Auf der Suche nach Weihnachten

Auch die nächsten Tage verbrachten sie mit Vorbereitungen für den heiligen Abend.

Maite und Sam kamen zurück und die Urlauberin testete bereits die letzten drei Tage vor Weihnachten die verschiedensten Gerichte, um an Heiligabend auch wirklich das Richtige auf den Tisch zu bringen.

Die anderen wollten ihr zwar nicht zu nahe treten, wiesen sie aber im eigenen Interesse dennoch dezent daraufhin, dass sie nächstes Jahr lieber mindestens eine Woche vorher mit dem Probekochen beginnen sollte. Immerhin gab es so jeden Tag ein Festmahl, denn selbstverständlich misslang Maite nie etwas.

Endlich war es soweit, der heilige Abend war gekommen.

Das ganze Schloss duftete nach Plätzchen, Kerzen, Zimt und Tannenzweigen. Die Gesichter der Kellys und ihrer Liebsten strahlten mit dem polierten Silber um die Wette und alles war festlich hergerichtet.

Die Männer hatten einen wunderschönen Weihnachtsbaum besorgt, den die Mädchen gemeinsam geschmückt hatten. Die Festtafel war gedeckt und Maite hatte das Essen, so weit es ihr möglich war, vorbereitet und nun wollten sie gerne auf´s Land in eine kleine Kirche fahren, um einen Gottesdienst zu besuchen. Sie mussten schon ein Stückchen Weg hinter sich bringen, aber dafür war das Gotteshaus wirklich sehr überschaubar und selbst zu Weihnachten waren dort so wenig Menschen, dass sie sich jedes Jahr fragten, ob hier im nächsten Jahr überhaupt noch ein Gottesdienst stattfinden würde. Und die meisten der nicht einmal hundert Anwesenden kamen von den umliegenden Gütern und Dörfern und hatten bereits deutlich mehr Lenze gezählt als der gemeine, übliche Kellyfan.

So wollten sie voller Vorfreude gerade aufbrechen, als Mel ohne Jacke die Treppe herunterkam. Die eine Hand hatte sie an die Stirn gelegt und stöhnte mit schmerzverzerrtem Gesicht. „Fahrt ruhig ohne mich, mir platzt gleich der Schädel! Mir ist schon ganz schlecht vor Kopfweh!“ - „Soll ich hier bleiben?“ fragte Paddy sofort besorgt, aber Kira sprang förmlich dazwischen. „Ne, lass mal, ich bleibe sowieso auch hier, weil ich mit meinen Vorbereitungen immer noch nicht fertig bin. Ich werde mich ein bisschen um sie kümmern. Wir bringen dann auch die Geschenke in die Bescherungsecke und sorgen für den letzten Schliff.“ - „Genau, mach dir keine Sorgen, Kira ist ja da. Außerdem werde ich mich lieber erst mal eine Stunde hinlegen, vielleicht sieht die Welt hinterher schon anders aus.“ - „Bestimmt.“ nickte Paddy und zog sich die Jacke an. „Aber wenn ich doch bleiben soll, musst du es nur sagen!“

Doch nun meldete Tina sich zu Wort. „Das ist lieb gemeint, aber ich werde auch nicht mit in die Kirche fahren. Wie ihr wisst, bin ich nicht so besonders gläubig und ich finde es scheinheilig, dann zu Weihnachten so zu tun als ob. Aber ich weiß, dass du gerne betest, also mach dir keine Sorgen um Mel, die ist bei uns in guten Händen!“ - „Davon bin ich überzeugt, aber ich mach mir doch trotzdem Gedanken.“ - „Das musst du nicht, es ist wirklich in Ordnung, Schatz. Bis nachher.“ bestätigte Mel auch noch einmal und lächelte müde.

Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange und ging langsam die Stufen hinauf, während die anderen durch die Tür ins Freie traten.

Draußen war es wie schon seit Tagen bitterkalt, so dass das Gewässer um das Schloss eine Eisschicht bekommen hatte, doch der enorme Schneefall von neulich hatte sich nicht fortgesetzt. Von Zeit zu Zeit waren magere Schneeflocken aus den Wolken gefallen, doch es reichte nie, dass die Jungs ihre Schlittenpartie machen konnten. Auch zu seinem Schneemann war Sean bisher noch nicht gekommen.

Jetzt nahm der weiße Niederschlag jedoch zu und machte sogar Anstalten, liegen zu bleiben.

Alle liefen zum Kleinbus und machten sich auf den Weg zum Gottesdienst.

Als sie Stunden später nach einer schier endlosen Autofahrt zurückkehrten, war die Stimmung im Schlosse Kelly außergewöhnlich heiter und die Familie wurde direkt an der Tür begrüßt.

Meike, die für zwei Tage bei ihren Eltern zu Besuch gewesen war, war nur kurz nach der Abfahrt der anderen auf Gymnich aufgetaucht.

Nun rannten die vier Mädchen gackernd durch die Eingangshalle, während die Zurückgekehrten sich ihrer Jacken entledigten.

Hey Kleine, dir geht’s ja offenbar wieder besser.“ freute sich Jimmy, als er seine schneeigen Schuhe gegen Puschen tauschte und Mel dabei an ihm vorbeilief.

Ja, ich fühl mich wieder ganz gut. Wie war die Kirche?“ - „War sehr schön! Schade, dass du nicht dabei sein konntest. Es hätte dir sicher auch gefallen.“ - „Ja, aber ich denke, es ist besser, dass ich hier geblieben bin. Aber schön, dass ihr Spaß hattet. Aber ihr habt ja so ewig gebraucht, dass ich dachte, ihr kommt gar nicht mehr wieder. Ich habe mir fast schon Sorgen gemacht.“ - „Wir konnten nicht besonders schnell fahren wegen des Wetters.“ - „Ne, dann auch besser auf Nummer sicher gehen. Naja, zumindest ist nun alles soweit vorbereitet. Es kann gleich losgehen!“

Die Kellys und die Mädels machten sich noch einmal frisch, bevor es zur Bescherung gehen sollte, dann standen sie dicht gedrängt vor der Tür des Wohnzimmers, wo der Weihnachtsbaum stand.

Schließlich waren alle vollzählig und Angelo öffnete langsam die Tür. Neugierig trat er über die Schwelle und die anderen folgten ihm, doch was sie vorfanden, war nicht das, was sie erwartet hatten.

Schrecken lag auf sämtlichen Gesichtern.

Auf allen Gesichtern? Nein, nicht ganz, denn Mel und die drei anderen Mädels hielten sich ziemlich bedeckt im Hintergrund, während Angelo völlig verwirrt durch den Raum rannte.

Was ist hier passiert?! Wo ist die Weihnachtsdeko? Und verdammt, wo ist der Baum hin?“ - „Scheiße, wir sind ausgeraubt worden!“ rief Mel, konnte sich ein Grinsen aber kaum verkneifen, doch da Angelo weiterhin ziemlich durcheinander das Zimmer absuchte, konnte er dies nicht sehen.

Ja, es sieht ganz so aus! Leute, ihr müsst doch etwas mitbekommen haben, während wir in der Kirche waren! Mann, wer klaut denn einen Baum aus einem Haus heraus? Und unsere ganzen Geschenke! Das darf doch nicht wahr sein!“ - „Angelo, beruhig dich mal. Schau dir doch lieber mal unsere vier Grazien hier an.“ John wandte sich amüsiert Mel, Kira & Co zu. „Was habt ihr wieder ausgeheckt?“ - „Gar nichts.“ schmunzelte Mel und blickte unschuldig zur Decke. - „Schatz, wo ist alles hin?“ Paddy trat auf sie zu, legte die Arme um sie und sah ihr tief in die Augen. „Verrat mir, wo die ganzen Geschenke und das Weihnachtsinventar hin ist oder ich lasse dich nie wieder los!“ - „Och, damit kann ich leben!“ Sie schmiegte ihren Kopf an seine Schulter, wurde jedoch durch einen lauten Schrei, gefolgt von einem dumpfen Knall abgelenkt.

Auuu! Scheiße!“ Angelos Stimme erfüllte den Raum, obwohl er mit der Nase auf dem Fußboden lag. - „Was machst du denn da?“ kicherte Kira und ging auf ihn zu, um ihm hoch zu helfen. - „Sehr witzig! Ich bin gestolpert!“ Er schaute sich um und sein Blick fiel auf einen Gegenstand mitten auf dem Fleck, wo der geschmückte Weihnachtsbaum gestanden hatte. „Über diese zwei Backsteine dort. Moment mal, warum liegen Backsteine hier im Wohnzimmer?“

Er rappelte sich auf und stellte sich wieder hin. „Wieso komme ich mir eigentlich gerade so verarscht vor?!“ - „Ich habe keine Ahnung...“ murmelte Mel und ließ sich feixend auf das Sofa fallen. Sie verschränkte die Arme und beobachtete mit Genugtuung ihren Schwager, der sie nun mit verengten Augen anfunkelte.

Pass bloß auf, Madame! Das Wetter wird schlecht, die Ziegelsteine fliegen heute verdammt tief!“

Er bückte sich, um einen aufzuheben, mit dem er ihr spaßhaft drohen wollte, doch dann stutzte er erneut.

Hey, hier ist ein Zettel!“

Dort, wo die zwei Steine sich berührt hatten, fiel nun ein Stück Papier zu Boden, das er neugierig aufhob.

Lass mal sehen!“ Jimmy und Patricia lugten über seine Schulter und alle drei versuchten die zierliche Schrift zu entziffern. Patricia war die Schnellste und las nun laut für alle vor.

 

Wer sucht, was er so sehr begehrt,

dem sei so manche Tür verwehrt.

Und dem sei ebenso gewiss,

auf dieser Suche braucht er Biss.

Ein Weg, nicht einfach einzusehen,

an viele Orte müsst ihr gehen.

Und bevor ihr mich jetzt fragt,

eröffnet sei die Schnitzeljagd!

Kein Baum, keine Geschenke hier,

nun kommt der erste Tipp von mir!“

 

Jetzt traten auch die restlichen näher und Paddy nahm seinem Bruder die Nachricht aus den Fingern.
„Was soll denn das?“ Er zog skeptisch die Brauen zusammen, doch dann hoben sich seine Mundwinkel. „Hab ich mir das doch gedacht! Schatz, das ist deine Schrift!“ - „Möglich...“

Auch die anderen drei Komplizen hatten sich zu ihr aufs Sofa gesetzt und betrachteten nun das muntere Treiben gut gelaunt.

Wo ist denn der Tipp? Lies doch mal weiter!“ forderte Jimmy Paddy ungeduldig auf.

Er war wie die anderen Feuer und Flamme, dem auf den Grund zu gehen.

Hier, auf der Rückseite steht noch was.“ stellte Kathy fest, nahm Paddy den Zettel ab und las vor.

 

Dort, wo die Sonne niemals scheint, liegt der Hund begraben.“

 

Was soll denn das nun wieder heißen? Mel, ist das wirklich dein Ernst?!“ - „Jawohl...Nun strengt euch mal ein bisschen an! Ich weiß doch, dass ihr nicht auf den Kopf gefallen seid!“

Die Kellys standen im Kreis mitten im Wohnzimmer und zermarterten sich die Gehirne.

Wo scheint denn nie die Sonne?“ dachte Maite laut. - „Im Keller!“ antwortete Angelo wie aus der Pistole geschossen. - „Aber der Kellerboden ist zementiert, dort kann also gar nichts begraben sein!“ warf Paddy ein. „Und welcher Hund eigentlich? Geht es Morla gut?“

Doch selbige stand sofort an seiner Seite, als sie ihren Namen hörte. Erleichtert tätschelte er ihren Kopf, während er weiter nachdachte.

Wie du siehst, ist sie wohlauf. Vielleicht ist es ja wirklich nur im übertragenen Sinne gemeint und so auch der erste Teil mit der Sonne.“ überlegte Patricia und Barby sprach bedächtig weiter. „Im Osten geht die Sonne auf, im Süden ist ihr Mittagslauf, im Westen wird sie untergeh´n und im Norden ist sie nie zu sehen.“

Hey, das könnte was sein!“ rief Jimmy aufgeregt. „Was ist denn bei uns im Norden?“ - „Ein verfallener Hundezwinger!“ fiel Joey ein, was er sofort lautstark den anderen mitteilte.

Ja, los! Sehen wir nach!“ Jimmy war der erste, der wieder zu seiner Jacke flitzte und nach draußen eilte, doch die anderen waren nicht viel langsamer.

Sie liefen um das Schloss herum, bis sie zu dem verrottenden Verschlag kamen. John hatte seinen jüngeren Bruder überholt und schob nun mühsam die modrige Gittertür auf, die nur noch am unteren Scharnier befestigt war, das obere hatten Wind und Wetter dahin gerafft.

Da steht ein kleines Kästchen!“ Er kniete sich hin und hob es auf. Seine Finger zitterten vor Kälte, doch er schaffte es schnell, den Verschluss zu öffnen. „Wieder ein Zettel!“ - „Was hast du denn da drin erwartet?! Den Weihnachtsbaum?“ Paddy lachte kopfschüttelnd und nahm den nächsten Hinweis an sich.

Die Dämmerung war inzwischen so weit fortgeschritten, dass er anfangs Mühe hatte, den Text zu entziffern.

 

Folgt eurem allmorgendlichen Weg bis zu dem Ort, an dem es kein Zurück mehr gibt.“

 

Diesmal weiß ich, was sie meint!“ Angelo hatte auf dem Absatz kehrt gemacht und raste los, doch die anderen sahen ihm nur irritiert nach.

Wo willst du denn hin?“ brüllte Jimmy ihm hinterher und wider Erwarten hielt er noch einmal kurz an, um sich umzudrehen.

Na, in die Küche, wohin denn sonst?! Und der Ort, an dem es kein Zurück gibt, damit kann doch ganz eindeutig nur der Kühlschrank gemeint sein!“ - „Angelo, nur weil du nie etwas zurückstellst, weil du nie etwas übrig lässt, gilt das noch nicht für uns alle!“ Patricia grinste höhnisch. „Und außerdem führt nicht der Weg von allen morgens durch die Küche. Ich z.B. esse morgens nur sehr selten etwas.“

Er ließ die Schultern hängen und ging zu den anderen zurück. „Aber was soll denn sonst gemeint sein?“ - „Keine Ahnung, wo gehen wir denn alle jeden Morgen hin?“ - „Ins Badezimmer!“ mischte John sich nun auch wieder ein. „Und der Ort, an dem es kein Zurück gibt...“ - „...kann nur ein Abfluss oder die Toilette sein.“ vollendete Joey den Satz. - „Ich werde nicht ins Klo greifen! Nur um das gleich einmal festzuhalten!“ stellte Angelo klar und vergrub die kalten Hände in den Hosentaschen. - „Schauen wir doch erst einmal, was dort auf uns wartet. Aber welches nehmen wir denn überhaupt? Wir haben ja nicht nur eins hier im Haus.“ - „Naja, eins, das alle benutzen, also am besten hier im Erdgeschoss.“ schlug Paddy vor und machte sich auf den Weg ins Warme.

Doch während er ging, wurde er immer langsamer, er wollte nämlich auch nicht derjenige sein, der ins Klo fassen müsste...

Hast du was gefunden?“ japste Barby, der immer noch die Kälte in den Knochen steckte, aber Paddy schüttelte den Kopf. „Ich habe zwar nicht hineingegriffen, aber in der Kloschüssel scheint nichts zu liegen. Und auch der Abfluss vom Waschbecken ist unberührt. Die Schraube ist zumindest fest wie eh und je.“ - „Okay, also ein Fehlschlag.“ murrte Maite, doch Joey gab noch nicht auf. „Vielleicht ist es ja in der Nähe.“

Er hockte sich hin und tastete die Kloschüssel von außen ab.

Aha, richtig vermutet!“ Triumphierend hielt er einen weiteren Zettel hoch, der mit Tesafilm befestigt gewesen war.

Jimmy konnte es nicht mehr abwarten und schnappte ihn sich.

 

Das Glück dieser Erde liegt auf dem alten Rücken der Zwerge.“

 

Paddy verdrehte die Augen. „Mel, erwähnte ich schon, dass du uns den letzten Nerv raubst?“ - „Ne.“ lachte sie. „Aber irgendwie sieht es für mich auch so aus, als hättet ihr alle mächtig Spaß!“ - „Sehr komisch.“ - „Ja, finde ich auch. Also los jetzt, weiter!“

Okay, also 'das Glück dieser Erde liegt auf dem alten Rücken der Zwerge'...“ Jimmy zuckte mit den Schultern. „Ich habe keine Idee.“

Was ist den unser aller Glück?“ fragte John leise. - „Liebe?“ überlegte Paddy und Mel lächelte verträumt. Sie hatte meist als stille Beobachterin daneben gestanden, trat jedoch nun einen Schritt auf ihn zu und küsste ihn. „Schatz, du bist ja süß!“ - „Ja, ich weiß, aber stimmt es nun?“ - „Nein, tut mir leid.“

Also, klar ist ja schon mal, dass es sich hier offenbar wieder um einen Spruch handelt. Allerdings ist dieser abgewandelt worden.“ dachte Patricia laut. - „Ja, im Original heißt es, das Glück dieser Erde liegt auf dem Rücken der Pferde! Aber wir haben keine Pferde!“ zitierte Angelo. - „Und auch keine Zwerge.“ seufzte Barby, aber Paddy grinste und blickte demonstrativ auf seinen jüngsten Bruder. Verstohlen schielte er um ihn herum.

Was machst du da?!“ keifte Angelo und trat einen Schritt nach hinten. - „Och, ich wollte nur schauen, ob du einen Zettel auf dem Rücken kleben hast.“ gackerte er und vergrößerte zur Sicherheit den Abstand zu ihm. - „Wieso?!“ - „Nur so...“

Ich hab Hunger...“ quengelte Sean, der bisher auch nur schweigend mitgelaufen war.

Alle schauten gleichzeitig auf ihn herunter, aber Kathy ergriff als erste das Wort. „Wir haben doch einen Zwerg! Sean! Und der hatte ein altes Schaukelpferd! Im Sommer ist ein Bein abgebrochen, als John und Jimmy sich gleichzeitig draufgesetzt haben. Seitdem steht es im Schuppen. Lasst uns nachsehen, was anderes fällt mir auch nicht ein.“

Da auch niemand sonst, eine bessere Idee hatte und diese einigermaßen nachvollziehbar war, beschlossen sie, es auf einen Versuch drauf ankommen zu lassen.

Seht ihr!“ Kathy hielt eine kleine Kiste hoch, die auf dem Rücken des hölzernen Huftieres gestanden hatte. „Aber irgendwie ist sie zu schwer für ein einfaches Stück Papier.“ Sie schüttelte sie vorsichtig, bevor sie sich am Deckel zu schaffen machte.

Doch dann zögerte sie und warf Mel einen verkniffenen Blick zu.

Mel, würdest du uns vielleicht wenigstens verraten, ob der Weihnachtskram und die Geschenke noch existieren und ob wir bis Ostern weitersuchen müssen? Feiern wir heute noch zusammen oder seht ihr weiterhin dabei zu, wie wir uns die Köpfe zerbrechen?“ - „Das kommt ganz auf euch an...“ schmunzelte sie und wartete gespannt darauf, dass die anderen die Kiste öffnen würden. - „Wieso auf uns?“ - „Naja, wie lange ihr braucht, um das Ziel zu erreichen.“ lachte sie und ihre verbündeten Mädchen fielen ein.

Endlich öffnete Kathy den hölzernen Deckel und schaute ins Innere des Kästchens. „Oh, da sind Süßigkeiten drin.“ - „Was für welche?“ Angelo stand sofort an ihrer Seite und steckte schon halb mit der Nase im Kasten, als Kathy es aus seiner Reichweite zog. „Moment, mein Lieber! Eins nach dem anderen. Es sind Schokoriegel drin, aber es muss auch irgendwo noch ein Hinweis sein. Und bevor du den versehentlich mitisst, untersuche ich die Verpackungen!“

Angelo stöhnte und ließ sich auf das Schaukelpferd fallen, dass daraufhin erst ein weiteres Bein verlor und dann den auf ihm sitzenden Angelo, der mit neuerlichen Flüchen auf dem Boden des Schuppens landete.

Die versammelte Mannschaft kicherte, doch niemand hielt es für nötig, ihm wieder auf die Beine zu helfen. Alle blickten auf Kathys Hände, die aufmerksam das Gefundene durchforsteten.

Ich hab was! Hier, Angelo, jetzt kannst du dich über das Unwesentliche hermachen.“ Sie hielt ihm das Kistchen hin, das er ihr halbwegs aus den Fingern riss und den Inhalt mit Sean teilte.

Jetzt lies schon vor!“ forderte Maite sie ungeduldig auf. - „Okay, also...“

 

Proviant, ihr braucht es sehr,

doch das Rätsel ist nicht schwer.

Haltet eure Augen auf,

auf einem Riegel steht es drauf.“

 

Kathy, du hast doch alle angesehen. Hast du nichts gefunden?“ Patricia sah ihre Schwester fragend an. - „Nö, aber ich habe auch nur nach dem Zettel gesucht, aber die Verpackungen sahen auch ganz normal aus.“ - „Dann muss es auf einem direkt draufstehen.“

Sämtliche Köpfe wandten sich zu Angelo um, der neben Sean auf dem Boden saß und einen Schokoriegel nach dem anderen in sie hineinschob.

Wasch ischt?“ schmatzte er, da er offenbar gerade nicht zugehört hatte. - „Stand irgendwas auf der Schokolade?“ Patricia konnte einen vorwurfsvollen Unterton nicht zurückhalten, da sie zu Recht befürchtete, dass er überhaupt nicht darauf geachtet hatte. - „Nicht, dass ich wüsste.“ - „Wie viele habt ihr schon gegessen?“

Angelo schaute auf das leere Papier und die übrig gebliebenen Riegel. „Hm, fünf von zehn.“ nuschelte er verlegen. - „Was?“ hakte Kathy nach, da er kaum zu verstehen gewesen war. - „Die Hälfte!“ erwiderte er nun deutlich lauter.

Na, Bravo! Jetzt hat er bestimmt den Hinweis irgendwo in seinem Magen!“ stöhnte Johnny gereizt. - „Das finden wir nur heraus, wenn wir die anderen auch aufmachen. Also los.“ ermutigte Jimmy die anderen. Außerdem war er selber scharf auf ein bisschen Schokolade.

Sie nahmen sich die übrig gebliebenen und öffneten die Plastikhüllen.

Ich glaub, ich seh was! Das scheint was in die Schokolade eingeritzt worden zu sein!“ rief Joey aufgeregt und ging näher unter die schwache Glühbirne des Schuppens. „Ja, das steht was!“ - „Was denn?“

 

Mom“

 

Mom? Wieso Mom? Mel, ging das nicht ausführlicher?“ seufzte Paddy. - „Na, wie viel Platz hat man bitte auf einem Schokoriegel?“ - „Nimm nächstes Mal einfach eine ganze Tafel.“ grinste er und drehte sich wieder zu seinen Geschwistern um. „Tja, die werden sicherlich nicht alles auf den Friedhof geschafft haben. Was haben wir also für Alternativen?“ - „Irgendwas, was von Mama hier in im Haus ist. Zuerst fallen mir da die Bilder ein.“ meinte Maite und John nickte. „Ja, wir sollten zuerst mal einen Blick auf das große im Wohnzimmer werfen, vielleicht haben wir ja Glück.“ - „Gut, Leute, also zurück ins Warme!“

Sie löschten das Licht und liefen über den Hof, auf dessen Boden die dicken Schneeflocken eine stetig wachsende Schicht bildeten.

Obwohl der Weg nicht weit gewesen war, rieben sich die meisten, ihre klammen Finger, als sie in der Stube angekommen waren.

Los, John, nimm mal das Bild von der Wand! Ich komm da doch nicht ran!“ forderte Kathy ihn auf, da es für ihn in der Tat kein Problem darstellte.

He, wir werden immer besser. Da ist tatsächlich was!“ - „Vielleicht sind Mel auch nur die Ideen ausgegangen?“ lachte Paddy und erntete dafür einen leichten Seitenhieb, doch er ließ sich nicht vom nächsten Zettel ablenken.

 

Wer morgens an der Türe kratzt,

danach dann bis mittags ratzt,

stetig immer Hunger leidet,

gut und böse unterscheidet,

wird auf eurer Rätselreise

vor dem Ziel die letzte Schneise.“

 

Immer Hunger leidet? Das kann doch nur - “ begann Kira, wurde dann aber jäh von ihrem Freund unterbrochen. „Halt die Klappe oder du ziehst gleich wieder aus! Ich bin damit garantiert nicht gemeint!“ zischte er, jedoch nicht wirklich ernst. - „Stimmt, immerhin heißt es auch 'kann gut und böse unterscheiden'“ Sie verfiel in ein mädchenhaftes Gackern. - „Ha ha...“

Gut, wir sind uns also alle einig, dass es sich hierbei nicht um Angelo handelt, aber wer hat immer Hunger und kann gut von böse unterscheiden?“ kam John zum Punkt zurück. - „Naja, das kann genauso gut auch auf Mel zutreffen, aber dass Mel weiß, wie des Rätsels Lösung ist, ist uns bekannt.“ sagte John schulterzuckend. - „Ja, und Mel kratzt auch eher selten an Türen.“ lachte Paddy. „Das trifft eigentlich nur auf einen in diesem Haus zu – Morla!“

Ja! Geniale Idee! Bestimmt in ihrem Korb! Los, nichts wie hin!“ sprachs und schon war Maite abgezischt. Die anderen folgten ihr auf dem Fuße.

Der Korb der munteren Hündin war leer, doch sobald sie sich ihm näherten, legte sie sich genüsslich hinein.

Los, hoch mit dir, Kleine!“ scheuchte Paddy sie wieder hinaus und begann, die darin befindliche Decke zu durchwühlen. Doch er brauchte nicht lange, denn statt eines Papierraschelns hörten sie ein metallisches Klimpern.

Mit flinken Fingern sammelte er einige Dinge heraus und hielt kurz darauf mehrere gleich aussehende Zimmerschlüssel in der Hand.

Mel, du hast nicht wirklich die gesamten Schlüssel abgezogen?!“ stöhnte Jimmy und hielt sich mit der Hand die Stirn - „Doch! Und wer zuerst den Schlüssel findet für die Tür, hinter der sich der Baum befindet, der darf sich etwas wünschen!“ grinste sie und verschränkte die Arme. - „Egal was?“ hakte Paddy nach und zog die Augenbrauen hoch. - „Ja, so ziemlich.“

Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus und er griff zielstrebig mit der freien Hand nach seinem Auserwählten.

Wieso der?“ Mel war ganz irritiert über seine Entschlossenheit. - „Das ist mein Zimmerschlüssel. Nicht alle Räume hier sind abschließbar und da Kathy und wir zwei die größten Zimmer hier haben, die abschließbar sind, tippe ich darauf, dass ihr eigentlich nur eins davon gewählt haben könnt. Da bei Kathy die Gefahr zu groß ist, dass sie wegen Sean noch einmal in sein Zimmer muss, kann es im Prinzip nur eins von unseren sein.“

Mel grummelte leise. „Und woher weißt du, dass das deiner ist?“ - „Schau mal, hier habe ich mal eine winzige Kerbe eingeritzt, weil wir einmal ein ähnliches Schlüsselproblem hatten in der Zeit, als du nicht da warst, und da habe ich meinen dezent markiert.“ - „Na toll. Dann hast du wohl gewonnen.“

Er reckte sich triumphierend. „Prima, dann darf ich mir also was wünschen! Und ich weiß auch schon was...“


Mel versuchte erfolglos, ein leises Stöhnen zu unterdrücken.

Behalte es für dich! Das kann, deinem Gesicht nach zu urteilen, nur etwas Unanständiges sein!“ - „Das kommt ganz darauf an, was du daraus machst...“ - „Siehst du, sag ich doch!“ Sie verdrehte kichernd die Augen.

Boa, könnt ihr das nicht nachher in eurem Schlafzimmer klären?!“ mischte Maite sich ein, doch Paddy schüttelte den Kopf. „Ne, dann hätte ich ja nur halb so viel Spaß!“

Perversling!“ grölte Jimmy und schnappte ihm den Schlüssel aus der Hand. „So, ich geh nun erst mal sehen, ob unser Mr. Columbo richtig kombiniert hat!“ Er wartete nicht, dass seine Geschwister ihm folgen würden, sondern rannte schnurstracks los. Daher war es auch sein Freudenschrei, der durch das Haus hallte, noch ehe die anderen ihn erreicht hatten.

Er passt!“ - „Ich weiß! Hab ich doch gleich gesagt!“ strahlte Paddy im Siegestaumel und legte die Hand auf die Klinke. Er wartete, bis alle versammelt waren, und drückte sie hinunter, aber das Zimmer, das sich ihnen eröffnete, sah vollkommen normal aus!

Das kann doch gar nicht sein!“ rief er ungläubig und schaute sich darin um.

Tja, das war wohl nichts, wa?“ lachte Jimmy schadenfroh, doch sein Bruder gab nicht auf und eilte weiter ins angrenzende Zimmer, in dessen geöffneter Tür er abrupt stehen blieb. Ohne sich umzudrehen, winkte er den Rest herbei.

Mann, das sieht ja toll aus!“ gab Kathy ihre Bewunderung preis und auch die anderen staunten nicht schlecht.

Das kleine Wohnzimmer von Paddy und Mel war noch festlicher geschmückt, als das andere gewesen war.

Auf dem Boden waren unzählige Geschenke auf verschiedene Haufen gestapelt und dahinter ragte der imposante Baum über allem empor.

Das sind meine!“ strahlte Angelo und rannte auf den größten Berg zu. - „Da liegst du falsch, mein Lieber! Tut mir Leid, dich da enttäuschen zu müssen, aber der ist für Sean!“ hielt Mel ihn zurück. Angelo zog ein langes Gesicht und hielt unruhig nach dem richtigen Stapel Ausschau.

Setzt euch doch erst einmal und dann klären wir die Geschenkefrage!“ schlug Meike vor und kuschelte sich gleich in die bequemste Ecke des Sofas. Nun suchten sich auch die anderen einen freien Fleck, zur Not eben auf dem Boden.

Gut, jetzt wo ihr es geschafft habt, endlich eure Geschenke zu finden, geht es ans Auspacken. Aber das bitte ganz gesittet! So wie immer werden wir es auch in diesem Jahr so machen, dass der oder diejenige, die ein Geschenk öffnen möchte, erst ein Lied singen muss.“ erklärte Meike.

Und dieses Jahr ist es so, dass die anderen sich aussuchen dürfen, was derjenigen singen soll.“ fügte Kira schmunzelnd hinzu.

Super, ich mach den Anfang!“ preschte Maite voran. „Und? Was wollt ihr hören?“

Die Wahl fiel ziemlich schnell auf „Leise rieselt der Schnee“ und wurde begleitet von hämischem Grinsen.

Na toll, soll das vielleicht eine Anspielung werden?!“ - „Wie kommst du denn darauf?“ feixte Angelo und bot ihr im gleichen Atemzug an, ob er ihr den Text bringen sollte.

Nein, danke! Ihr wisst genau, dass es damals einfach nur die Nervosität war!“ protestierte sie und tatsächlich brachte sie das Lied fehlerfrei zu Ende und durfte das erste Geschenk öffnen. Dann gab sie das Zepter an Angelo weiter. „Bitte, du bist dran!“

Er fügte sich ebenfalls dem allgemeinen Wunsch und gab „Little Drummer Boy“ zum Besten.

Selig stürzte er sich auf sein erstes Paket. Es gehörte zu den größeren und neugierig zerrte er das Papier herunter, zog jedoch beim Anblick des Kartons, der darunter zum Vorschein kam, verwirrt die Brauen zusammen.

Was ist das denn? Wer schenkt mir denn ein Gewehr?!“ - „Das ist kein Gewehr!“ lachte Jimmy und riss ihm das Paket aus den Fingern. „Das ist ein Paintballmarkierer!“ - „Ein was?“ - „Man rennt draußen herum, sucht Deckung und dann schießt man mit diesem Ding kleine Farbkugeln auf den Gegner. Es ist ein Spiel.“ Neidisch ließ er seinen Blick über die aufgedruckten Bilder wandern. Interessiert beugte sich nun auch Angelo wieder zu seinem Geschenk. „Aha, noch nie von gehört. Und das ist von dir?“ - „Nein, das nicht. Gespielt habe ich das auch nur einmal mit Freunden in Irland. Aber es war sehr lustig, kann aber ziemlich schmerzhaft sein, getroffen zu werden. Ist aber ein Grund mehr sich zu verstecken, denn wer getroffen ist, hat verloren.“

Forschend schaute Angelo sich um, doch niemand gab zu erkennen, wer der Urheber war.

Also ging es reihum weiter mit singen und auspacken, bis Mel schließlich an der Reihe war.

Unentwegt hatte sie darüber nachgesonnen, wie es zu den anderen Weihnachtsfesten mit der Family abgelaufen war, aber sie konnte sich partout nicht daran erinnern, diese sogenannte Tradition einmal erlebt zu haben. Da ihr keine anständige Ausrede einfiel, blieb ihr nichts anderes übrig, als zu protestieren. „Hey, ich weiß, dieser Einwand kommt etwas spät, aber bisher haben wir das noch nie gemacht!“ - „Doch, klar...“ begann Paddy, aber dann verstummte er und dachte angestrengt nach. „Naja, es kann durchaus sein...ja stimmt, letztes Jahr warst du nicht mit dabei und in den zwei Jahren, als wir zusammen gefeiert haben, haben wir durch verschiedene Gründe darauf verzichtet. Aber eigentlich haben wir es immer so gemacht.“

Mel rutschte unruhig auf dem Sofa hin und her. „Ja, aber dann ist es doch nicht meine Tradition!“ - „Aber du gehörst jetzt zur Familie, also musst du dich dem eigentlich fügen.“ grinste er und musterte sie ebenso amüsiert wie seine Geschwister. Allen war bewusst, wie unangenehm es ihr war, vor ihnen zu singen und dass sie sich bisher immer darum gedrückt hatte, alleine ein Lied anzustimmen, zumindest wenn sie nicht gerade besoffen gewesen war und es ihr sowieso egal gewesen war, dass sie die Töne nicht traf.

Patricia erbarmte sich als erste. „Okay, pass auf. Wenn du wirklich nicht alleine willst, dann sing´ ich mit dir. Wie wäre das?“ - „Das wäre Betrug!“ warf Angelo ein und bestand weiterhin darauf, dass Mel das alleine durchziehen sollte. Aber Barby kam ihr zu Hilfe. „Lass sie doch, ich finde, das ist ein guter Kompromiss. Patricia, welches Lied willst du denn?“ - „Da Mel mir immer sagte, wie gern sie 'Oh Holy Night' mag, dachte ich daran.“

Mel schluckte und war alles andere als einverstanden, doch da sie den anderen den Abend nicht durch Streit vermiesen wollte, gab sie auf und nickte am Ende. Patricia stand auf und wartete, dass sie ihr folgen würde, doch Mel rührte sich nicht vom Fleck. „He, worauf wartest du?“ - „Darauf, dass ich aus diesem Albtraum aufwache...“ - „Jetzt stell dich nicht so an, wir sind´s doch nur!“ ermutigte sie Barby und Mel bemühte sich, nicht in Angelos schadenfrohes Gesicht zu blicken, während sie sich von ihrem Platz erhob.

Ich würde sagen, dass ich den Anfang mache und du dann im Refrain einsetzt und dann einfach noch mal die erste Strophe mit mir zusammen singst, okay?“ - „Ja...“ grummelte Mel und wischte sich so unauffällig wie möglich ihre feuchten Handflächen in der Hose ab.

So lange sie die alle auch schon kannte, änderte es nichts an dem Umstand, dass sie sich ziemlich beschissen fühlte, jetzt vor ihnen singen zu müssen! Sie spielte sogar einen Moment lang mit dem Gedanken, einfach auf ihre Geschenke zu verzichten, doch das wäre dann auch sicher zu Lasten der Stimmung gegangen, so versuchte sie nun, sich zusammenzureißen und ihre Augen nicht von Patricias abzuwenden, die sie warmherzig anschauten. Nur Sekunden später erfüllte Patricias klare Stimme den kleinen Raum und nahm Mel noch mehr den Mut, doch die Blöße, auf ganzer Linie zu versagen wollte sie sich nun nicht mehr geben. So setzte sie tapfer ein, als der Refrain begann. Sie konzentrierte sich weiter auf das Gesicht ihrer Schwägerin und als diese plötzlich aufhörte zu singen, fuhr sie trotzdem fort. Die Strophe schien endlos zu sein, Mel kam es vor, als würde sie nie den letzten Ton erreichen, aber dann war es endlich vorbei. Doch sobald sie den Mund geschlossen hatte, bildete sich auf ihrem Gesicht eine unzufriedene Grimasse. „Du hast mich reingelegt!“ - „Ein bisschen vielleicht... Aber du hast wunderschön gesungen!“ - „Ja ja...“ muffelte Mel weiter und setzte sich wieder auf´s Sofa, ohne weder ihren Geschenken noch Paddy und seinen Geschwistern auch nur einen Blick zuzuwerfen. Mürrisch verschränkte sie die Arme vor der Brust und schob schmollend die Unterlippe vor.

Schatz, das war toll! Tina hatte ja doch nicht zu viel versprochen, als sie in so hohen Tönen von dir schwärmte, nachdem ihr aus dem Urlaub zurückgekommen seid!“ - „Ach, lass mich in Ruhe!“ - „Nun zick nicht rum, du warst toll und damit komme ich nun auch auf meinen Wunsch zurück...“ - „Der da wäre?!“ - „ Eigentlich wollte ich, dass du für uns singst, aber da sich das gerade erledigt hat, kann ich mir meinen Wunsch für etwas Besseres aufsparen. Und weil du mich gerade, wenn auch gegen deinen Willen, überzeugt hast, möchte ich, dass du demnächst mal mit mir auf der Bühne etwas singst.“

Paddys Augen leuchteten, so begeistert war er von der Idee, doch Mels Mimik verdüsterte sich immer mehr. „Du hast sie doch nicht mehr alle!“ - „Ach komm, Schatz, nur ein Lied und du darfst dir auch eins aus meinem Repertoire aussuchen!“ - „Vergiss es!“ fauchte sie ungehalten. - „Ein Lied wird dich nicht umbringen!“ - „Nein!!“

Nun war es ihr egal, ob sie Streit verursachen würde oder die Stimmung trüben, sie hatte die Schnauze voll und wollte nur noch hier weg! War es nicht schlimm genug gewesen, vor ihm zu singen? Musste der denn nun auch noch mit solch dämlichen Vorschlägen kommen?! Vor allem, wo er doch genau wusste, dass sie Angst davor hatte?

Mel, ich hab einen Wunsch frei und das ist er nun mal.“

Sie antwortete ihm nicht, sondern warf ihm bloß einen grimmigen Blick zu, stand auf und verschwand.


Maus, hey warte doch!“ - „Paddy, lass sie! Sie wird schon wieder runterkommen.“ versuchte Kathy ihn zurückzuhalten, doch er winkte ab. „Nein, ich muss hinterher. Ich hab mir das zwar gewünscht, aber ich will uns jetzt auch nicht durch Streit unseren Weihnachtsabend ruinieren. Ich bin gleich wieder da.“

Kurz darauf stand er vor Mel, die eingeschnappt in der Küche saß und einen Kakao schlürfte. Mit der rechten Hand kraulte sie Morla, die neben ihr auf der Bank lag und genüsslich an einem Knochen nagte.

Hey Süße, was ist denn los?“ - „Das weißt du ganz genau!“ - „Ist es wegen meines Wunschs?“ - „Weswegen denn sonst?!“

Er nahm neben ihr Platz und sah sie verständnisvoll an. „Mel, so schlimm ist es doch gar nicht. Es ist doch nur ein Lied!“ - „Ach, du weißt genau, was ich davon halte!“ - „Maus bitte, tu´s für mich!“ - „Lass es einfach! Geh wieder zu deinen Geschwistern und gib mir Zeit, damit ich wieder runterkommen kann.“ - „Sicher?“ - „Absolut!“

Geknickt ließ er den Kopf hängen und ließ sie alleine sitzen.

Sie atmete tief durch und genoss es, ihre Ruhe zu haben, doch ihre Wut wollte sich noch nicht wieder beruhigen.

Auch Paddy fiel es schwer, abzuschalten. Er setzte sich wieder zu den anderen und packte missmutig seine Geschenke aus. Die Stimmung hatte einen kleinen Einbruch bekommen, war jedoch noch nicht ganz mies. Auch bei den vier übrigen Brüdern von Angelo war so ein seltsamer Paintballmarkierer zum Vorschein gekommen und alle konnten es kaum erwarten, damit den Garten zu stürmen. Nur Paddy half gerade missmutig einem neuen Buch aus seiner Geschenkverpackung und mochte sich nicht anstecken lassen.

Komm schon, hol deine Jacke und dann raus!“ rief Jimmy und entledigte sich dem überflüssigen Pappkarton seines Markierers. - „Geht doch ruhig ohne mich, vielleicht komme ich später nach.“ - „Ja, du kannst mir auch in der Küche helfen, ich sterbe gleich vor Hunger und ein bisschen was ist noch zu tun, auch wenn ich vorhin schon gut was vorbereiten konnte.“ schlug Maite vor und sammelte die Geschenkpapierberge vom Boden zusammen.

Nix da! Der kommt mit uns raus! Los, Paddy, du musst jetzt auf andere Gedanken kommen!“ - „Später, Angelo.“ - „Ach, du hast doch nur Angst, dass die anderen sehen, dass du keine Chance gegen mich hast!“ - „Von wegen!“ - „`Türlich, sonst würdest du nicht kneifen!“ - „Pah, wenn ich dich treffe, bist du geliefert! Dann singst du öffentlich „An Angel“ auf dem nächsten Konzert und zwar inklusive der hohen Töne!“ - „Die Wette gilt! Ich gewinne sie ohnehin!“ - „Sehr schön, dann freu ich mich jetzt schon darauf, dass du dir dann einen abbrichst, weil du wie ein Kakadu im Stimmbruch klingst!“ Er schlug ein und huschte an Maite vorbei, die gerade nachdenklich die Hände in die Hüften stemmte und sich mit gerunzelter Stirn in dem kleinen Wohnzimmer umsah.

Mann, wo soll ich denn hier das ganze Essen unterkriegen?! Das wird doch nie was!“ - „Komm, das schaffen wir schon. Wir packen alle mit an!“ schlug Barby hochmotiviert vor und hob eine Blume von einem Tisch, den sie zu dem anderen hinüberschieben wollte.

Doch von ihren Brüdern beachtete sie kein einziger mehr, denn auch Paddy schnappte sich nun seine Jacke, die im Nebenzimmer auf dem Bett lag und folgte Angelo, der mit wehenden Haaren nach unten rannte.

Er war kaum unten angekommen, als Joey mit einem lauten Schrei auf sich aufmerksam machte.
„Maaaiiteee!“

Es war so durchdringend, dass sich nach einer einzigen Wiederholung das Fenster zum Weihnachtszimmer im ersten Stock öffnete und seine mollige Schwester hinausschaute.

Was ist denn los? Mensch, ich habe keine Zeit, ihr seid ja alle abgehauen!“ - „Maite, vermisst du etwas?“ - „Nein, wieso? Was fragst du so blöd, ich habe echt noch eine Menge zu tun!“ - „Ich glaube, ich habe hier was gefunden, was du vermissen solltest.“ Joey streckte seinen Arm aus und zeigte auf einen hellen Fleck im dunklen Wasser, welches das Schloss zum Teil umgab.

Was ist denn da?“ Sie beugte sich noch ein Stück vor und verengte die Augen zu schmalen Schlitzen, damit sie in der nächtlichen Schwärze mehr erkennen konnte, doch dann riss sie erschrocken die Lider auf. „Ist das etwa das gute Porzellan?! Wer war das?! Mel!“ Sie blickte schnaubend um sich, doch Mel war immer noch nicht wieder aufgetaucht. So machte sie sich mit ihren Schwestern auf den Weg nach draußen, um sich das Ganze aus der Nähe anzusehen.

Keuchend tauchte sie neben Joey auf und schlug ungläubig die Hände über dem Kopf zusammen.

Nein, Mel, das kann doch nicht dein Ernst sein...“

Kira, Meike und Tina standen kichernd daneben und auch keiner der Familie konnte sich zusammenreißen, um nicht zu lachen.

Wie kriege ich das denn da runter? Jungs, da muss einer von euch ran!“ stellte sie kopfschüttelnd fest und betrachtete immer noch fassungslos das provisorische Floß, auf dem allerlei Geschirr stand, das jetzt eigentlich in der Küche und auf dem Tisch hätte verteilt sein sollen. „Das kann sie mal schön selber wieder da runterholen!“

Nein, ich befürchte, sie wird dafür gerade nicht besonders zu begeistern sein. Ihre Laune war eben nach wie vor, kaum auszuhalten.“ warf Paddy ein. - „Super, dann musst du deine Frau eben vertreten. Überleg dir was, bevor ich ganz die Geduld verliere!“

Jimmy war gerade mit einer Taschenlampe in der Hand zurückgekehrt und beleuchtet nun das Objekt der Begierde. „Puh, das sieht schlecht aus. Ich hatte ein bisschen gehofft, dass es irgendwo mit einer Schnur am Ufer befestigt wäre, aber negativ! Da scheint nichts zu sein.“ - „Richtig, es gibt lediglich ein Seil, an dem ein großer Stein hängt, der nun auf dem Grund liegt. Das war nur zu Sicherheit gedacht, damit das Ding nicht versehentlich ans Ufer treibt.“ erklärte Meike schmunzelnd. - „Versehentlich?! Klasse, und ich muss den Kram nun ausbaden.“ - „Ausbaden trifft es vermutlich ganz gut, immerhin hab ich keine Idee, wie wir, ohne nass zu werden, da rankommen sollen.“ lachte Angelo aus sicherer Entfernung und schielte seinen Bruder schadenfroh an. - „Alleine bestimmt nicht, aber du kannst mir gerne helfen und wir versuchen zu zweit unser Glück.“ - „Ne, ganz sicher nicht!“ - „Angie, es geht um Essen!“ - „Okay, okay...wir könnten eine Leiter nehmen und so eine Art Brücke bauen.“ überlegte der Jüngste nun laut. - „Ja und dann bringst du das das Floß zum Kentern mit deinem Gewicht und mein ganzes Geschirr mit dem Essen landet im Wasser!“ lehnte Maite skeptisch ab. - „Als ob ich so schwer wäre...das sagt ja die Richtige.“ murmelte er betreten und beschloss, nichts weiter zur Lösung beizutragen.

Okay, was haltet ihr davon, wenn wir uns an die Hände nehmen und so eine Kette bilden und ich versuche, mich über das Wasser zu beugen, so weit es eben geht? Guckt mal, da hinten scheint das Seil an der Ecke befestigt zu sein, vielleicht kann ich es durchschneiden.“ - „Paddy, ist das ein ernst gemeinter Vorschlag?“ Jimmy kratzte sich grübelnd am Kopf. - „Sicher oder fällt dir etwas Besseres ein?“ - „Nein, leider nicht. Also dann...Joey, du ganz hinten, dann Johnny, ich und Angelo, der dann das entscheidende Glied zu dir ist.“ - „Ja, so könnte es was werden, aber wehe, ihr haltet nicht anständig fest und ich lande im Wasser!“ - „Das klappt schon, wenn wir uns alle an den Handgelenken festhalten!“

John hatte ein Küchenmesser geholt und dann reihten sie sich hintereinander auf, ergriffen ihre Nebenmänner und schließlich Paddy, dem nicht ganz wohl bei dem Gedanken war, gleich fast waagerecht über dem Wasser zu hängen. Umso beunruhigender wurde das Szenario dadurch, dass seine Füße dabei auf einem völlig verschneiten Boden stehen mussten, doch dann packte auch er zu und nahm wenig begeistert zur Kenntnis, wie seine Geschwister ihn langsam Richtung Wasseroberfläche absinken ließen. Er machte seinen Arm so lang er konnte, aber es fehlten weiterhin wenige Zentimeter.

Ich hab´s gleich, ich komm fast ran!“ rief er und wurde noch mehr verunsichert, als das kontinuierliche Kichern unablässig anschwoll und ihre Aufmerksamkeit trübte.

Konzentriert euch doch mal! Es ist nicht mehr weit.“ Doch dann hielt er einen Sekundenbruchteil inne. „Leute, rutscht ihr etwa?! Stemmt euch dagegen und haltet still!“

Er atmete leise durch, als er merkte, dass das Rutschen nachließ und streckte seinen Arm weiter aus. Dieses Mal erreichte er mit der Klinge das Tau und begann vorsichtig zu schneiden, was sich aber als noch schwieriger herausstellte, als er befürchtet hatte.

Geschafft!“ jubelte er zaghaft, um ja kein Ungleichgewicht in seine Brüder zu bringen, die ihn tapfer in dieser äußerst unbequemen Position stabilisierten.

Lobende Worte erklangen hinter seinem Rücken, wurden jedoch jäh von mindestens zwei dicht aufeinander folgenden Schreien übertönt, von denen mindestens einer eindeutig von Schmerz geprägt war. Unmittelbar danach klirrte und platschte es begleitet von vielstimmigen, jammernden Flüchen.


Prustend tauchten Paddys und Angelos Kopf wieder über der Wasseroberfläche auf.

Scheiße, ist das kalt!“ schimpfte Paddy und schnappte nach Luft. „Mann, kann uns nicht mal jemand raushelfen?!“ - „Du hast mein Geschirr ins Wasser geworfen! Das ganze schöne Essen!“ jammerte Maite und machte keine Anstalten, einem der beiden die Hand zu reichen.

Aus einem Fenster hoch über ihren Köpfen durchdrang ein schrilles Lachen die Nacht, wurde jedoch nach wie vor von Maites panischem Schimpfen übertönt.

Paddy, Angelo, holt das Geschirr dort raus! Sofort!“

Doch ihre Brüder keuchten nur vor Kälte, während sie sich Richtung Ufer fortbewegten.

Jungs, jetzt macht doch mal was!“ - „Mmmaitttte, ich wwill nnur nnoch ins Wwarme!“ Paddy zitterte wie Espenlaub. - „Und ich will meinen ganzen vorbereiteten Kram wieder haben!“ - „Ddann hol´s ddoch ssselber!“ keifte Angelo schlotternd und kletterte aus dem Wasser.

Angelo, das war nicht nur Geschirr, das war unser Essen!!“

Trotz der Kälte hielt er inne und blickte erschüttert auf fast leere Floß unter dem man im trüben Nass im Schein der Taschenlampe die hellen Schüsseln und Saucieren erkennen konnte.

Nicht nur ihm sondern auch den anderen wurde der Ernst der Lage bewusst und so trat schlagartig Stille ein, die nur vom leisen Klappern der Zähne durchbrochen wurde.

Doch dann wurde ihre Aufmerksamkeit von der hellen Stimme auf sich gezogen, die wieder leise über ihnen gackerte. Sämtliche Köpfe wandten sich nach oben, wo sie Mel an einem geöffneten Fenster entdeckten, wo sie sich scheinbar herrlich amüsierte. Aber niemand interessierte sich lange für sie.

Angelo, wieso hast du losgelassen?!“ - „Ich weiß nicht, mich hat irgendwas getroffen. Es fühlte sich an wie ein Schlag!“

Paddy drehte ihn um und brauchte nicht lange zu suchen, um einen großen pinken Fleck auf dem Shirt seines Bruders zu entdecken. Erneut hob er den Kopf zu dem Fenster hoch, an dem bis eben seine Frau gesessen hatte, das nun jedoch leer war.

Kommt, wir gehen erst mal wieder hinein. Über das Essen können wir uns dann auch noch Sorgen machen.“ schlug Patricia vor und schob die beiden begossenen Pudel zum Schlosseingang.

Sie hob gerade den Arm, um die Klinke herunter zu drücken, als die Tür geöffnet wurde und Mel mit einem riesigen Badelaken vor ihnen stand. Grinsend wickelte sie es um ihren Liebsten und rubbelte ihm kräftig über die Arme.

Du musst schnell raus aus deinen Klamotten, bevor du dich noch erkältest!“ - „Ha ha, du scheinst das ja ziemlich witzig zu finden...“ schlotterte Paddy und stutzte auf einmal. „Wieso hast du eigentlich plötzlich wieder so gute Laune?“ - „Na über so einen Volltreffer, muss man sich doch freuen, oder? Gleich zwei auf einen Streich...“ - „Angelos und auch Paddys Blick fielen erneut auf den pinken Fleck, der auf Angelos Hemd leuchtete, als ihnen auch schon dämmerte, was draußen geschehen war.

Du hast mich absichtlich baden gehen lassen?!“ - „Hm...vielleicht...“ kicherte sie ungerührt. „Aber komm, ich habe dir ein heißes Bad eingelassen.“

Grummelnd wollte Paddy ihr folgen, wurde jedoch vom Protest seines Bruders aufgehalten. „Wieso steh ich hier eigentlich noch pitschenass und wo verflucht ist mein heißes Bad?!“

Er wollte sich gerade weiter aufspielen wie ein aufgeblasener Gockel, als Kira auftauchte und ihm einen Waschlappen entgegenstreckte. „Hier, das dürfte doch reichen bei deiner Größe, oder?“ - „Was ist denn in dich gefahren? Ich glaube, du genießt den falschen Umgang!“ Er schielte demonstrativ seine Geschwister an und Kira lächelte entschuldigend, während sie ihm ein richtiges Handtuch reichte. „Hey, ein bisschen Spaß muss sein...“

Ja, ein bisschen Spaß schon, aber der hört zweifellos auf, wenn es um mein gutes Geschirr geht und vor allem um das aufwendig vorbereitete Weihnachtsessen für vierzehn Leute!“ Maite hatte nun endgültig die Geduld verloren und die Herumstehenden achtlos beiseite geschoben. „Mel, du bist zu weit gegangen und das ganz eindeutig!“ Sie stemmte die Arme in die Taille und baute sich wutschnaubend vor ihrer Schwägerin auf.

Paddy, geh doch schon mal nach oben, damit du wieder warm wirst, ich muss hier noch was klären.“ warf Mel ihrem Mann über die Schulter hinweg zu. - „Da gibt es nichts zu klären! Das ganze schöne Essen ist futsch und an Heiligabend können wir nicht einfach mal `ne Pizza bestellen! Vom guten Geschirr und meiner stundenlangen Arbeit mal ganz abgesehen!“ - „Bleib mal ganz ruhig und komm erstmal mit.“ - „Ich bleib weder ruhig, noch komme ich mit! Ich geh erst mal in mein Zimmer, mich ein bisschen beruhigen.“ Schwungvoll drehte sie sich auf dem Absatz um und ließ Mel zähneknirschend stehen.

So hatte sie sich ihren Streich nicht vorgestellt. Sie hatte doch nicht ahnen können, dass gerade Maite so angefressen wäre. Sonst war sie doch auch für jeden Spaß zu haben. Dennoch grinste sie und ging zügig die Treppe nach oben, wo Paddy sich im heißen Wasser wieder aufwärmte.

Na, Schatz, was machen die kalten Knochen?“ - „Geht schon. Mann, Mel, du hast doch echt eine Meise...“ - „Hey, ihr seid doch sonst nicht so kleinlich.“ - „Ja, aber das war echt verdammt kalt! Komm in die Wanne und wärm mich wieder auf!“ - „Ich würde ja gerne, aber wir haben keine Zeit, schließlich müssen wir noch was essen. Die anderen sterben sicher schon vor Hunger.“

Sie hielt ihm ein gewärmtes Handtuch hin und schaute ihm beim Anziehen zu, bevor sie ins leer geräumte Wohnzimmer gingen, wo die anderen zum Teil grummelnd, zum Teil amüsiert auf dem Sofa saßen.

So, Leute, lasst uns essen!“ - „Was denn?!“ muffelte Maite, die sich gerade wieder zu ihnen bequemt hatte und nun im Türrahmen hinter Mel stand. - „Komm einfach mal mit.“ Ehe Maite sich dagegen wehren konnte, wurde sie mitgezogen und in dem provisorisch errichteten Weihnachtszimmer in Paddys und Mels Reich eröffnete sich ihr ein festliches Mahl. Auf Grund des Platzmangels auf dem Tisch hatten sie Teile der Köstlichkeiten auf dem Boden aufgebaut und hatte eine weihnachtliche Picknick-Atmosphäre.

Mel, ich dachte...“ begann, Maite und stockte mit offenem Mund, als ihre Schwägerin ihr auch schon ins Wort fiel. „Du dachtest, all das sei auf dem Grund des Burggrabens, richtig? Tja, falsch gedacht. Lasst es euch schmecken.“

kicherte sie triumphierend und nahm selbst auf dem Sofa Platz.

Hungrig schlugen sich alle die Mägen voll, bis sie sich nur noch träge die Bäuche halten konnten.

Jimmy, spiel uns doch mal ein Weihnachtslied auf der Gitarre.“ - „Ich kann mich nicht mehr bewegen.“

Seinem Aussehen nach zu urteilen, war das nicht nur eine Ausrede und so erbarmte Mel sich und brachte sie ihm.

Doch schon nach den ersten Tönen bildeten sich Falten auf seiner Stirn.

Mel, hast du denn hier alles durcheinander gebracht?!“ - „Wieso?“ fragte sie übertrieben unschuldig. - „Willst du mir etwa erzählen, jemand anderes hätte die Saiten verkehrt herum aufgezogen?“

Sie grinsten sich gegenseitig an, bevor Mel ihm eine andere reichte und er ihnen etwas spielte. Weitere Überraschungen blieben der Familie an diesem Abend erspart, während sie gemeinsam unter dem Weihnachtsbaum sangen.

Schatz, bist du auch so müde wie ich?“ murmelte Paddy irgendwann, der inzwischen schon Probleme hatte, seine Augen offen zu, aber von Mel kam keine Antwort. Das Einzige, das man von ihr hörte, war ihr gleichmäßiger Atem.

Ja, sich so viel Blödsinn ausdenken ist anstrengend, was?“ schmunzelte er, hob sie hoch und trug sie vorsichtig nach nebenan ins Bett.


Kommentar schreiben

Kommentare: 6
  • #1

    Steffi (Dienstag, 17 November 2009 00:23)

    Na das nenn ich mal Fröhliche Weihnachten
    ;-) Süße Idee

  • #2

    nicky (Dienstag, 14 September 2010 16:41)

    oh ja das wäre bestimmt lustig gewesen...das würde ich gerne mal sehen wie sie da an Dem Schlossgraben an einer Ketter hangen!*hihi* aber irgendwie musste das ja kommen das Paddy reinfliegt --- hatte ich irgendwie schon geahnt!^^

    so jetzt erstmal gleich zur arbeit!

  • #3

    Die Micha (Donnerstag, 16 September 2010 12:09)

    Ha ha ha!!! So einfallsreich wäre ich auch gern. hihi

  • #4

    holla die waldfee (Dienstag, 05 Juli 2011 03:33)

    ich hab zuerst nicht verstanden, warum mel das gemacht hat... ich wäre auch so sauer gewesen wie maite.
    abe ein weihnachtspicknick war ein super schluss. oh und die schnitzeljagd auch - schöner teil!

  • #5

    Bella (Montag, 10 Oktober 2011 15:43)

    Ja, so richtig ist mir auch nicht klar, warum sie alles in das kleine Wohnzimmer gequetscht hat, wo doch anscheinend der ursprüngliche Raum so festlich war? Anscheinend einfach nur um alle einfach mal wieder ein bisschen zu ärgern ;-)

  • #6

    Katrinka (Donnerstag, 07 März 2013 20:26)

    Die Männer hatten einen wunderschönen Weihnachtsbaum besorgt, den die Mädchen gemeinsam geschmückt hatten.

    Also immer diese Rollenklischees :-)
    Aber es wäre bestimmt lustig gewesen, zu lesen, wie sich die ganzen Kelly-Männer gemeinsam auf Weihnachtsbaumjagd begeben :-)

    Angelo......der ist der Brüller. Wie er seine Geschenke sucht....herrlich.
    Schnitzeljagd, genialer Plan zu Weihnachten :-)
    Und die Kellys scheinen ja echt Spaß daran zu haben :-) (und ich natürlich auch)

    Oh, wenn Angelo wüsste, wie verfressen er in deiner Geschichte ist :-)


    " Und weil du mich gerade, wenn auch gegen deinen Willen, überzeugt hast, möchte ich, dass du demnächst mal mit mir auf der Bühne etwas singst.“

    Na wenn das mal nicht Hiebe setzt :-)
    Ist aber doch so süß von ihm...

    Also die Nummer mit dem Geschirr ist schon echt gemein. Ich würde niemandem mitten im Winter ein Bad im eisigen Wasser gönnen...


    Ach, ein herrliches Kapitel :-)