“ sollte auch nicht fehlen. Sie hatten ihn zwar schon ein Jahr nicht mehr auf der Bühne gespielt, doch gerade das würde die Fans sicher erfreuen.

Nach einigem Hin und Her setzte er auch „One more freaking dollar“ und „Why don´t you go“ mit auf die Liste.

Er war so vertieft in seine Notizen, dass er gar nicht merkte, wie Angelo mit gerunzelter Stirn auf das Bett zu kam. Dieser rang kurz mit sich und legte sich schließlich neben seinen Bruder. Er hatte ein seltsames Gefühl, immerhin war es schon Jahre her, dass sie zuletzt ein Bett geteilt hatten.

Angi, was hältst du von „I feel love“? Das Neue, dass du mir neulich vorgespielt hast.“ - „Joa, meinetwegen.“ - „Super, das kommt bestimmt gut an. Ich dachte außerdem auch noch an „One more song“ und „Once in a while“. Glaubst du, du könntest „Who´ll come with me“ in einer tieferen Version singen?“ - „Oh, keine Ahnung. Kann sein. Mann, ich will jetzt schlafen. Mach was du willst und wir proben das morgen einfach, okay?“ stöhnte Angelo genervt und drehte sich auf die Seite. - „Ja, alles klar. Schlaf gut.“

Paddy überflog die Liste wieder und wieder, bevor er das Licht löschte.

Er wurde wach, als Angelo ihn äußerst unsanft in die Rippen stieß.

Mann, nun wach endlich auf!“ - „Was ist denn los?“ nuschelte Paddy verschlafen und wischte sich reflexartig den Schweiß von der Stirn. Mühsam blinzelte er gegen das Licht der Nachttischlampe an, die sein Bruder schon angemacht hatte, bevor er aufgewacht war.

Naja, zuerst hast du den Arm um mich gelegt und mit einer echt schrecklich säuselnden Stimme „Ach, Mel...“ ins Ohr geflüstert. Okay, da wurde mir schon ganz mulmig, aber ich habe gedacht, wenn du nichts weiter machst, sondern gleich weiter schläfst, ignoriere ich das einfach. Doch auf einmal hast du unverständliches Zeug geschimpft. Du warst ganz zornig und hast nach mir geschlagen und dich in meinen Arm gekrallt.“

Er hielt ihm zum Beweis die Spuren unter die Nase, die er in seiner Haut hinterlassen hatte.

Da wurde mir dass dann doch unheimlich, also habe ich dich geweckt.“ Angelo blickte unsicher umher, um seinem großen Bruder nicht in die Augen zu sehen und schien nach Worten zu suchen. „Ähm, Pad, sei mir nicht böse, aber ist alles okay zwischen dir und Mel? Du ... ähm... Schlägst sie doch nicht, oder?“ - „Was? Bist du irre? Wie kommst du auf den Scheiß?“ - „Du hast doch anfangs gedacht, ich sei Mel und dann wurdest du so wütend und handgreiflich. Ich konnte nicht ganz verstehen, was du gesagt hast, aber ich habe ihren Namen nochmal gehört.“

Paddy ließ den Kopf hängen und wischte sich noch einmal über die Stirn, auf der der Schweiß nun inzwischen abkühlte. Allmählich dämmerte ihm, was eben in seinem Traum passiert war. Er war mit seinem Mädchen unterwegs gewesen, als Frank auftauchte und dann hatte er die Beherrschung verloren.

Er seufzte tief, bevor er zu erzählen begann. „Nein, Angelo, ich würde nie auf die Idee kommen, meine Kleine zu schlagen und es kränkt mich ehrlich gesagt ein wenig, dass du mir so was überhaupt zutraust.“ - „Es tut mir leid, dass ich diese Frage laut ausgesprochen habe. Eigentlich traue ich dir das nicht zu, aber dein Verhalten war so komisch. Erst bist du bei Mel geblieben, weil es ihr angeblich schlecht ging und dann haut sie ohne dich ab. Und jetzt dein Traum. So wie ich dich kenne, bist du der Letzte, bei dem ich auch nur im entferntesten an so etwas denken würde. Aber ich wollte lieber auf Nummer sicher gehen.“ - „Versteh schon.“ Paddy nickte und presste verbittert die Lippen zusammen, aber bei genauerem Hinsehen, musste er sich eingestehen, dass das Ganze auf Außenstehende tatsächlich seltsam wirken konnte.

Aber Pad, was ist denn dann mit dir los?“ - „Ach, es ist eine etwas längere Geschichte.“ - „Ich habe Zeit...“

Paddy nickte wieder und begann zu berichten.

Angelo klappte so einige Male die Kinnlade runter und mehrfach murmelte er leise Schimpfworte vor sich hin.

Oh mein Gott. Das habe ich nicht geahnt.“ erwiderte er fassungslos, als Paddy geendet hatte. - „Wie solltest du auch?“ nahm dieser ihn in Schutz. „Wir haben ja mit keinem darüber gesprochen.“ - „Mir tut es trotzdem alles so leid. Und dann komme ich auch noch mit so schwachsinnigen Verdächtigungen. Du tust alles für deine Frau, lässt alles stehen und liegen. Und ich kann dich sehr gut verstehen. Wenn ich mir vorstelle, dass Kira so etwas passieren könnte...Gott, mir wird schlecht allein bei dem Gedanken daran. Und auch was du von damals erzählt hast, ich wüsste nicht, was ich machen sollte, wenn ich ohne Bodyguards so angegriffen worden wäre wie ihr.“ - „Das habe ich bis dahin auch nicht gewusst. Und selbst wenn man darüber nachdenkt, kann man sich gar nicht vorstellen, wie man sich in einer solchen Situation fühlt. So hilflos und ausgeliefert gegenüber der Überzahl.“ - „Und dann musstest du auch noch mit ansehen, wie Mel weggeschleppt wurde, ohne ihr auch nur irgendwie helfen zu können.“

Paddy nickte stumm.

Und dann ist er ihr wieder begegnet und du hast erst hinterher davon erfahren, weil du in einem dämlichen Fernsehstudio saßt. Du musst dich beschissen gefühlt haben.“ - „Ja, danke, dass du noch einmal darauf hinweist.“ - „Hey, so war das nicht gemeint. Ich habe nur versucht, mich in deine Lage hinein zu versetzen. Kann ich euch irgendwie helfen?“ - „Nein, leider nicht. Aber danke.“

Brüderlich legte Angelo die Hand auf die Schulter seines Bruders. Er wollte wirklich gerne irgendwas für die beiden tun, aber er wusste auch nicht was.

Ich finde es wirklich beeindruckend, dass man dir nie etwas angemerkt hat. Du hast immer alles so durchgezogen. Ja, du hast manchmal gefehlt und wir wunderten uns auch, was denn los war, aber wenn du da warst, dann auch zu 100%.“ - „Muss ich doch. Die Fans können schließlich nichts dafür, dass in meinem Leben nicht alles glatt läuft. Die wollen ihre Show sehen, haben gutes Geld dafür bezahlt.“

Angelo schüttelte den Kopf. „Ich bin ebenso aufgewachsen wie du, aber ob ich das in dem Maße umsetzen könnte wie du, weiß ich nicht.“ - „Doch Angi, ich kenne dich. Du bist ein Profi, du wurdest dazu erzogen. Wir wollen jetzt mal nicht an deine vermasselte Show denken, aber auch du gibst immer alles. Und du musstest im Verhältnis zu mir gesehen, viel früher mit diesem ganzen Ruhm und Trubel klar kommen. Ich hatte länger Zeit da hinein zu wachsen.“

Beide schwiegen einen Moment, bis Paddys Blick auf die Uhr fiel. „Auch morgen müssen wir eine gute Show liefern. Außerdem müssen wir zusätzlich das Fehlen der anderen ausbügeln. Wir sollten schlafen.“ - „Aber wehe, du schlägst mich nochmal...“ - „Ich gebe mir Mühe.“

Sie löschten das Licht und schafften es tatsächlich, recht schnell wieder einzuschlafen.

Am nächsten Morgen sprang Paddy früh aus dem Bett. Er war völlig übermüdet, merkte aber, dass er nicht weiter schlafen konnte. So joggte er eine Runde durch einen nahe gelegenen Park, um seinen Kreislauf in Schwung zu bringen, und hüpfte anschließend unter die Dusche.

Als er wieder ins Hotelzimmer kam, war Angelo auch aufgestanden. Beide verloren kein Wort mehr über das nächtliche Thema und konzentrierten sich ganz auf die anstehende Show. Die Liste mit den Liedern hatten sie schnell zu Ende bearbeitet und noch so einige Songs mehr hinzu gefügt. Nun verbrachten sie den Rest des Vormittags damit, eine leicht abgewandelte Form von „Who´ll come with me“ zu üben. Diese wollten sie als letzte Zugabe spielen.

Schließlich war es soweit und sie mussten zum offiziellen Soundcheck zur Bühne, auch um zu sehen, ob allgemein alles zu ihrer Zufriedenheit aufgebaut worden war.

Im Gegensatz zu den alten Straßenkonzerten hatten sie natürlich Absperrungen direkt vor der Bühne anbringen lassen und auch ein abgezäunter Backstagebereich war geschaffen worden, doch als die Beiden dort auftauchten, erlebten sie eine Überraschung.

Sie hatten mit beiden Extremen gerechnet, dass entweder alles überfüllt wäre und bereits mächtig Gedränge los wäre oder dass ihre spontane Plakat- und Radioaktion auf größtenteils taube Ohren gestoßen war.

Als sie um die Ecke bogen, stellten sie enttäuscht fest, dass offenbar niemand da war. Enttäuscht kamen sie näher und erkannten sie, dass die Fläche vor der Bühne doch voller Menschen war. Aber alle saßen friedlich beisammen und nirgendwo herrschte das sonst übliche Gedränge. Selbst als die Beiden näher kamen, standen nur vereinzelte auf, um einen Blick auf sie zu erhaschen.

Paddy und Angelo wussten nicht, was sie in sie gefahren war, doch sie nahmen die Entwicklung freudig zur Kenntnis.

Neugierig verfolgten sie die Augen der Wartenden und der ein oder andere hob die Hand und winkte, als sie im Backstagebereich verschwanden.

Kurz darauf tauchten sie immer noch in normaler Kleidung auf der Bühne auf, wo sie sich dem Soundcheck widmeten. Um nicht zu viel vorweg zu nehmen, spielten sie keine Songs aus dem Programm. Angelo stimmte „Leaving on a jetplane“ sowie „Flugzeuge im Bauch“ an und Paddy „Dirty old town“ und „Stay beside me“.

Angelos wenige Zeilen des alten John Denver Songs kam so gut im Publikum an, dass sie alle mit sangen und die Beiden überlegten, ob man das Lied nicht künftig auch ins reguläre Programm aufnehmen sollte.

Schließlich stimmten die Einstellungen und sie verließen die Bühne wieder. Sie waren jedoch noch nicht mal am Fuß der Treppe angekommen, als Paddy sich händereibend umdrehte und zurück zum Mikrofon lief.

Hey Leute, ist euch auch so kalt wie mir? Ihr seid zwar zum Teil in Wolldecken eingewickelt, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass ihr euch besser fühlt als ich, ne. Ich werde mal versuchen, euch was Warmes zu trinken zu organisieren, okay?“

Begeistertes Klatschen setzte ein und grinsend schaute er sich um. Ganz in der Nähe war ein Café, auf das er ziemlich wagemutig schnurstracks zulief. Ein paar wenige Fans folgten ihm, aber die meisten wollten ihre gesicherten Plätze nicht aufgeben.

Er bat die aufgeregten Kellnerinnen so viel heißen Kakao kochen zu lassen, wie irgendwie möglich war und ihn kostenlos im Publikum zu verteilen. Die Rechnung würde er dann übernehmen.

Auf dem Rückweg kam er nicht umhin einige Autogramme zu verteilen und mehrfach freundlich in Kameras zu lächeln.

Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass er noch gut eine Stunde Zeit hatte, bevor das Konzert losgehen sollte. Selber auch mit einer großen Tasse Kakao bewaffnet, setzte er sich hinter die Bühne, holte sein Handy heraus und wählte Mels Nummer.

Hey Schatz! Wo seid ihr? Was macht ihr? Geht’s dir gut?“ redete er munter auf sie ein und ließ sie kaum zu Wort kommen. - „Hallo Pad. Ja, mir geht’s gut. Wir sind in Berlin unterwegs. Waren gerade im KaDeWe. Oh Mann, ich musste mich echt zurückhalten, um dir nicht tausend Souvenirs mitzubringen, aber abgesehen vom Geld, dass das gekostet hätte, wusste ich auch gar nicht, wie ich die alle hätte mit schleppen sollen. Und bei dir? Was machst du?“ - „Wir haben gleich ein Konzert, nur Angelo und ich. Ich muss zugeben, dass ich ein bisschen aufgeregt bin. Sitze gerade hinter der Bühne.“ - „Du und nervös?!“ - „Nein, nicht nervös, aufgeregt! Es ist schon irgendwie spannend in so reduzierter Form aufzutreten. Der Soundcheck eben war zumindest schon sehr vielversprechend.“ - „Das glaube ich. Wünsche euch ganz viel Spaß. Ach, ich soll dich von Tina grüßen. Die isst gerade ein Eis...und das bei der Kälte!“ - „Typisch. Das klingt ganz nach ihr!“ lachte Paddy und kratzte sich an der Nase. „Maus, du fehlst mir jetzt schon.“ - „Du mir auch. Schön, dass du angerufen hast.Ich liebe dich.“ - „Ich dich auch. Aber wieso würgst du mich so ab?“ - „Wir haben gerade einen kleinen Second Hand Shop entdeckt. Da müssen wir jetzt unbedingt rein und ich mag da drin nicht telefonieren.“ - „Alles klar, Frauen im Shoppingfieber. Dann grüß Tina ganz lieb zurück. Mach´s gut.“

Mel legte auf und steckte das Handy in die Tasche zurück, bevor sie die Tür aufdrückte.

Das Klingeln einer geradezu antiken Türglocke lockte die Verkäuferin herbei. „Hallo, kann ich euch helfen?“ - „Danke, nein. Wir gucken erstmal nur.“ erwiderte Mel und Tina war schon längst zwischen den Kleiderständern und Regalen verschwunden.

Mel sog den Duft von Patchouli ein, der offenbar von einem Räucherstäbchen zu kommen schien und begann ebenfalls, sich durch die Kleiderbügel zu wühlen.

Guck mal! Ist das nicht genial?“ Sie hielt einen knallroten Wildledermantel in die Luft, dessen Schnitt und Farbe es ihr sofort angetan hatte. Auch Tina war sofort Feuer und Flamme. „Wenn der dir nicht passt, nehme ich den!“ - „Der wird schon passen.“ kicherte Mel und schlüpfte hinein. Er saß wie angegossen.

Als sie sich zu Tina umdrehte, hielt diese ihr gerade ein Fischerhemd entgegen. „Was meinst du?“ - „Scheußlich!“ lachte Mel und rümpfte die Nase. Enttäuscht hängte Tina es zurück.

Aber was ist nun mit dem Mantel?“ hakte Mel aufgedreht nach. - „Perfekt, wirklich, der ist wie für dich gemacht!“

Mel zögerte nicht lange. Selten war sie so überzeugt von einem Kleidungsstück gewesen.

Ahhh, den muss ich auch haben!“ Sie zeigte auf einen ziemlich bekloppten Hut, den kaum einer auch nur zum Karneval aufsetzen würde. „Der ist was für Pad!“ lachte sie und legte ihn neben die Jacke auf einen Stuhl. - „Das ist nicht dein Ernst! Den würde nicht mal dein Mann tragen!“ - „Doch, das wird er und wenn es nur ist, weil er von mir ist.“

Tina ließ es gut sein und widmete sich den anderen Klamotten. Auch sie fand noch eine Hose und ein Oberteil, denen sie nicht widerstehen konnte.

Und jetzt?“ fragte Mel, als sie sich vor dem Laden in die Sonne setzten. - „Lass uns zur Waldbühne. Ich habe irgendwo ein Plakat gesehen, dass dort heute Abend auf einer riesigen Leinwand die Rocky Horror Picture Show läuft. Eine Freundin hat mir erzählt, dass dies ein riesiges Ereignis ist. Fast alle verkleiden sich und werfen mit Reis, Mehl und sprühen mit Wasser herum!“ - „Klingt genial! Vielleicht kriegen wir noch Karten.“ - „Bestimmt! Aber erstmal müssen wir uns passende Kleidung besorgen!“ - „Was denn für Kleidung?“ - „Oh Mel, kennst du den Film denn gar nicht?“ - „Nein!?“ - „Nicht?? Na, wir brauchen Strapse und ne Korsage und sowas.“ - „Was?! Ne, vergiss es!“ - „Mel, komm schon, das wird ein Spaß! Nein, ich werde auf keinen Fall in Strapsen irgendwo rumlaufen!“ erklärte Mel felsenfest. - „Wieso nicht?“ - „Will ich einfach nicht, okay?“

Mels Laune wechselte schlagartig von mädchenhaft aufgedreht zu still und in sich gekehrt.

Was ist denn los mit dir?“ Tina setzte sich wieder hin und blickte ihre Freundin irritiert an. - „Tina, ich...“ Sie seufzte leise. „Ach, wir können doch hingehen, ohne uns zu verkleiden. Und einfach den Film ansehen. Das wird auch toll.“

Tina sah sie schief an, gab sich dann aber damit zufrieden.

So machten sich sich auf den Weg.

 

Die Stunde war fast um und langsam stieg auch nach all den Jahren der Adrenalienspiegel von Paddy und Angelo an.

Unruhig trat der Kleinere der Beiden von einem Bein auf´s andere, bis Paddy ihn beruhigend anschaute. „Angi, wird schon. Wir schaffen das sonst auch, also werden wir es auch ohne die anderen hinbekommen. Wir werden die Fans schon rocken!“

Ermutigend lächelte er, aber Angelo verzog nur seltsam die Mundwinkel. Paddy atmete einmal tief, setzte sein obligatorisches Bühnenlächeln auf und trat die ersten Schritte auf die Bühne hinaus.

Angelo blieb stehen.

Paddy!“ zischte er zwischen zusammen gepressten Zähnen hervor. - „Was?“ - „Ich muss auf´s Klo!“

Das Publikum hatte ihn bereits erblickt und sich erhoben. Nun jubelten sie, klatschten und Sprechchöre flammten auf.

Paddy wandte sich nochmal um und runzelte die Stirn. „Angi, komm! Wir haben keine Zeit mehr. Ich steh schon auf der Bühne!“

Angelo biss die Zähne und kniff die Beine zusammen und folgte ihm auf die Bühne.

Mit einem strahlenden Lächeln begrüßten beide das gut gelaunte Publikum und stimmten sofort die ersten Töne von „I feel love“ an.

Das Publikum war von Anfang an gleich voll dabei. Keiner saß mehr, alle standen, sprangen, sangen und klatschten. Die Stimmung war augenblicklich hervorragend.

Angelo saß hinter seinem Schlagzeug, das sie heute bewusst vorne platziert hatten und sang und spielte, was das Zeug hielt.

Geht´s euch gut, ja?“ rief Paddy fröhlich, als die letzten Klänge verstummten und tosende Fans antworteten ihm. „Gleich geht’s euch besser.“

Er nahm seine Akustikgitarre und spielte die ersten Takte von „Because it´s love“. Auch sein Bruder hatte sich eine Gitarre geschnappt und beobachtete Paddy aufmerksam, um den richtigen Einsatz zu finden.

Das Publikum liebte das Lied und Angelo gab wie immer alles.

Doch allmählich bekam er einen äußerst verkniffenen Gesichtsausdruck. Geradezu penetrant versuchte er Paddy eindeutige Zeichen zu geben und machte die verzerrtesten Gesichter, die man sich vorstellen konnte, aber sein Bruder hatte den Blick starr nach vorne auf die Fans gerichtet.

Als das Lied zu Ende war, holte Paddy lediglich tief Luft, um gleich darauf „One more freaking dollar“ anzustimmen.

Angelo verdrehte genervt die Augen und stellte sein anfangs noch recht munteres Gezappel nun gänzlich ein.

Langsam fiel auch Paddy die Mimik und die steife Körperhaltung seines Bruders auf, hatte aber keine Möglichkeit nachzufragen, was los sei, doch schließlich zog auch er die Augenbrauen zusammen, als Angelo immer noch vorne stand, statt sich hinter sein Schlagzeug zu begeben.

Nun erkannte Paddy eindeutig, wo der Nachteil an einem Konzert zu zweit lag...niemand konnte kurz ein paar Worte austauschen, geschweige denn mal eben von der Bühne hüpfen, ohne dass es jemand bemerkte.

Entschuldigend zuckte Paddy mit den Schultern und Angelos Kopf nahm immer mehr eine rosa Färbung an.

Endlich hatte Paddy Mitleid und tat etwas, was er sonst eigentlich nie machte. Er unterbrach das Lied.

Sorry, Leute, wir machen mal zu einer ganz unüblichen Zeit eine kurze Pause.“

Ein überaus dankbarer Blick von Angelo traf ihn, bevor dieser eiligst von der Bühne stürmte.

Paddy stand hinter dem Mikro und wandte sich zum Publikum zurück.

Hey, da ich offenbar hier bleibe, muss ich die Zeit überbrücken. Ich kann euch einen Witz erzählen oder ich singe euch alleine was. Was hättet ihr lieber?“

Witz!“ schallte es ihm aus den Rängen entgegen und er zog ein langes Gesicht. „Hm, okay, offenbar habt ihr etwas gegen meinen Gesang. Na gut, dann also einen Witz. Wie ihr wisst bin ich inzwischen verheiratet...“

Einzelnes Gelächter ertönte.

Nein, das war nicht der Witz! Aber den Witz hat mir meine Frau erzählt. Also, passt auf, die Kellys haben sich ein Stinktier gekauft...“ - „Buuuhhhh...“

Nachdenklich kratzte er sich am Kopf. „Okay, ich merke, ihr kennt den also schon. Der ist auch nicht so gut, aber ich musste trotzdem lachen. Ich kann sowieso keine Witze erzählen. Soll ich also doch lieber singen?“

Die Fans applaudierten lachend.

Gut, ich gebe mich geschlagen. Was wollt ihr denn hören?“ - „When you sleep.“ rief eine deutliche Stimme aus den ersten Reihen.

Paddy wurde schwer ums Herz und er schluckte mühsam, um antworten zu können, doch zunächst suchte er fieberhaft nach der Quelle des Rufes.

Woher kannte sie dieses Lied? Er hatte es nur ein einziges Mal auf einem Konzert gespielt, doch dann war Merlin gestorben und seitdem war nicht mal ein Bruchteil dieser Melodie über seine Lippen gekommen.

Dann erkannte er das Gesicht, dass zu dieser Stimme gehörte. Er hatte sie doch gleich erkannt, hatte es aber nicht glauben wollen. Es war Jenny, die ihn übermütig angrinste.

Rasch räusperte er sich und versuchte sich nichts anmerken zu lassen, während er auf einen anderen Teil der Fans blickte.

Ne, lieber was Schnelles. Gibt es noch mehr Vorschläge?“ - „Proud Mary!“ rief jemand anderes und Paddy nickte. „Ja, das passt.“

Er wechselte eilig die Gitarre und legte los. Bald war zumindest augenscheinlich aller Kummer bei ihm verflogen und die Zuschauer klatschten munter mit.

Das Lied war noch nicht zu Ende, als auch Angelo neben ihm wieder auftauchte.

Sein Gesicht wirkte entspannt und endlich konnte auch er sich richtig auf das Konzert konzentrieren. Erleichtert stellte er sich an sein Mikro und sang aus vollem Hals den Refrain mit.

Ach, da ist er ja wieder.“ Paddy nickte schief zu seinem Bruder hinüber, nachdem er die letzten Noten gespielt hatte. „Dann können wir ja weiter machen. Also nun kommt ein Lied, das müssten die meisten von euch kennen. Und ihr könnt es heute schön laut mitsingen, okay?“

In der Tat kannten die meisten Fans zumindest diese Ansage bereits, hatten sie aber schon länger nicht mehr von ihm gehört und warteten nun gespannt, ob tatsächlich das Lied kam, mit dem sie rechneten. Entsprechend groß war der Jubel, der ausbrach, als die ersten Akkorde erklangen. Doch die Spannung legte sich immer noch nicht, denn sie wussten, dass Angelos Stimme den Refrain von „An Angel“ niemals mehr standhalten würde.

Und wirklich, als es soweit kam, stellten sie begeistert fest, dass die beiden Brüder die Tonlage verändert hatten, was dem Lied aber keineswegs geschadet hatte.

Feuerzeuge waren aufgeflammt und gaben dem Konzert in der aufkommenden Dämmerung eine atemberaubende Atmosphäre.

Paddy war inzwischen wieder ganz im Hier und Jetzt angekommen und sang sich die Seele aus dem Leib.

Tatsächlich rockten sie die Fans, als sie einen zweites Mal „One more freaking dollar“ anstimmten und bei „Once in a while“ waren schließlich alle ganz aus dem Häuschen.

Jedes weitere gespielte Lied wurde begeistert angenommen und mit gegrölt.

Zum Schluss spielten sie ganz traditionell „Take my hand“ und diesmal ging nicht nur Paddy hinunter, sondern auch Angelo drehte eine Runde an den vordersten Reihen vorbei.

Und immer noch stand Jenny dort, aber im Gegensatz zu den meisten Fans, die ihm sehnsüchtig die Hände entgegen streckten, hielt sie ihm beinahe reglos einen Zettel hin. Noch ehe er begriff, was er tat, sammelte er ihn ein und steckte ihn zu den Rosen, die er von anderen bekommen hatte in die linke Hand.

Als sie wieder auf der Bühne und auch mit dem schnelleren Teil des Liedes durch waren, verbeugten sie sich in alle Richtungen und verließen schließlich winkend den Schauplatz.

Schnaufend ließ Angelo sich auf einen Stuhl fallen und nahm einen großen Schluck aus seiner Wasserflasche.

Na, das haben wir doch gut gemeistert, oder? Sogar noch besser, als ich erwartet habe.“ - „Mmh.“ Paddy nickte abwesend, ohne ihn anzusehen. - „Hey, was ist los?“ - „Nichts.“

Angelo erhob sich neugierig und schaute auf die Finger seines Bruders. „Was hast du denn da?“ - „Gar nichts.“ wich er mit einem betont belanglosen Unterton aus, wendete den Brief von Jenny aber weiter unschlüssig in seinen Händen hin und her.

Was wäre denn so schlimm daran, wenn er ihn lesen würde? Wahrscheinlich stünde sowieso nur dummes Zeug drin, aber irgendwie...er wusste auch nicht, irgendwie hatte sie einen anderen Eindruck auf ihn gemacht als früher. Sie war älter geworden, wirkte reifer und geradezu erwachsen. Und sie würde es ja nicht wissen, ob er ihn lesen würde oder nicht. Er hatte also nichts zu verlieren...

Angelo beobachtete ihn kurz, zuckte dann jedoch gleichgültig mit den Schultern und stellte die Flasche wieder beiseite. „Komm, wir müssen wieder auf die Bühne. Es ist zeit für eine Zugabe.“

Paddy nickte wortlos, steckte den Brief in seine Hosentasche und folgte ihm die Stufen hinauf.

Tränen liefen über die Gesichter der Fans, als Angelo als letzte Zugabe „Who´ll come with me“ sang.

Voll strahlender Zufriedenheit verbeugte er sich anschließend und verließ zusammen mit seinem Bruder endgültig die Bühne.

Es war inzwischen dunkel geworden und langsam strömten die Fans auseinander.

Umringt von Tom und zwei weiteren Bodyguards machten sich die beiden Kellys auf den Weg zum Wagen, mit dem sie zurück ins Hotel fuhren.

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Kommentare: 12
  • #1

    aimee (Samstag, 18 April 2009 05:34)

    Die Dialoge zwischen Paddy und Angelo finde ich einfach genial!

    Und noch ein Lob:
    Ich finde den Szenenwechsel von dir richtig toll geschrieben. Erst erzählst du von Paddy, dann das Telefonat mit Mel und als die beiden auflegen, geht es fließend mit Mel und Tina weiter.
    Weiß nicht warum, aber ich finde die Stelle echt klasse!

    Und jetzt bin ich gespannt, was diese Jenny schon wieder will! :-/

  • #2

    melsgesammeltekatastrophen (Samstag, 18 April 2009 10:46)

    Hi Aimee, toll, dass du immer noch so fleißig am lesen bist! Ich freue mich jedes Mal sehr über dein Feedback! Hab jetzt gar nicht so den Überblick, aber ich will die Geschichte ja drucken lassen als Buch, wenn du Interesse hast, schreib mir ne Mail :D

  • #3

    paddy90 (Montag, 18 Mai 2009 22:56)

    „Geht´s euch gut, ja?“ „Gleich geht’s euch besser.“
    ich liebe diesen satz von paddy :D

  • #4

    Leila (Samstag, 28 November 2009 18:50)

    Ohhh, was für ein tolles Kapitel! Da hast du bei mir voll ins Schwarze getroffen ^^ Am Anfang ist es natürlich super traurig, ist echt schlimm, dass Mel das alles durchmachen musste! Aber ich hab mich super gefreut, dass Tina wieder aufgetaucht ist! Und so eine Reise mit der besten Freundin tut Mel bestimmt sehr gut!

    Und dann die Szenen mit Paddy und Angelo! Also für ein Konzert von den Beiden wäre ich um die ganze Welt gereist :-) Und die Dialoge! So genial! Ich lag vor Lachen unterm Tisch...

    „Kann ich nicht zumindest Angelo haben? Bitte, gib mir wenigstens den Kleinen!“

    „Naja, zuerst hast du den Arm um mich gelegt und mit einer echt schrecklich säuselnden Stimme „Ach, Mel...“ ins Ohr geflüstert.

    --> Der arme Angelo :-)))

    ICh bin jetzt nur mal gespannt, was diese Jenny wieder will...oh man, irgendwie muss immer jemand das Glück stören...

    Ich freu mich aufs nächste Kapitel!!! ^^

  • #5

    nicky (Montag, 13 September 2010 00:22)

    ja da bin ich auch mal gespannt!^^ aber ich muss jetzt ins bett!llleeeiiiddderrr!!!

    ja und es kam auch endlich mal vor das Paddy ein paar Tränen bekommen hat!wurd aber auch mal zeit!

  • #6

    melsgesammeltekatastrophen (Montag, 13 September 2010 00:44)

    oh doch, der hatte auch schon mal tränen in den augen. das wirst du aber offenbar überlesen haben. Es tut mir auch leid, dass es dich langweilt, dass mel nun so im vordergrund steht, aber es ist nun einmal ihre geschichte. Und den kellys ist durchaus auch mal was passiert ;)
    dann schlaf mal gut. :)

  • #7

    Die Micha (Dienstag, 14 September 2010 06:48)

    NEIN nicht schon wieder die olle Jenny!!! :-(


    Wünsche euch allen einen wunderschönen Dienstag!!! :-)

  • #8

    holla die waldfee (Montag, 27 Juni 2011 09:28)

    und ich hab mich schon gefragt, was eigentlich mit tina passiert ist... schön, dass sie wieder da ist!

    aber ich warte ja noch auf einen teil, wo mal nur friede freude eierkuchen herrscht...

  • #9

    Bella (Sonntag, 25 September 2011 13:13)

    Also dein Angelo entspricht nur zum Teil dem Bild, dass ich mir von ihm in den Jahren gemacht habe! Diese "mir ist es egal"-Haltung finde ich in der Geschichte zwar witzig, passt aber so gar nicht zu ihm, wie ich meine ;-)

  • #10

    Katrinka (Dienstag, 05 März 2013 21:36)

    Oh je, arme Mel....

    „Urlaub? Ohne mich? Schatz, ich habe extra eine Tourpause eingelegt. Findest du das jetzt nicht etwas seltsam, also fast ein bisschen undankbar?“

    Also ich für meinen Teil gebe ihm da mal recht.

    „Kann ich nicht zumindest Angelo haben? Bitte, gib mir wenigstens den Kleinen!“

    Das klingt irgendwie....ich weiß auch nicht. Als ob Angelo nur so als Statist dabei sein soll, damit sich Paddy nicht so einsam fühlt :-)

    So, den Rest lese ich morgen, meine bessere Hälfte will ins Bett...
    (istr übrigens gar nicht so einfach, nach Stunden in der Mel-und Paddy-Welt einfach so wieder im normalen Leben anzukommen) :-)

  • #11

    Marie (Mittwoch, 03 April 2013 12:38)

    schon wieder jenny? -.-
    boaaah eigentlich wollt ich jetz zu meinem papa aber ich komm von ser story nicht weg ;D

  • #12

    Emma (Freitag, 08 Januar 2016 20:27)

    Ach die arme Mel, echt ein scheiß typ dieser Frank.
    Toll das Tina wieder da ist.
    weniger toll das Jenny auch wieder aufgetaucht ist.
    Die Sprüche von Paddy bei dem Konzert, wieso kommen die mir nur so bekannt vor? :-)