Partyspaß

Eigentlich hätte sie ja auch noch etwas zu tun, war heute aber wirklich unmotiviert. Am Ende der Sommerferien fuhren sie immer gemeinsam eine Woche mit dem Team weg. Sie besprachen dort viel den Umgang mit Menschen und bekamen am Ende der ersten Fahrt einen Jugendgruppenleiter-Ausweis. Sie freuten sich das ganze Jahr darauf, weil dort immer eine besondere Atmosphäre herrschte, man sich auch mit den Neuen näher kam. Sie führten Stunden lang die spannendsten Gespräche bis spät in die Nacht, kochten gemeinsam und waren viel draußen, wenn es das Wetter zuließ.  
Am letzten Abend veranstalteten sie immer ein kleines Fest mit einem Rollenspiel. Alle bekamen ihre Rollen vorher zugeteilt und brachten sich dann großartige Kostüme mit.  
Mel hatte sich schon letztes Jahr das Thema und die Geschichte für den Abend ausgedacht und sich bereit erklärt, auch dies Jahr kreativ zu sein. Heute Abend wollte sie auf ihrer Sitzung ein grobes Konzept vorstellen, damit die anderen schon mal eine vage Vorstellung bekamen, was sie sich organisieren mussten.  
Sie war noch nicht ganz fertig und setzte sich nun an den Rest.  
Gegen halb sechs tauchte Paddy bei ihr auf, um sie abzuholen.  
„Na, bist du soweit?“ fragte er, als er sie mit einem Kuss begrüßte.

Unzufrieden schüttelte sie den Kopf. „Ne, nicht wirklich, aber ich muss trotzdem los. Na komm.“ - „Was machst du denn da?“ wollte er wissen und guckte neugierig auf den Zettelwirrwarr, der auf ihrem Bett ausgebreitet lag.  
Sie erklärte ihm, woran sie arbeitete.

Er war sehr interessiert. Es klang nach einem spaßigen Abend, den sie da plante. Zu so etwas hatte er auch Lust, aber leider nie die Gelegenheit gefunden.  
„Ja, aber das schaff ich heute eh nicht mehr, also los nu´.“
Sie gingen zusammen zum Gemeindehaus, während sie ihm unterwegs weiter von den vergangenen und dem zukünftigen Rollenspiel erzählte.
Die anderen Teamer saßen schon zusammen und lachten und schnackten noch ausgelassen, da die Sitzung noch nicht begonnen hatte.  
„N´Abend“ begrüßte sie alle und sah in die Runde.  
„Hi Mel! Ach, wie ich sehe, hast du wieder jemanden mitgebracht. Patrick war der Name, oder?“ erwiderte Lev.

Paddy nickte „Jo, richtig. Und du warst doch der mit der Gitarre, stimmt´s?“ - „Jep.“ antwortete er und deutete auf sein Instrument, das hinter ihm an der Wand lehnte. „Willst du?“  
Natürlich wollte Paddy und griff gleich danach. Die beiden setzten sich auf den Flur, quatschten über Musik und spielten sich gegenseitig was vor.  
Mel grinste Kati an. „Na, da haben sich zwei gesucht und gefunden.“  
Kati lachte. „Ja, aber wirklich. Endlich mal jemand, der Lev die Stirn bieten kann.“ Sie grübelte kurz, bevor sie nachdenklich weitersprach. „Mel, tut mir leid, aber mir kommt der Typ so bekannt vor!“

Doch die zuckte mit den Schultern und wandte sich schnell jemand anderem zu, um nicht weiter darüber reden zu müssen.
Bald kam auch Erich, der Pastor, und Paddy wurde herzlich eingeladen, mit ihnen zu singen.  
Danach verabschiedete er sich, beschloss etwas spazieren zu gehen und Mel hinterher wieder abzuholen.  
Mel stellte ihre Pläne für das Rollenspiel vor. Sie schaffte es, so zu improvisieren, dass keiner merkte, dass sie noch nicht fertig war.  
Alle waren begeistert, denn das Thema des Abends sollte „Hexen“ sein. Jeder bekam eine Hexengattung, die ihm einigermaßen entsprach. Manche noch Handicaps oder besondere Auflagen. Sie schwelgten alle schon in Vorfreude.  
Die letzte halbe Stunde der Sitzung wurde der Rest der Planung für die Fahrt besprochen, da es das letzte Treffen davor war.  
Dann sah Mel auch schon ihren Freund wieder vor dem Fenster auf sie warten. Pünktlich schlossen sie und die beiden schlenderten wieder ins Hotel zurück.
Alle waren da, außer Joey, der bereits mit Tina gefahren war.  
Die beiden wollten zusammen etwas durch die Birk joggen. Er hatte von Tina ja zu Weihnachten diesen Gutschein geschenkt bekommen. Widerwillig musste sie also mit. Sie jammerte in einer Tour, aber Joey hatte kein Mitleid.  
Sie hatten zum Glück für seine Verhältnisse einen eher kurzen Weg gewählt, weil Tina am nächsten Morgen ihre praktische Fahrprüfung hatte und daher früh zu Bett wollte.  
„Hi Guys. Alles okay?“ begrüßte Paddy seine Familie im Hotelzimmer.  
„Hallo, ja so weit, so gut. Aber Paddy, wir müssen nochmal die Songreihenfolge für morgen durchgehen. Ich bin da irgendwie noch nicht glücklich mit.“ entgegnete Kathy. - „Hat das nicht Zeit bis morgen?“ fragte Paddy genervt. - „Nein, tut mir Leid. Ich hab auch noch was anderes, es könnte also etwas dauern.“ Ihr Blick wanderte entschuldigend zu Mel. Diese setzte sich auf den Sessel und sah Pad an.  
„Und nu?“ - „Kann man wohl nichts machen. Sorry. Willst du warten?“  
Mel nickte.  
Sie beobachtete die beiden, wie sie diskutierten, als sie auf dem Marktplatz ein Pfeifen hörte. Sie sah hinaus und entdeckte, dass Tobi vor ihrem Fenster stehend nach oben starrte.  
„Ich glaub, ich geh doch rüber. Tobi ist da. Den hast du ganz am Anfang auch mal kennen gelernt. Wir sehen uns später.“ rief sie noch zu Paddy und lief nach unten.  
„Hi Tobi! Was geht?“ - „Das frag ich dich! Morgen letzter Schultag, sollen wir darauf einen feiern gehen?“ - „Klar, wo denn?“ - „Dave macht Party. Er ist doch mit Nin zusammen gezogen. Gehen wir zur Tanke und dann weiter?“  
Die Sache war beschlossen. Mel zog sich noch schnell um und nahm ihr Handy mit, dann liefen sie los.  
Es war nicht allzu weit. Knappe 30 Minuten später standen sie bei Dave im Wohnzimmer.  
Es war bereits ein ganzer Haufen Leute da. Die meisten kannte sie. Nach kurzem Suchen entdeckten sie den Gastgeber, der ihnen bereits mit zwei Bieren entgegenkam. „Moin ihr zwei. Wollt ihr?“ - „`Türlich, danke.“

Geschickt öffnete Tobi beide Flaschen mit dem Feuerzeug und reichte Mel eine davon. Sie lümmelten sich auf einen freien Sofaplatz und stießen an.  
„Du hast dich ja in letzter Zeit ganz schön rar gemacht. Was ist los bei dir?“ fing Tobi an, während er sich eine Zigarette anzündete.  
Mel nahm einen Schluck aus der Flasche. „Naja, hatte viel zu tun. Schule, Teamer Seminar vorbereiten. Mein Freund ist gerade da.“ zählte sie auf. - Tobi starrte sie an. „Dein Freund? Wie lange kennen wir uns? Seit dem Kindergarten?! Und du hast mir nicht mal erzählt, dass du einen Freund hast?“  
Sie machte einen auf unschuldig, denn natürlich hatte sie bewusst nicht groß in der Gegend herumerzählt, dass sie vergeben war, da das nur unangenehme Fragen nach sich gezogen hätte.  
„Hab ich nicht?“

Nein! Wer ist es? Seid wann seid ihr zusammen?“ - „Er heißt Patrick und kommt nicht von hier. Daher ist das Ganze auch nicht sooo interessant. Zusammen sind wir seid Ende letzten Jahres.“ - „Krass, nein davon hast du wirklich keinen Ton erwähnt bisher. Und, sieht er gut aus?“  
Mel bekam verträumte Augen. „Blöde Frage! Klar, sieht er gut aus!“ - „Gott, siehst du gerade verliebt aus. Mädchen...“

Sie räusperte sich. „Und, was gibt es bei dir Neues?“ - „Nu, lenk mal nicht vom Thema ab. Wie alt ist er? Was macht er so? Wie ist er drauf?“  
Mel dachte kurz nach. „Nicht so viel. Er wird dies Jahr 18 und macht ein bisschen Musik...Ja, wie ist er drauf? Er ist sehr nett...bisschen schräg, würde ich sagen, aber eigentlich sehr cool. Vielleicht lernst du ihn ja mal kennen. Ich glaub, gesehen hast du ihn schon mal, als wir zusammen in der Palette waren. Da lief aber noch nichts.“
Tobi konnte sich aber nicht recht entsinnen, da sie sich im Verhältnis recht oft dort aufhielten.  
Dann kam Nin zu ihnen und fing angeheitert an, Tobi vollzuquasseln. Mel ließ die beiden sitzen und widmete sich anderen Bekannten.  
Eine dreiviertel Stunde später tönte eine laute Stimme vom Tisch unüberhörbar. „Hey Leute! Wir wollen meiern! Wer ist dabei?“  
Mel und auch Tobi zögerten nicht lange und setzten sich dazu.  
Meiern war ein Würfelspiel und jeder, der verlor, musste trinken. Bier galt nicht.  
Die ohnehin schon sehr gute Stimmung wurde schnell noch heiterer.  
Nach einer knappen Stunde passte Mel das erste Mal. „Ne, ich glaub, ich setz `n paar Runden aus. Sonst erleb´ ich den Rest des Abends nich´ mehr.“  
Höhnisches Gelächter verfolgte sie, als sie sich auf einen Haufen Kissen in einer Zimmerecke setzte und sich bemühte, dass die Welt sich nicht zu drehen begann.  
Plötzlich störte ein seltsames Geräusch ihre Gedanken.  
Oh, verdammt, das Handy, das hatte sie ganz vergessen. Sie zerrte es aus der Hosentasche. „Jaaa?“ - „Hi Schatz, wir sind endlich fertig.“ rief Paddy fröhlich auf der anderen Seite. - „Schööön.“  
Er stutzte. „Was ist das für ein Lärm? Bist du auf `ner Party?“ Sie hielt die Augen geschlossen und hickste. „Jaaaa, die zweite heut´ schon. Ich war heut´ Nachmittag schon auf einer, weißte?“

Paddy grinste. „Falls, du damit das Konzert meinst, das war gestern...Mel, bist du etwa betrunken?“ Sie grinste ebenfalls. „Neeeee....naja,.....vielleicht. ...ein bisschen. .....ein gaaanz kleines bisschen.“ Sie kicherte.  
Er raufte sich die Haare. Das klang nicht nach einem kleinen bisschen. „Schatz, wo bist du denn nun? Soll ich hinkommen und dich abholen?“ - „Jaaa, komm her, dann feiern wir noch´n büschn.“ - „Schatz, erklär mir mal in aller Ruhe, wo du jetzt bist. Wie komme ich da hin?“  
Langsam und Stück für Stück bekam er eine Wegbeschreibung und stand eine halbe Stunde später vor Dave´s Tür.  
„Wer bist du denn?“ fragte dieser als er die Tür öffnete. - „Hi, ich bin Patrick. Mel, meine Freundin, ist hier irgendwo.“ - „Okay, hi, ich bin Dave. Komm rein, nimm dir ein Bier.“  
Paddy wollte aber erst mal Mel finden.  
Die hatte ihre Welt wieder etwas gerade gerückt und saß mittlerweile wieder am Tisch bei den anderen. „Hey Schaaatz! What´s uuuuup?“ - „Oje, du siehst zwar fitter aus, als du dich vorhin angehört hast, aber willst du nicht doch lieber nach Hause?“ - „Neeee, noch laaang nich.“ Sie kicherte.
„Mann, hast du lange Haare!“ wurde Pad auf einmal von einem besoffenen Typ von der Seite angequatscht. - „Ja, ich steh auf Heavymetal...Headbanging und so, ne.“ murmelte er kurz angebunden und wandte sich wieder Mel zu. „Ist wirklich alles okay bei dir?“ - „Jaaa, klaaa, setz dich, nimm `n Bier aus der Küche oder meier mit!“ forderte sie ihn auf.

Widerstrebend setzte er sich, als Dave ihm auch schon ein Bier in die Hand drückte. „Danke.“  
Er hatte sich neben Tobi gesetzt, der ihn nun neugierig beobachtete. „Hi ich bin Tobi.“ Er hielt ihm die Hand hin. - „Hi, Patrick.“ - „Ich hab gehört, du machst Musik.“ Paddy nickte.  
Tobi fragte neugierig weiter. „Arbeitest du schon oder gehst du noch zur Schule?“  
Er überlegte. „Hm, also zur Schule gehe ich nicht. Regelmäßiger Arbeit gehe ich auch nicht nach. Mal hier mal da. Was sich eben so ergibt.“ - „Aha,“ nickte Tobi und sprach schmunzelnd weiter. „Aber von Musik alleine kann man ja nicht leben. Naja, die wenigsten zumindest.“ - „Och, es geht, ich kann mich damit schon über Wasser halten, bis ich was anderes machen möchte.“

Mel unterdrückte ein Kichern.

Was würdest du denn gerne machen?“ hakte Tobi nach. Paddy zuckte mit den Schultern. „Hab ich, ehrlich gesagt, noch gar nicht richtig drüber nachgedacht.“
Tobi gab sich zufrieden. „Und du bist schon ein bisschen länger mit Mel zusammen?“

Paddys Augen strahlten. „Ja!“  
Solange keiner wüsste, wer er war, könnte er das ja ruhig zugeben, zudem Mel es ihm ja offenbar auch schon gesagt hatte.  
„Und du? Gehst du noch zur Schule?“

Tobi schüttelte den Kopf. „Ne, ich bin gerade fertig geworden und fange in ein paar Monaten meinen Zivildienst an.“  
Mel hatte anfangs das Gespräch noch verfolgt, war dann aber dazu übergegangen, wieder mit den anderen zu meiern. Sie schnitt im Moment auch ganz gut ab, so dass sie sich noch recht wacker auf ihrem Stuhl hielt.  
Paddy und Tobi redeten noch weiter und verstanden sich recht gut.  
Daves Dachgeschosswohnung war verwinkelt und dunkel. Sie hatten eine kleine Lampe über dem Tisch an, der Rest des Raumes wurde von Kerzen erhellt.  
So dauerte es eine Weile, bis er das Schlagzeug auf dem kleinen Podest hinter den Schrägbalken entdeckte.  

Als er sich ein neues Bier aus der Küche holte, blieb er neugierig stehen. Dave, der ebenfalls gerade in der Küche gewesen war, gesellte sich dazu.  
„Spielt du?“ wollte Pad wissen. Dave wog den Kopf hin und her. „Ne, nicht wirklich. Ich wollte immer mal richtig anfangen. War durch Zufall an das Ding gekommen. Spielst du?“ - „Bisschen.“ antwortete Paddy. - „Ja los, mach mal!“ - „Okay, aber nur kurz, ist ja auch schon spät.“  
Er stellte sein Bier beiseite und setzte sich hinter die Drums.  
Nach den ersten Takten, waren natürlich alle Augen auf ihn gerichtet. Mel kam stolz rüber, setzte sich schweigend im Schneidersitz auf den Boden und hörte zu.  
„Hey, ich hab meine Gitarre mit.“ rief Tobi.  
Er hatte vor einem dreiviertel Jahr zu spielen angefangen und schleppte sie seitdem immer mit sich herum. Er packte sie aus und wollte mitspielen, was aber so gar nicht gelang.  
Sie einigten sich dann auf „Sweet Home Alabama“, wobei sie dann tatsächlich wenigstens ein paar Zeilen im Einklang schafften, bevor Tobi aus dem Rhythmus kam.  
Viele der Zuhörer begannen sofort mitzusingen, was Pad sich bewusst verkniff.  
Sie versuchten es noch ein paar Mal, während Pad sich zwischendurch immer wieder einen Schluck Bier genehmigen musste, um sich blöde Kommentare zu verkneifen.  
Eigentlich war er sehr geduldig, war sich aber nicht sicher, ob Tobis mangelndes Taktgefühl an dem erhöhten Alkoholpegel in dessen Blut lag.  
Irgendwann schien Tobi einen Knoten in den Fingern zu haben und Paddy verlor endgültig seine Geduld.  
„So, gib mir mal die Gitarre.“ lachte er und streckte Tobi die Hand entgegen.
Widerwillig rückte er diese heraus. „Hier. Gitarre spielst du auch?“ - „Joa, kleines Hobby.“ grinste der Kelly.  
Er spielte weiterhin „Sweet Home Albama“, aber diesmal konnten die Leute wirklich mitsingen, da er das Lied bis zum Ende durchhielt und dafür brausenden Applaus erntete.  
Er probierte ein wenig herum und fand eine neue Melodie. Bereits nach wenigen Akkorden, sangen die Partygäste lauthals „Zu spät“ von den Ärzten mit. Mel war eine von ihnen.  
Paddy beobachtete sie belustigt. Selbst besoffen war sie noch süß. Allerdings war sie inzwischen erschreckend blass.  
„Mel, ist alles okay bei dir?“  
Sie hatte das Singen mittlerweile wieder eingestellt und wirkte abwesend.  
Er hörte auf zu spielen, drückte Tobi seine Gitarre wieder in die Hand und setzte sich zu Mel auf den Boden. Besorgt legte er ihr die Hand auf den Rücken.  
Sie hatte eine Temperatur, die so gar nicht zu ihrer Hautfarbe passte. „Schatz, geht’s dir gut?“ Sie schüttelte kurz den Kopf und sprang auf. Er folgte ihr, während sie zum Klo rannte.  
Meiern war wirklich ein fieses Spiel, man merkte oft erst, dass man zu viel getrunken hat, wenn es längst zu spät ist.  
Sie hing über der Kloschüssel, während er ihr den Rücken streichelte.  
Eine halbe Stunde lang blockierten sie das Bad, bevor Mel sich fähig fühlte, sich zu bewegen ohne weiter spucken zu müssen.  
„Hey Dave, wir gehen mal. Hat mich gefreut. Vielen Dank für das Bier. Viel Spaß noch.“ verabschiedete er sich von Gastgeber, der hinter dem Schlagzeug saß und wahllos darauf trommelte. Er winkte nur kurz, als Paddy Mel unterhakte und die Wohnung verließ.  
Sie traten auf die Straße, wo noch ein paar andere von der Party standen.  
Mel tat die kühle Nachtluft zunächst gut und sie richtete sich ein wenig auf. Es schien wieder, etwas Leben in sie zu kommen.  
Als die Tür hinter ihnen zufiel, sahen sie einen Streifenwagen in die Straße einbiegen.  
Scheiße, schoss es Paddy durch den Kopf, ich wusste es war zu laut. Und Dave machte auch noch weiter. War doch irgendwie klar gewesen, dass sich die Nachbarn bei dem Lärmpegel beschweren würden.  
„Schatz, es ist Ärger im Anmarsch.“ flüsterte er zu Mel, während er sie weiterzog.
Das Polizeiauto kam rasch näher, bremste und die Türen öffneten sich.  
Die anderen, die neben der Straße standen, hatten den Wagen erst, kurz bevor er stand, bemerkt und sahen ziemlich besoffen auf die Polizisten.  
Paddy nahm Mel an die Hand und beschleunigte seine Schritte.
Er hörte rund zwei Hundert Meter hinter ihnen, wie einer der Beamten die Herumstehenden ansprachen, was denn für ein Lärm hier los wäre. Er wandte sich an einen jungen Mann, der eine Whiskyflasche in der Hand hielt. „Bist du überhaupt schon volljährig? Zeig mir mal deinen Ausweis!“
„Mel, renn!“ zischte Paddy sie an, während er sie an der Hand mit sich zog.  
Er hatte partout keine Lust von der Polizei bei Kathy abgeliefert zu werden! An die Schlagzeilen mal gar nicht zu denken.  
Mel realisierte trotz ihres Zustands den Ernst der Lage und wurde vom Adrenalin angetrieben.  
Sie wollte sich gar nicht das Gesicht ihrer Eltern ausmalen, wenn sie von den Uniformierten zu Hause abgeliefert werden würde. Noch dazu, wo sie offensichtlich mit ihrem Freund unterwegs war, zudem ihre Eltern doch inzwischen ein gutes Verhältnis aufgebaut hatten.  
Hand in Hand sprinteten sie los, rannten um ein paar Ecken, hetzten querfeldein durch die Schrebergärten und übersprangen ein paar kleine Zäune, bis Mel stolperte und auf allen vieren auf einem Rasen liegen blieb, bevor sie sich schnaufend auf den Rücken fallen ließ.  
Paddy hatte sie noch immer an der Hand gehabt und wurde somit ebenfalls zu Boden gerissen.  
Sie blieben auf der kühlen Erde liegen und schnappten nach Luft. Paddy legte den Finger an die Lippen. „Pssst.“  
Beide hielten kurz die Luft an.

Stille.  
Gott sei dank, es war ihnen offenbar keiner bis hierher gefolgt.  
Paddy bemühte sich, wieder zu Atem zu kommen, doch Mel drehte sich zurück auf den Bauch, stützte sich mit den Armen auf und musste sich erneut übergeben.  
Er stellte sich hin und hielt ihr die Haare aus dem Gesicht. „Och, Schatz. Du tust mir leid.“

Sie sah völlig fertig aus, als sie den Kopf hob, um ihn anzusehen.

Aber was musstest du auch so viel trinken?“ Er konnte sich seinen kleinen Vorwurf beim besten Willen nicht verkneifen.  
Sie kniete sich ein bisschen weiter weg hin und versuchte, ihren Körper wieder unter Kontrolle zu bringen. Gleichmäßig sog sie die klare Nachtluft ein und bemühte sich, die Übelkeit zu unterdrücken.
Paddy schaute sich um. „Hast du `ne Ahnung, wo wir sind?“  
Sie guckte sich die Gegend an. „Ne, keinen blassen Schimmer.“  
Dann stellte sie sich auf die wackeligen Beine und ließ den Blick schweifen. „Aber die Stadt ist im Verhältnis nicht allzu groß. Wir müssen nur immer Richtung Kirche.“ Sie schwankte und versuchte mit dem Finger in eine Richtung zu zeigen, was aber ziemlich undefiniert aussah. „Da, ich hab sie schon entdeckt.“
Paddy hakte sie wieder ein und sie stiefelten los Richtung Stadtzentrum.  
„Hilf mir! Trag mich!“ jammerte sie, während sie staksig einen Fuß vor den anderen setzte. - „Mel, ich würde ja, aber du solltest deinen Kreislauf in Schwung halten. Zudem befürchte ich, dass dir wieder schlecht wird, wenn du die Augen zumachst. Wenn du selber läufst, musst du sie offen halten.“ - „Du bist grausam! Kalt und herzlos!“ - „Ich weiß. Aber komm, es ist ja nicht mehr weit.“

Und tatsächlich hatten sie bald darauf Mels Haustür vor Augen.
Auf der Schwelle nahm er ihr den Schüssel ab und öffnete die Tür.  
„Schatz, einen Eimer. Bitte hol `nen Eimer! Da hinten irgendwo.“  
Sie setzte sich auf die Treppenstufen und stützte den Kopf in die Hände, während Paddy in die Richtung lief, in die sie gezeigt hatte, und mit einem Eimer zurückkehrte.  
Schließlich erbarmte er sich doch und trug sie wenigstens die Treppen hinauf. Wie erwartet wurde ihr noch einmal schlecht, so brachte er sie direkt ins Badezimmer. „Wie kannst du überhaupt noch was in deinem Magen haben?!“ - „Weiß nich...“ antwortete sie mit zitternder Stimme und zuckte schwach mit den Schultern.  
Er legte ihr einen kalten Waschlappen auf die Stirn und brachte sie ins Zimmer, als sie sich wieder gefangen hatte.  
Sie ließ sich auf die Matratze fallen und er half ihr beim Ausziehen. Er deckte sie zu und schob den Eimer direkt vor die Bettkante.  Dann legte er sich daneben und nahm sich die zweite Decke, die immer in ihrem Bett lag.  
„Gute Nacht, Schatz, erhol dich gut.“ - „Nacht.“ Es war kurz vor halb drei, als sie einschliefen.
 
„Hey! Wisst ihr eigentlich, wie spät es ist?“ rief Lena, als sie morgens ins Zimmer gerannt kam.  
„Ooh, Ma, schrei nicht so, ich bin doch schon wach!“ jammerte Mel, während sie sich die Decke bis zur Nase hochzog. - „Was ist denn mit dir los?“
Paddy sah streichelte Mel über den Arm und sah Lena an. „Mel ist krank.“

Lena lachte ein wenig grimmig. „Ja, krank. Das könnt ihr jemand anderem erzählen. Die Art von Krankheit kenne ich! Wisst ihr eigentlich, wie es hier nach Alkohol stinkt?!“ Sie ging durchs Zimmer und riss das Fenster auf.  
Ein weiteres leidendes „Ohhhh“ erfüllte den Raum. Diesmal kam es aber von beiden.  
„Ma, muss das sein?!“ - „Mel, du weißt, wer feiern kann, muss auch arbeiten können. Also raus aus dem Bett!“ - „Ey, mir geht’s echt dreckig!“ - „Vermutlich bist du auch selber Schuld daran. In einer halben Stunde musst du in der Schule sein, also beeil dich ein bisschen!“ Mit diesen Worten verschwand Lena wieder.  
„Ooo.“ ächzte Mel, als sie sich von einer Seite auf die andere Seite drehte. „So ein Scheiß! Ich trink nie wieder!“  
Paddy grinste. „Ich erinnere dich dran! Sag mal, was habt ihr da eigentlich in euch reingeschüttet?!“ - „Hm,“ stöhnte sie „Ich will gar nicht darüber nachdenken. Erst gab`s Bier und dann „Long Island Ice Tea“ oder so ähnlich. Ganz fieses Zeug!“  
Sie stutzte. „Wieso siehst du eigentlich so fit aus?“ - „Weil ich nur etwas mehr als zwei Bier hatte und somit lediglich ein bisschen wenig geschlafen habe.“ erklärte er amüsiert. - „Wie unfair! Oohhh...ich kann nicht aufstehen!“ - „Schatz, du musst. Heute gibt’s Zeugnisse.“ - „Was?! Nein, die hab ich ja ganz vergessen! Neee, ich will da nicht hin!“
Doch auch Paddy ließ sie trotz allen Mitleids nicht in Ruhe und scheuchte sie ins Badezimmer.  
Unten nahm sie sich zum Frühstück eine Aspirin und lief los zur Schule. Zur Sicherheit nahm sie sich noch eine mit, falls die Kopfschmerzen nicht nachlassen würden.  
Völlig verkatert traf sie vor der Schule auf Tina. „Was hast du denn gemacht??“ fragte sie Mel ohne Begrüßung. - „Frag nicht!“ Sie stolperte an ihr vorbei durch die Tür und ging abwesend zu ihrem Klassenzimmer.  
Tina sah ihr nach. Mel musste es offenbar echt schlecht gehen. Sie hatte ihr nicht einmal viel Glück für die Prüfung gewünscht.  
Tina musste in nicht mal einer Stunde los und starb innerlich vor Aufregung. Eine Schulstunde hatte sie noch zu überstehen, dann sollte es losgehen.  
Die Fahrschule war ganz in der Nähe der Schule, nur einmal über die Straße.  
Tina war schlecht, sie hatte bereits mehrfach das Gefühl gehabt, sich gleich übergeben zu müssen, konnte es zum Glück aber immer noch zurückhalten.  

Als sie sich auf den Weg machte, wartete Günther, der Fahrlehrer, schon neben dem Wagen und ermutigte sie. „Das schaffst du schon!“  
Dann stellte er ihr den Prüfer vor. „Das ist Herr Nickel, der wird dich prüfen.“  
Tina hätte beinahe laut gestöhnt. Von Freunden, die bereits die Prüfung hinter sich hatten, hatte sie gehört, dass Nickel bekannt dafür war, ein besonders harter Prüfer zu sein. Das konnte ja nur schief gehen. Eigentlich konnte sie nur hoffen, beim nächsten Versuch einen anderen Prüfer zu kriegen...  
Eine Stunde später stand sie wieder an der Schule und wartete darauf, dass Joey sie abholte. Diesmal kam er mit dem Auto, da es zu regnen begonnen hatte.  
Mit unglücklichem Gesicht stiefelte sie zur Beifahrerseite und stieg ein. Joey musterte sie und konnte nicht genau sagen, ob es der Regen war oder Tränen, die ihre Wangen überzogen. Er wagte gar nicht mehr zu fragen, wie es denn nun ausgegangen war.  
Da grinste sie plötzlich und meinte ganz lässig. „Steig mal aus, damit ich rüber rücken kann, ich fahr heute!“ - „Hey, herzlichen Glückwunsch meine Süße!!“ Joey war erleichtert und gab ihr einen Kuss. „Hast mich schön reingelegt. Wie war`s denn?“ - „Als ich den Prüfer gesehen hatte, dachte ich nur noch, das wird sowieso nix. Der hat nämlich einen besonders strengen Ruf. Aber komischerweise wurde ich dadurch ganz ruhig, weil ich mir sowieso keine Hoffnung mehr gemacht hab und dann klappte alles ganz wunderbar!“ - „Das freut mich wirklich sehr! Dann bist du ja nun auch endlich unabhängig!“  
Tina lächelte stolz.  
„So, und wohin fährst du mich an deinem ersten Tag?“ - „Ihr habt doch heute Abend das Konzert in Kiel. Lass uns doch vorher noch etwas dort bummeln.“

Joey war einverstanden.  
Da Tina den Lehrern von der Prüfung erzählt hatte, bekam sie ihr Zeugnis in der ersten Stunde und brauchte nicht mehr, zum Unterricht zu erscheinen.  
So holten Joey und sie ein paar Dinge aus dem Hotel und fuhren nach Kiel.  
Sie bummelten durch die Innenstadt und drehten noch eine Runde durch den Botanischen Garten.  
Schließlich bekamen sie Hunger und wollten zum Mexikaner.  
Mel hing derweil in der Schule wie ein Schluck Wasser in der Kurve. Normalerweise war sie immer aufgeregt, wenn es Zeugnisse gab. Besonders heute sollte angebracht sein, da sie sich wirklich bemüht hatte, damit es besser wurde als ihr letztes. Außerdem waren es nur wenige Stunden, bis endlich Ferien waren und dann könnte sie gaaanz viel Zeit mit ihrem Schatz verbringen.  
Aber irgendwie konnte sie gar keine der guten Gedanken an sich richtig heranlassen. So schlecht war es ihr schon lange nicht gegangen.  
Dann war endlich die vierte Stunde da und die Zeugnisse wurden verteilt. Mel steckte es kaum beachtet in die Tasche, verabschiedete sich von ihren Klassenkameraden und verließ die Klasse. Sie wollte einfach nur wieder ins Bett.  
Heute Abend war das Konzert, da musste sie doch wieder fit sein.  
Sie trat auf den Schulhof und der Regen fiel ihr ins Gesicht.
Hmpf, so ein Scheiß. Das Konzert am Abend war zwar in der Halle, aber sie hoffte trotzdem, dass es wieder trocken werden würde.  
Sie lief durch den Regen. Das Wasser kletterte langsam ihre Beine hoch und machte ihre Laune nicht besser.  
Sie nahm die übliche Abkürzung durch den Wald, stolperte fast und schimpfte laut vor sich hin.  
„Hey, was ist das denn für schlechte Laune?! War das Zeugnis so schlecht?“ ertönte eine Stimme vor ihr.  
Sie blickte auf und sah Paddy zwischen den Bäumen stehen. „He, was machst du denn hier?“ - „Na, das klingt ja richtig begeistert...!“ - „Sorry, aber der Tag hat ätzend angefangen, hoffe er wird noch besser.“ meckerte sie weiter.  
Nicht einmal das Gesicht ihres Freundes konnte sie gerade aufheitern. Sie war einfach nur genervt. Die Kopfschmerzen und die Übelkeit hatte sie zwar lange besiegt, aber die Müdigkeit wollte nicht weichen.  
„Ich glaub, wir sollten uns erst mal `ne Stunde auf´s Ohr hauen, was?“ lächelte er sie an.
Sie nickte und lief den Pfad neben ihm her.  
„Hat Tina eigentlich die Prüfung bestanden?“ wollte er neugierig wissen. - „Oh, nein!“ Erschrocken schlug Mel sich die Hand vor den Mund. - „Was? Hat sie nicht?“ - „Ich habe die Prüfung total vergessen! Kein Wunder, sie hat heute vor der Schule auf mich gewartet! Gibst du mir kurz dein Handy? Joeys Nummer ist sicher drin, oder?“  
Paddy schüttelte den Kopf über seine Freundin. „Du bist ja eine super Freundin. Vergisst ihre wichtigsten Termin! Na, da hast du ja, was gut zu machen.“ Er streckte ihr das Handy entgegen. „Selbstverständlich ist die Nummer drin.“
Sie wählte und wartete fast etwas nervös, dass jemand abnahm. Sie hatte ein richtig schlechtes Gewissen.  
„Hi Joey, kannst du mir Tina bitte geben?“ Er reichte das Telefon weiter. - „Ja?“ - „Hi Tina, hey tut mir voll leid! Ich bin heute richtig im Eimer! Ich steh voll neben mir. Vergib mir!“

Tina grinste auf der anderen Seite. „Na gut.“ - „Ja, nun erzähl schon! Wie ist es gelaufen? Hast du den Lappen?“ - „Jaaaaa!“ Auf beiden Seiten folgte ein aufgeregtes Mädchengequietsche und die Jungs fragten sich, ob ihre Handys dies überstehen würden.  
Tina erzählte noch einen Moment von ihrer Prüfung und dass sie gerade in Kiel unterwegs war, bevor sie sich bis zum Abend verabschiedeten.  
Sie war nach dem Gespräch nun wesentlich besser gelaunt. Mel gab Paddy sein Handy zurück und sah ihn stirnrunzelnd an. „Was machst du denn nun hier? Als du mich das letzte Mal von der Schule abgeholt hast, hattest du schlechte Nachrichten.“ Sie guckte ängstlich. „Und was kommt heute?“
Er lächelte beruhigend. „Nein, keine Bange, heute bin ich nur da, um dich abzuholen. Ist doch der letzte Schultag.“ Erleichtert lief sie mit ihm nach Hause.  
Dort legten sie sich auf´s Bett und schliefen schnell ein.  

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Kommentare: 6
  • #1

    nicky (Dienstag, 07 September 2010 19:42)

    ich find es witzig was für ne Ausreden die Figur Paddy hat um nicht entarnt zu werden! ^^

    oh hab ich jetzt kopfschmerzen so ein tag durchlesen ost nicht gut!aber ich bin doch so neugierig!

  • #2

    Bella (Samstag, 20 August 2011 14:47)

    Ein echt tolles, passendes Foto hast du für dieses Kapitel ausgesucht :-)

  • #3

    Yvi (Montag, 12 Dezember 2011 23:38)

    „Ja, ich steh auf Heavymetal...Headbanging und so, ne.“

    Kann ich mir richtig vorstellen, wie er es sagt - besonders mit diesem NE! :D

  • #4

    Katrinka (Donnerstag, 28 Februar 2013 10:48)

    Das Foto über dem Kapitel - *grins* wie passend.

    Wobei mir Paddy diesmal echt leid tat, ist bestimmt nicht toll, seiner Freundin beim Kotzen zu helfen....

  • #5

    Gabriel (Sonntag, 15 November 2015 19:13)

    Nicht zu viel trinnken dann passirt das auch nicht.
    Aber one trinken geht es auch nicht

  • #6

    Girlykueken (Sonntag, 17 Dezember 2017 18:57)

    Ich höre es richtig, dieses Paddy-typische " ne" ! Das hatte er früher ständig drauf�
    War das eine schöne Zeit, ich war auch eine der paar 1000 Mädels die damals verknallt waren! Er war aber auch ein süßer!
    Und was heißt hier "war", eigentlich ist er auch 2017 noch eine Sahneschnitte!
    Gut ein paar Fältchen ( Sonnenstrahlen um die Augen �) mehr und auch ein paar Haare weniger! Und die Kleidung hat von bunt zu gedeckt gewechselt! Aber das süße Lächeln und die schönen Augen sind geblieben!
    Ich muss zugeben, dass ich mich heute, circa 20 Jahre später wieder etwas in ihn verguckt habe, obwohl Michael Patrick ein komplett anderer Typus ist als Paddy! Vielleicht auch gerade deshalb!

    Du schreibst sooo schön, bin mehr als begeistert!